VIA stolpert über eigenen Ehrgeiz

11.10.2001
Der aggressive Preiskrieg mit Intel bekommt VIA offenbar gar nicht gut. Hinzu kommt, dass sich etliche Motherboard-Hersteller wegen schwebender Gerichtsverfahren scheuen, unlizenzierte P4-Chip-sätze des taiwanischen Anbieters zu verbauen. Nun hagelt es schon die zweite Gewinnwarnung in Folge.

VIA Technologies, nach Intel zweitgrößter Chipsatzanbieter der Welt, hat Mitte vergangener Woche bekannt gegeben, dass der Vorsteuerertrag in diesem Jahr voraussichtlich um 38 Prozent oder um zirka 103,02 Millionen Euro niedriger ausfallen wird als die ursprünglich anvisierten 8,4 Milliarden Taiwan-Dollar (279,14 Millionen Euro). Als Grund für die Gewinnwarnung gab der fabriklose Hersteller die schwierige Weltwirtschaftslage und die Absatzschwäche im PC-Markt an.

Gary Tsai, Broker bei ING CHB Securities & Investment Trust Ltd., zufolge sind die Absatzprobleme von VIA aber noch auf etwas ganz anderes zurückzuführen. Intel hat dem taiwanischen Konkurrenten nämlich die Lizenzrechte für Pentium-4-Chipsets versagt und als dieser sich nicht daran hielt, in Deutschland, Hongkong, Großbritannien und in den USA Gerichtsverfahren angestrengt. "Solange die laufen, trauen sich viele Kunden nicht, VIA-Chipsets zu verbauen", meint Tsai. "Der Einschnitt ist tiefer als erwartet", sagt er und fügt hinzu: "Der PC-Markt ist grausam."

VIA ist Intel schon seit langem ein Dorn im Auge. Denn in weniger als drei Jahren konnte das taiwanische Unternehmen seinen Anteil an dem einst von Intel quasi ganz allein beherrschten drei Milliarden Dollar schweren Chipsatzmarkt auf 40 Prozent mehr als verdoppeln. Dabei ist VIAs steiler Aufstieg von Intel selbst verschuldet, da der amerikanische Chipriese in den letzten Jahren oft Lieferschwierigkeiten hatte und mit der Nachfrage nicht mehr mitkam.

Um noch mehr Marktanteile zu gewinnen, hat VIA im zweiten Quartal mit kräftigen Preisnachlässen geködert. Das Resultat war, dass der Nettoertrag um 41 Prozent niedriger ausfiel als im gleichen Zeitzaum des Vorjahres. Auch im September war das Ergebnis alles andere als zufrieden stellend. Der Umsatz lag mit 86,34 Millionen Euro um knapp 26,6 Prozent unter Vorjahresniveau. Für die ersten neun Monate weist VIA gegenüber dem Vorjahr immerhin noch ein Plus von 14,7 Prozent auf 87,23 Millionen Euro aus.

Die Anleger haben sich von dieser schön gefärbten Meldung aber nicht täuschen lassen. Die Quittung kam sofort. Denn gleich nach Bekanntwerden der Septemberzahlen fiel die VIA-Aktie um weitere 6,9 Prozent, womit das Papier innerhalb der letzten sechs Monate um 63 Prozent an Wert verloren hat. Ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen wurden auch die Aktien von anderen Halbleiter- und Speicherchipherstellern aus Taiwan, weshalb man dort in Börsenkreisen schon von einem Schneeballeffekt spricht. TSMC (Taiwan Semiconductor) verlor 2,9 Prozent, UMC (United Microelectronics) 6,8 Prozent, Winbond und Mosel Vitelic büßten jeweils 6,4 Prozent ein.

www.intel.com; www.tsmc.com

www.via.com.tw; www.umc.com.tw

www.winbond.com

www.mosel.com.tw

ComputerPartner-Meinung:

VIAs Leistung in allen Ehren - und doch zeigen die Ergebnisse der letzten Zeit, dass das aggressive Erkämpfen von Marktanteilen nicht alles ist. Sollte Intel den P4-Lizenzstreit gewinnen, aber wieder nicht in ausreichender Stückzahl liefern können, dann werden sich die taiwanischen Board-Hersteller wieder an VIA und dessen Prozessorsozius AMD halten.

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