Taiwan und China: Zwei Todfeinde - aber nicht in Sachen IT

30.10.2003
Offiziell nach wie vor spinnefeind, geraten Taiwan und China seit Einleitung der Öffnungspolitik Ende der 80er Jahre immer mehr in gegenseitige Abhängigkeit. Galt Taiwan bis vor wenigen Jahren noch als nach den USA und Japan drittwichtigstes IT-Produktionsland der Welt, wurde die Insel mittlerweile von China überrundet. Nur: 64 Prozent der IT-Exporte Chinas stammen aus den Werken taiwanesischer Investoren, die nicht nur den Fleiß und die Genügsamkeit der Chinesen schätzen, sondern auch die Tatsache, dass sie als „Tongbao" (Landsleute) eine Sprache sprechen und auf eine gemeinsame Kultur zurückblicken. Über 70.000 taiwanesische Firmen haben in den letzten 15 Jahren weit über 100 Milliarden Dollar in China investiert, und täglich werden es mehr, was auf der Insel den Rückzug ganzer Industrien zur Folge hatte und erstmals das Schreckgespenst der Arbeitslosigkeit mitbrachte. Der Weg nach China ist irreversibel, denn die großen Auftragsgeber, allen voran HP, Dell und IBM, drängen der billigeren Arbeitskräfte darauf. Taiwans Staatspräsident Chen Shuibian von der seit März 2000 regierenden und Ende der 80er Jahre noch verbotenen Demokratischen Fortschrittspartei (DPP) hat keine andere Wahl als Restriktionen für Investitionen in China immer weiter zu lockern. Er versucht dem Trend der Abwanderung der eigenen Industrie aber durch Anreize für ausländische Investoren entgegenzusteuern. Die größten noch stehenden Hürden sind das Verbot direkter Luft-, Schifffahrts- und Postverbindungen. Die einzigen Direktverbindungen sind die zwischen Taiwan und Hongkong, erst 1997 von den Briten wieder unter chinesische Hoheit gestellt, ansonsten müssen Handel und Reisen offiziell über ausländische Umschlagplätze laufen. Mit Deutschland nie diplomatisch verbunden, fällt Taiwan trotz seiner Rolle als eines der wichtigsten Exportländer Asiens politisch immer mehr in Isolation. Nach dem Absprung Liberias vor wenigen Wochen wird die Inselrepublik nur noch von 26 Staaten anerkannt. Das war nicht immer so. Noch in den frühen 70er Jahren war Taiwan beziehungsweise die Republik China, wie der Inselstaat sich nennt, für viele Regierungen allen voran für Washington das einzig anerkannte China. Mit dem Tod von Song Meiling (Soong Mayling), der Witwe des 1975 verstorbenen Diktators Chiang Kai-shek, im Alter von 106 Jahren Ende letzter Woche in New York, hat Taiwan eine seiner wichtigsten Lobbyistinnen in den USA verloren, wo sie als couragierte Fürsprecherin Chinas bei den alliierten Verhandlungen noch Ende der 60er Jahre als eine der zehn wichtigsten Frauen des Jahrhunderts gefeiert wurde. Seit dem Tod ihres Mannes in den USA lebend und wegen ihrer antidemokratischen Haltung in Taiwan selbst wenig gelitten, galt sie rechten Kräften der 1911 bis 2000 mit kurzen Unterbrechungen herrschenden KMT (Kuomintang) als Garant, dass Washington die Insel gegen einen möglichen Angriff Chinas schützen werde, auch wenn die USA in Sachen Taiwan vor allem wirtschaftlich und militärstrategisch denken. Dennoch dürfte ihr Tod kurz vor den neuen Präsidentschaftswahlen im März 2004 der KMT auch Munition gegen die DPP geben. Denn die ist, was offiziell ein Kriegsgrund ist, heimlich für die Unabhängigkeit Taiwans. Nur: Das kommunistische China rasselt zwar immer wieder mit dem Säbel und droht mit einem Raketenangriff, wäre in wirtschaftlicher Hinsicht aber wenig gut beraten, das strikt antikommunistische Bollwerk Taiwan zu stürmen. Denn in der Symbiose Kommunismus hier und Kapitalismus dort, sind beide Seiten stark und fallen die Schranken der alten Feindschaft. Acer-Chef Wang drückt das so aus: „Früher hat die Kuomintang Anti-Kommunisten aus uns gemacht. Aber jetzt reisen fünf Millionen Taiwanesen im Jahr nach China und die feindliche Haltung ist weg." (kh)

