Stiftung Warentest: "Kein Verlass auf große Namen"

04.04.2002
Der Preisdruck bei Notebooks zwingt selbst so namhafte Hersteller wie Toshiba, in die Trickkiste von Aufsteiger Gericom mit den Desktop-CPUs zu greifen. Entsprechend schlecht wurden die Geräte mancher A-Brands von Stiftung Warentest bewertet. Für die Hotlines hagelte es jede Menge "Fünfer".

Selbst auf große Namen sei kein Verlass mehr, befindet die Stiftung Warentest. Nur sechs von 14 End-User-Notebooks zum Durchschnittspreis von 1.896 Euro erhielten die Note "Gut", alle anderen, darunter auch Toshiba- und Fujitsu-Siemens-Geräte, waren gerade noch "Befriedigend". Katastrophal hingegen das Ergebnis für die Hotlines in puncto Windows-XP-Support: Hier setzte es fast nur "Fünfer". Nach dem Motto "Unter den Blinden ist der Einäugige König" kamen nur Aldi/Medion, Toshiba und Vobis mit einem "Ausreichend" davon.

Toshiba-Supportchef Panagiotis Zimnas beruft sich zwar auf die in den Erhebungszeitraum fallenden Umstrukturierungsmaßnahmen der Kunden-Hotline, sieht in dem Ergebnis aber dennoch "Grund für weitere Verbesserungen". Für ihn stellt sich allerdings die Frage, ob man bei dieser hohen Durchfallquote überhaupt von einem erfolgreichen Test sprechen kann.

Mit dem "Satellite 1800-814" konnte sich Toshiba als Testsieger des Vorjahres nur im Mittelfeld positionieren. Denn trotz einer Taktrate von 1.100 Megahertz und 256 Megabyte Arbeitsspeicher rechnet das Toshiba-Notebook langsamer als das "Vaio PCG-GR214EP" von Sony, das nur halb so viel Speicher und 866 Megahertz mitbringt.

Auf den vorletzten Platz zurückgefallen ist der "Amilo M-6500" von Fujitsu Siemens. Der Grund: Um mit dem Senkrechtstarter Gericom preislich mithalten zu können, greifen auch die Großen immer mehr zur Trickkiste mit den Desktop-CPUs. "Der Travelmate a-550LV von Acer ist ja eigentlich auch kein richtiges Notebook", meint Robert Riebisch, "Mann für alles" bei dem Berliner Vertragshändler Bercom Computervertrieb GmbH. "Geräte mit einem Notebook-Prozessor sind nun mal teurer. Aber mittlerweile sind die Margen bei den Portables niedriger als bei Desktops."

Dass es auch anders geht, zeigt der Aldi-Partner Medion mit dem "MD9580-F". Zum Preis von zirka 1.530 Euro kann er sich in puncto Leistung, Bild, Vielseitigkeit und Verarbeitung durchaus sehen lassen und kam hinter Sony auf Platz fünf.

Im Rennen um die ersten Plätze in Sachen Notebook-Qualität siegte mit dem "Dell Inspirion 4100" zum Durchschnittspreis von 2.410 Euro schließlich das teuerste Gerät im Test. Hier überzeugten vor allem die Bildqualität, Handhabung und Ausstattung. Nur bei Multimedia und DVDs schnitt der "Presario 2700" von Compaq etwas besser ab. Apple konnte lediglich mit einer hohen Akku-Leistung auftrumpfen. Bemängelt wurden allerdings das kleine Display und das fehlende Diskettenlaufwerk. "Der Apfel ist angebissen" lautet das Urteil der Tester.

Den dritten Platz erhielt das "Omnibook XE3" von Hewlett-Packard. "Mit Recht", sagt Frank Roebers, Vorstandssprecher von PC-Spezialist. "Das Gerät von HP ist zurzeit unser Favorit."

"Wie Unterhaltung mit der Zimmerpflanze"

Was die Hotline angeht, findet Roebers die Ergebnisse von Stiftung Warentest überhaupt nicht überraschend. "Die Diagnose am Telefon ist richtig schwer. In der Regel hat die Hotline-Anfrage bei einem Hersteller denselben Mehrwert wie die Unterhaltung mit einer Zimmerpflanze", erklärt der Vorstandssprecher des Bielefelder Franchise-Unternehmens und fügt hinzu: "Wenn man unsere Techniker getestet hätte, wäre das Ergebnis auf jeden Fall besser ausgefallen. Der First-Level-Support der meisten Hersteller über eine zentrale Hot-line ist meist eine Zumutung." Die Ausrede einiger Anbieter, dass sie Windows XP erst seit kurzem im Programm hätten, lässt Roebers auch nicht gelten: "Das wäre ja wirklich ein Armutszeugnis, wenn das der Grund wäre."

"Die Hotline-Mitarbeiter der Notebook-Anbieter erzählen viel und wissen wenig", stellt Stiftung Warentest fest. Mehr als 70-mal haben verdeckte Tester die Drähte heiß laufen lassen und um Hilfe in Sachen Windows XP gebeten. Jede auch noch so unbefriedigende Antwort kostete im Schnitt 5,99 Euro, bei IPC Archtec sogar 16,75 Euro.

In Sachen Windows-XP-Support ist Acer neben IPC Archtec in dem Test mit am schlechtesten weggekommen. Acers Sales & Marketing Director Oliver Ahrens sieht im Support zwar durchaus "Verbesserungspotenziale" und gelobt auch eine intensivere Schulung der Hotline-Mitarbeiter, will die Ergebnisse der Warentester aber auch nicht kommentarlos hinnehmen: "Was die Geräte angeht, hat sich das Segment mit den Desktop-CPUs mittlerweile schon voll etabliert. Die von Gericom werden zu 85 Prozent so ausgeliefert. Es handelt sich dabei um ein sehr schnelllebiges Geschäft, in dem Preis und Leistung in einem vernünftigen Verhältnis bleiben müssen."

Unverständlich findet Ahrens, sich ausgerechnet den Windows-XP-Support herauszupicken und dann mit eiserner Faust auf die Hersteller einzuhauen. "Wenn das Szenario wirklich so wäre wie beschrieben, dann wäre das ein Skandal, der jeden Kunden vom Kauf eines Notebooks abhalten würde." Und er rechnet vor: "85 Prozent der Kunden kommen bei uns im Service-Level innerhalb von acht Sekunden durch. 82 Prozent der Hotline-Anfragen betreffen Bios, Treiber und Hardwarekonflikte, 18 Prozent beziehen sich auf Software, wovon XP nur einen Bruchteil ausmacht." Gerade mal zwölf Cent die Minute koste die technische Hotline von Acer.

"Unser Ziel ist es, mit der Hotline den Kunden zu helfen und keine zusätzliche Business Unit aufzubauen", erklärt Ahrens mit Blick auf einige Mitbewerber. "Dabei müssen wir aber den goldenen Mittelweg zwischen Kundenfreundlichkeit und tragbaren Ressourcen gehen." (kh)

www.warentest.de

Lesen Sie dazu auch den Kommentar auf Seite 8.

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