BÖBLINGEN: Ein Kunde betritt das Warenhaus für Büroartikel. Er strebt nicht etwa zu den neuesten Druckern, sondern steuert direkt die Zubehörabteilung an, und das, obwohl sie bei den meisten Händlern im Ausstellungsraum ein Schattendasein fristet. Fast ein Drittel der Kunden zieht es nach Untersuchungen des Markforschungsinstituts Research International direkt zu Tintenpatronen und Tonerkartuschen, Spezialpapier und Folien.Neunzig Prozent dieser Kunden kommen nicht nur, um sich umzuschauen, sondern kaufen auch direkt. Meist erstehen sie Zubehör vom Originalhersteller. Neun von zehn Besitzern eines Markendruckers bevorzugen das Zubehör des jeweiligen Herstellers und das mit gutem Grund. Nur deren Verbrauchsmaterial ist optimal auf die jeweiligen Geräte abgestimmt.
Die unscheinbaren Tintenpatronen vieler Drucker, die mit der thermischen Tintenstrahldrucktechnologie arbeiten, sind nicht nur einfach Vorratsbehälter. Auf diesen Tintenpatronen sitzt der Druckkopf mit mikroskopisch kleinen Düsen, Kanälen und den elektronischen Schaltungen, die die Tintentröpfchen genau auf dem Papier plazieren. Ein Heizelement erwärmt die Tinte mit einer Aufheizrate von 100 Millionen Grad in der Sekunde und kühlt sich ähnlich rasch wieder ab.
Original besser als jede Kopie
Diese starken Temperaturunterschiede belasten das Material extrem. Der Markenhersteller berücksichtigt dies bei der Konstruktion der Patronen und des Druckkopfs und stimmt die einzelnen Komponenten genau aufeinander ab. Um immer hohe Qualität gewährleisten zu können, gehen manche Hersteller sogar soweit, mit jedem Austausch der Patrone den Druckkopf ebenfalls zu erneuern. Dies erscheint zunächst, vor allem unter den Aspekten des Umweltschutzes, ein unnötig hoher Aufwand zu sein.
Mittlerweile haben Analysen allerdings gezeigt, daß so manches Refillprodukt pro ausgedruckter Seite nicht nur teurer ist als Originalpatronen. Letztlich verbrauchen diese Produkte sogar mehr Verpackung und Kunststoff, denn sie müssen viel häufiger ausgewechselt werden. Bei Refillprodukten werden die Druckköpfe gar nicht ausgetauscht. Für die dauerhafte Belastung sind sie nicht konstruiert, oft verstopfen die Düsen schon nach kurzer Zeit. Ähnliche Probleme treten bei Laserdruckern auf, wenn wiederaufbereitete Tonerkartuschen eingesetzt werden. Eine britische Lebensmittelkette mußte mehrere hundert Laserdrucker durch neue Geräte ersetzen, weil der Gebrauch von wiederaufbereiteten Tonerkartuschen die Drucker zu stark beschädigt hatte. Für den Fachhandel ist es wichtig, die Kunden beim Thema Zubehör intensiv zu beraten. Untersuchungen von Research International ergaben, daß die Kunden ihre Unzufriedenheit eher mit dem Händler als dem Produkt verbinden. Wenn sie mit ihren Tintenpatronen nicht zufrieden sind, würden 70 Prozent der Befragten den Händler wechseln, nur 30 Prozent die Marke.
Mittel zur Kundenbindung
Darüber hinaus gibt es noch weitere Gründe für den Fachhandel, sich intensiver mit dem Zubehör zu beschäftigen. Denn über den Verkauf von Verbrauchsmaterial hat ein Fachhändler die Möglichkeit, Kunden besonders eng an sich zu binden. Einen neuen Drucker, einen schnelleren Rechner oder einen Scanner leistet man sich nur selten. Egal wie gut Beratung oder Service waren, von einem solchen Einkauf zum nächsten ist die Erinnerung daran längst verblaßt.
Neben Disketten braucht jeder Anwender nur Tintenpatronen, Tonerkartuschen, spezielles Papier oder Folien in relativ kurzen Zeitabständen. Wenn ihm der Händler beim Verbrauchsmaterial ein breit gefächertes Sortiment und kompetente Beratung anbietet, wird er immer wieder in dieses Geschäft zurückkehren und sich dann auch dort beraten lassen, wenn der nächste Hardwarekauf ansteht.
Zubehör - Wachstumsmarkt der Zukunft
Für die Händler lohnt es sich, dem Zubehör zukünftig mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Denn dieser Markt wächst stetig weiter. Seit Jahren steigt die Zahl der installierten Personal Computer und damit auch die Anzahl der Drucker. Acht von zehn Computer-Erstkunden in Europa kaufen auch einen Laser- oder Tintenstrahldrucker. Nach Prognosen des Marktforschungsinstituts Infosource steigt die Zahl der installierten Laser-, Tintenstrahl- und Nadeldrucker bis 1998 weltweit auf 40,6 Millionen. Damit würde sich der Bestand gegenüber 1992 fast verdoppeln.
Mit dem Druckermarkt wächst auch der Markt für das Verbrauchsmaterial beständig weiter. Vor drei Jahren lag er in Europa bereits bei über einer Milliarde Dollar. Und ein Ende des Wachstums ist nicht in Sicht. Untersuchungen gehen davon aus, daß der Markt für Tintenpatronen, Papier und Folien bis 1998 bezogen auf die Zahlen von 1993 um über 100 Prozent wachsen könnte. Nicht nur die Anzahl der Anwender, auch ihre Professionalität nimmt immer weiter zu. Sie müssen sich auf die Qualität ihres Arbeitsmaterials verlassen können und werden sich entsprechend entscheiden - für Originalzubehör.
Der Autor Hans H. Schwarz ist Marketing Manager Zubehör bei der Hewlett-Packard GmbH in Böblingen.