Offiziell nach wie vor spinnefeind, geraten Taiwan und China seit Einleitung der Öffnungspolitik Ende der 80er Jahre immer mehr in gegenseitige Abhängigkeit. Galt Taiwan bis vor wenigen Jahren noch als nach den USA und Japan drittwichtigstes IT-Produktionsland der Welt, wurde die Insel mittlerweile von China überrundet. Nur: 64 Prozent der IT-Exporte Chinas stammen aus den Werken taiwanesischer Investoren, die nicht nur den Fleiß und die Genügsamkeit der Chinesen schätzen, sondern auch die Tatsache, dass sie als „Tongbao" (Landsleute) eine Sprache sprechen und auf eine gemeinsame Kultur zurückblicken. Über 70.000 taiwanesische Firmen haben in den letzten 15 Jahren weit über 100 Milliarden Dollar in China investiert, und täglich werden es mehr, was auf der Insel den Rückzug ganzer Industrien zur Folge hatte und erstmals das Schreckgespenst der Arbeitslosigkeit mitbrachte. Der Weg nach China ist irreversibel, denn die großen Auftragsgeber, allen voran HP, Dell und IBM, drängen der billigeren Arbeitskräfte darauf. Taiwans Staatspräsident Chen Shuibian von der seit März 2000 regierenden und Ende der 80er Jahre noch verbotenen Demokratischen Fortschrittspartei (DPP) hat keine andere Wahl als Restriktionen für Investitionen in China immer weiter zu lockern. Er versucht dem Trend der Abwanderung der eigenen Industrie aber durch Anreize für ausländische Investoren entgegenzusteuern. Die größten noch stehenden Hürden sind das Verbot direkter Luft-, Schifffahrts- und Postverbindungen. Die einzigen Direktverbindungen sind die zwischen Taiwan und Hongkong, erst 1997 von den Briten wieder unter chinesische Hoheit gestellt, ansonsten müssen Handel und Reisen offiziell über ausländische Umschlagplätze laufen. Mit Deutschland nie diplomatisch verbunden, fällt Taiwan trotz seiner Rolle als eines der wichtigsten Exportländer Asiens politisch immer mehr in Isolation. Nach dem Absprung Liberias vor wenigen Wochen wird die Inselrepublik nur noch von 26 Staaten anerkannt. Das war nicht immer so. Noch in den frühen 70er Jahren war Taiwan beziehungsweise die Republik China, wie der Inselstaat sich nennt, für viele Regierungen allen voran für Washington das einzig anerkannte China. Mit dem Tod von Song Meiling (Soong Mayling), der Witwe des 1975 verstorbenen Diktators Chiang Kai-shek, im Alter von 106 Jahren Ende letzter Woche in New York, hat Taiwan eine seiner wichtigsten Lobbyistinnen in den USA verloren, wo sie als couragierte Fürsprecherin Chinas bei den alliierten Verhandlungen noch Ende der 60er Jahre als eine der zehn wichtigsten Frauen des Jahrhunderts gefeiert wurde. Seit dem Tod ihres Mannes in den USA lebend und wegen ihrer antidemokratischen Haltung in Taiwan selbst wenig gelitten, galt sie rechten Kräften der 1911 bis 2000 mit kurzen Unterbrechungen herrschenden KMT (Kuomintang) als Garant, dass Washington die Insel gegen einen möglichen Angriff Chinas schützen werde, auch wenn die USA in Sachen Taiwan vor allem wirtschaftlich und militärstrategisch denken. Dennoch dürfte ihr Tod kurz vor den neuen Präsidentschaftswahlen im März 2004 der KMT auch Munition gegen die DPP geben. Denn die ist, was offiziell ein Kriegsgrund ist, heimlich für die Unabhängigkeit Taiwans. Nur: Das kommunistische China rasselt zwar immer wieder mit dem Säbel und droht mit einem Raketenangriff, wäre in wirtschaftlicher Hinsicht aber wenig gut beraten, das strikt antikommunistische Bollwerk Taiwan zu stürmen. Denn in der Symbiose Kommunismus hier und Kapitalismus dort, sind beide Seiten stark und fallen die Schranken der alten Feindschaft. Acer-Chef Wang drückt das so aus: „Früher hat die Kuomintang Anti-Kommunisten aus uns gemacht. Aber jetzt reisen fünf Millionen Taiwanesen im Jahr nach China und die feindliche Haltung ist weg." (kh)

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