Wer ernten will, muss säen

14.09.2000

Dem Fachkräftemangel in der IT-Branche hat Deutschland neuerdings einen Import von Computerexperten entgegenzusetzen. Diese Sofort-Maßnahme hilft natürlich in Einzelfällen, offene Stellen zu besetzen. Eine dauerhafte Lösung des Problems ist die Greencard aber nicht. Das weiß auch die Bundesregierung und hat deshalb schon vor drei Jahren die vier neuen IT-Lehrberufe ins Leben gerufen.

Auf die Ausbildung im eigenen Land zu setzen, ist der richtige Weg, die Schaffung der neuen IT-Berufe war jedoch nur der erste Schritt. Die eigentliche Schwierigkeit ist, genügend interessierte und auch qualifizierte Lehrlinge für die Ausbildung zu finden. Hier kamen beispielsweise Mädchen bislang kaum zum Zug. Sie sind mit einem Anteil von nur 14 Prozent in den neuen Berufen deutlich unterrepräsentiert. Was die Voraussetzungen der Azubis (auch der männlichen) betrifft, sind vor allem die Schulen gefragt: Die Arbeit mit dem PC darf nicht der Freizeit einiger weniger Computer-Freaks und der Gymnasialen Oberstufe vorbehalten sein, sondern muss in größerem Umfang als bisher zum Gegenstand im Unterricht aller Schularten, Klassenstufen und Fächer werden. Möglichkeiten gibt es da genug. Offensichtlich besteht in diesem Punkt Nachholbedarf, denn Schulen mit Internet-Anschluss und Lehrer mit EDV-Weiterbildung sind immer noch nicht die Regel.

Letztendlich haben es aber die Unternehmen selbst in der Hand, ob die neuen Berufe zur Lösung des IT-Personalproblems beitragen. Denn: Wer ernten will, muss auch säen, und wer Computerexperten einstellen und von ihrer Arbeitskraft profitieren will, muss sie zuvor ausbilden. Die Bereitschaft hierzu ist bei zahlreichen Firmen bereits vorhanden. Zu viele flüchten sich aber noch in Ausreden und stellen aus den verschiedensten Gründen keine Lehrlinge ein - sei es aus Zeitmangel oder weil es ihnen an Erfahrung fehlt. Solche Unternehmen als Ausbildungsbetriebe zu gewinnen - beispielsweise in Form von Verbünden mit anderen Firmen -, ist ein weiterer wichtiger Schritt.

Dass bei den neuen Berufen nicht vom ersten Ausbildungsdurchgang an alles reibungslos läuft, ist normal. Aber Kinderkrankheiten kann man behandeln: Zu ungenaue Lehrpläne lassen sich konkretisieren, Prüfungen modifizieren, und für die fehlenden Berufsschullehrer können zunächst einmal Fachkräfte aus der Wirtschaft einspringen.

Natürlich gibt es da noch viel zu tun. Aber die Richtung stimmt.

Kerstin Juchem

kjuchem@computerpartner.de

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