Tally: Non-Impact-Ambitionen eines Nadler-Experten

28.05.1998

ELCHINGEN/MÜNCHEN: Große Pläne hat der deutsche Traditionshersteller Tally für die Zukunft: Mit dem Einstieg in den Non-Impact-Bereich will der Nadler-Experte künftig auf breiterer Basis agieren. Um sein Wachstum zu finanzieren, will das Unternehmen Anfang 1999 an die Börse gehen.Mannesmann hat uns in der Entwicklung von Non-Impact-Druckern gestoppt, aber jetzt dürfen wir dieses Engagement wieder voll aufleben lassen." Was Gebhard Morent, Geschäftsführer der Elchinger Tally GmbH, nach der Trennung von der Mannesmann AG vor zwei Jahren freudig kommentierte (siehe ComputerPartner 12/96, Seite 1), ist heute aktueller denn je.

Daß Trennungen tatsächlich gut tun können, zeigen die knapp 401 Millionen Mark Gesamtumsatz (98 Millionen Mark in Deutschland) im vergangenen Geschäftsjahr. Damit erzielte Tally eine Steigerung von 4,4 Prozent gegenüber 1996, dem Jahr des Eigentümerwechsels. Das Umsatzziel für 1998 ist ein Zuwachs von weiteren fünf Prozent.

Als einen Grund für den Aufwärtstrend sieht Wolfgang Wohner, Tallys Marketing-Manager und Nachfolger von Roland Schug, die erweiterte Produktpalette. "Dadurch können wir Handel und Markt nun praktisch als Komplettanbieter gegenübertreten." Mitverantwortlich für die positive Entwicklung des Geschäfts sei aber auch der Wechsel im Tally-Management. Zu den neuen Köpfen zählen Ex-Oki-Mann Norbert Biermann, jetzt General Manager Corporate Product Marketing bei Tally, sowie der ehemalige Siemens-Manager Alfred Zerhusen. Seit Anfang April ist der "alte Vertriebshase" General Manager und Director für den Vertrieb in Mittel- und Osteuropa.

Erweiterungen erfuhr das Tally-Sortiment vor allem in den Non-Impact-Segmenten - mit einer ganzen Reihe neuer Produkte strebt das Unternehmen den Einstieg in die Technologien dieser Bereiche an. Sowohl Tintenstrahler als auch Laserdrucker sollen also in Zukunft strategisch eine zunehmend größere Rolle spielen. Sein Engagement etwa in Sachen Tintenstrahler unterstreicht der Germane unter den Druckerherstellern mit der Entwicklung einer eigenen Tally-Print-Engine, deren Prototyp bereits auf der diesjährigen CeBIT zu sehen war. Schwerpunkt und Schlüsselgeschäft im Tally-Neuland Non-Impact-Geräte sind jedoch die Laserdrucker: Mit einer kompletten Seitendrucker-Palette kann Tally inzwischen aufwarten - von Low-end bis High-end. Umsatzziele oder Angaben zu angestrebten Stückzahlen will Wohner, der Anfang des Jahres von Sanyo zur Tally-Mannschaft überwechselte, jedoch noch nicht machen. "Unser erstes Ziel ist eine gefestigte Handelsstruktur in den Non-Impact-Segmenten. Erst wenn wir diese Handelsplattform geschaffen haben, und das wird bis Ende 1998 der Fall sein, können wir auch mit klaren Zahlen aufwarten."

Fachhandelskonzept soll neue Handelsplattform schaffen

Um im Non-Impact-Bereich eine entsprechende Handelsstruktur zu schaffen, muß Tally erst einmal für ausreichende Flächendeckung in Sachen Vertriebspartner sorgen. Das Interesse der Tally-Partner in spe wollen die Elchinger mit dem NIM1-Paket wecken: "NIM1" steht für "Non-Impact-Maßnahme", über die der Druckerproduzent kompetente Stützpunkt-Partner gewinnen will. "Neue Handelspartner können damit ohne Risiko in die Tally-Welt reinschnuppern", erklärt Wohner das Konzept, nach dem der Fachhändler 90 Tage lang die gesamte Laserpalette inklusive Verbrauchsmaterialien testen kann. Der Vertrieb der Non-Impact-Drucker wird über Distributoren abgewickelt.

