Wer haftet bei unregelmässifkeiten?

09.09.1999

MÜNCHEN: Das Tagesgeschäft lief gut - doch bei Feierabend stellt sich heraus: In der Kasse fehlt ein größerer Betrag. Rechtsanwalt Reinhard Hahn vom Juristischen Literatur-Pressedienst führt aus, wer haftbar gemacht werden kann.Beim allabendlichen Kassensturz häufig das gleiche Problem: Ein Kassenfehlbestand. Mal größer, mal kleiner, und so fallen auch die Diskussionen zwischen Kassierer und Chef aus. Mit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 17.09.1998 (Az.: 8 AZR 175/97) wurde die Haftung für den Kassenfehlbestand, man spricht hier von Mankohaftung, neu geordnet.

Als Manko bezeichnet man im Arbeitsrecht den Schaden des Arbeitgebers, der sich ergibt, wenn der dem Arbeitnehmer anvertraute Waren- oder Kassenbestand eine Fehlmenge beziehungsweise einen Fehlbetrag aufweist. Demgemäß ist das Manko die Differenz zwischen Soll- und Ist-Bestand.

Unproblematisch sind die Fälle, in denen klar ist, daß das Manko aufgetreten ist, weil der Arbeitnehmer seine arbeitsvertraglichen Pflichten vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat. Hier haftet dann der Arbeitnehmer grundsätzlich unbeschränkt, es sei denn, es liegt bei grob fahrlässigem Handeln ein Mißverhältnis zwischen Einkommen und Haftungsrisiko vor. Handelt der Arbeitnehmer mit mittlerer Fahrlässigkeit, ist der Schaden zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände zu verteilen, während bei nur leichter Fahrlässigkeit eine Haftung des Arbeitnehmers überhaupt nicht in Frage kommt.

Weiter stellt das Bundesarbeitsgericht bei der Inanspruchnahme des Arbeitnehmers darauf ab, ob der Arbeitnehmer wirtschaftlich selbständig agieren muß (beispielsweise als Verkaufsfahrer) und ob er alleinigen Zugang zur Kasse hat. Hat der Arbeitnehmer nicht die völlige alleinige Zugriffsmöglichkeit auf die Kasse oder den verwalteten Bestand, oder kommen andere Ursachen in Betracht, die zu dem Manko geführt haben, kann nicht ohne weiteres auf eine Pflichtverletzung des Arbeitnehmers geschlossen werden. Hier hat der Arbeitgeber eine Pflichtverletzung des Arbeitnehmers darzulegen und zu beweisen, daß der Arbeitnehmer schuldhaft gehandelt hat. Diesen Beweis zu führen ist in der Regel schwierig. Das Risiko des Kassendefizits wird daher meistens der Arbeitgeber zu tragen haben.

Um dieses Risiko des Fehlbestandes zu vermeiden, werden häufig Mankoabreden im Arbeitsvertrag vereinbart, wonach der Arbeitnehmer das Mankodefizit alleine zu tragen hat. Derartige vertragliche Vereinbarungen sind wegen Verstoßes gegen zwingendes Arbeitnehmerschutzrecht unwirksam. Dies jedenfalls dann, wenn auch noch andere Arbeitnehmer Zugriff auf dieselben Sachen haben. Gültig ist eine arbeitsvertraglich vereinbarte Mankoabrede, die verschuldensunabhängig zur Haftung des Arbeitnehmers führt, nur dann, wenn es sich um übliche kleinere Fehlbeträge handelt. Hierzu zählen insbesondere bei der Kassiererin Kassenfehlbestände, die auf ein Verzählen oder Vertippen zurückzuführen sind.

Es handelt sich hierbei also um Vorgänge, die im einzelnen nicht mehr aufklärbar sind und beim Kassieren quasi dazugehören, weil sie aufgrund der menschlichen Unzulänglichkeiten einfach nicht völlig auszuschließen sind. Eine Haftung des Arbeitnehmers ist in solchen Fällen angemessen, wenn er als Ausgleich neben dem Arbeitslohn ein sogenanntes Mankogeld erhält. Meist orientiert sich dieses vom Arbeitgeber gezahlte Mankogeld am Steuerfreibetrag und liegt bei monatlich 30 Mark. Liegt der Fehlbetrag aber weitaus höher, weil zum Beispiel Trickbetrüger die Kassiererin abgelenkt und hereingelegt haben, haftet sie für diesen vorsätzlich herbeigeführten Betrugsschaden nicht, jedenfalls nicht in voller Höhe (Arbeitsgericht Nürnberg, Az.: 15 Ca 10637/96). Abhängig ist dies davon, welche Sorgfaltsanforderungen sie verletzt hat und wie hoch ihr eigenes Verschulden im konkreten Fall einzuschätzen ist.

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