Doch trotz der aktuellen Liebe zu den Tintenstrahlern und Laserdruckern - auf Kosten des Tally-Nadler-Engagements sollen die aktuellen Aktivitäten nicht gehen. "Der Hochleistungsnadler erlebt zur Zeit eine Renaissance", gerät Tally-Marketier Wohner fast ins Schwärmen. Der Grund: Bei Großbetrieben und Behörden steht das Kostenbewußtsein nach wie vor im Vordergrund. Durch das immer noch kostengünstige Drucken sowie Verbesserungen in Sachen Lärm und Auflösung sei der Nadler wieder salonfähig geworden, versichert Wohner.

Einen Marktanteil von weltweit 30 Prozent (1997) beansprucht die ehemalige Mannesmann-Tochter im Bereich High-end-Impact-Drucker für sich. Dieser setzt sich aus den Nadeldruckern und den Zeilendruckern zusammen. Bei den Nadlern kontrolliert Tally nach eigenen Angaben 33 Prozent, bei den Zeilendruckern 22 Prozent des deutschen Marktes. "Im US-Zeilendruckermarkt ist Tally aber deutlich stärker", weiß Wohner, läßt sich jedoch zu genaueren Angaben nicht hinreißen.

Im laufenden Geschäftsjahr will das Unternehmen die Impact-Aktivitäten auch in den sogenannten Emerging Markets - Asien, Osteuropa und Lateinamerika - ausbauen und insgesamt noch etwa fünf bis acht Prozentpunkte zulegen. "Diese wollen wir generieren, indem wir erstmalig in diesem Segment reinrassige Branchenlösungen anbieten, also komplette Anwendungsplattformen", legt der Tally-Marketier die Pläne des Unternehmens dar. Mit diesen Branchenkomplettlösungen will Tally - über den Fachhandel - direkt auf die einzelnen Branchen zugehen. Rund 350 Fachhandelspartner hat Tally momentan im High-end-Impact-Bereich - darunter etwa 30 bis 40 Regionslöwen oder VARs (Value Added Reseller). Laut Wohner handelt es sich dabei um Printer-Profis, die direkt von Tally beliefert werden.

Was für die meisten Druckerhersteller ein immer bedeutenderer Geschäftsbereich wird, war für den traditionellen Nadeldruckerhersteller bisher kein großes Thema: Das Zubehörgeschäft. Mit dem Einstieg in das Non-Impact-Geschäft allerdings hat sich auch Tally damit auseinandersetzen müssen. "Wir haben seit einem Jahr eine eigene Verkaufsabteilung, in der wir Verbrauchsmaterial anbieten, und zwar nicht nur ausschließlich unseres", erklärt Wohner.

Zieht Tally seine ehrgeizigen Pläne konsequent durch, muß einem um die Zukunft des Druckerherstellers nicht bange sein. Um aber auch finanziell auf sicheren Beinen zu stehen, will das Unternehmen zu Beginn nächsten Jahres an die Börse gehen. "Mit der zusätzlichen Kapitalausstattung wollen wir unser weiteres Wachstum, Investitionen in neue Technologien, Produkte und Märkte finanzieren", erläutert Tally-Geschäftsführer Morent die Beweggründe für "going public".

35 Millionen Mark hat das Unternehmen bereits im vergangenen Jahr beispielsweise in die Entwicklung und Forschung eigener Produkte gesteckt. In diesem Jahr soll noch einmal dieselbe Summe investiert werden. (taf)

Wolfgang Wohner, einer der "Neuen" im Tally-Team, ist Marketing Manager der Tally GmbH in Elchingen.

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