Juristische Erläuterung

Werbung mit Auslaufmodellen



Jens Ferner ist Rechtsanwalt in Alsdorf. www.ferner.eu
Die Frage, ob bei einer Ware auf die Eigenschaft als Auslaufmodell hingewiesen werden muss, kann nicht generell beantwortet werden. Es kommt nämlich auf die Warengruppe an.

Zunächst eine Begriffsklärung: Ein Auslaufmodell ist ein Gerät, das vom Hersteller nicht mehr produziert und nicht mehr im Sortiment geführt oder von ihm selbst als Auslaufmodell bezeichnet wird. So stellte es der Bundesgerichtshofs (I ZR 63/96) fest. Das OLG Düsseldorf (I-20 U 171/02) hat diese Definition noch um den Faktor erweitert, dass ein Modell beim Hersteller selbst nicht mehr geordert werden kann.

"Bei uns gibt es Auslaufmodelle um 30 Prozent günstiger!" Wenn es üblich ist, dass bei einer bestimmten Ware darauf hingewiesen wird, dass es sich um ein überholtes Modell handelt und hat sich das Publikum an den Hinweis gewöhnt, darf dieser Hinweis nicht unterbleiben.
"Bei uns gibt es Auslaufmodelle um 30 Prozent günstiger!" Wenn es üblich ist, dass bei einer bestimmten Ware darauf hingewiesen wird, dass es sich um ein überholtes Modell handelt und hat sich das Publikum an den Hinweis gewöhnt, darf dieser Hinweis nicht unterbleiben.
Foto: Dan Race - Fotolia.com

Rechtsprechung des BGH

Der BGH hat mit seinem Urteil aus dem Jahr 1999 entschieden, dass eine irreführende Werbung vorliegt, wenn

  1. ein Kaufmann verschweigt, dass es sich bei der angebotenen Ware um ein Auslaufmodell handelt und

  2. der Verkehr einen entsprechenden Hinweis erwartet (BGH GRUR 1999, 757).

Im Einzelnen führte der BGH hierzu Folgendes aus:
"Das Verschweigen einer Tatsache – wie derjenigen, dass es sich um ein Auslaufmodell handele – kann nur dann als eine irreführende Angabe i. S. von § 3 UWG angesehen werden, wenn den Werbenden eine Aufklärungspflicht trifft. Eine solche Pflicht besteht im Wettbewerb nicht schlechthin. Denn der Verkehr erwartet nicht ohne weiteres die Offenlegung aller – auch der weniger vorteilhaften – Eigenschaften einer Ware oder Leistung.
Die Pflicht zur Aufklärung besteht jedoch in den Fällen, in denen das Publikum bei Unterbleiben des Hinweises in einem wesentlichen Punkt, der den Kaufentschluss zu beeinflussen geeignet ist, getäuscht würde. Dabei deutet es im Allgemeinen auf eine entsprechende Verkehrserwartung hin, wenn derartige Hinweise auf eine bestimmte negative Eigenschaft im Wettbewerb üblich sind.
Allerdings müssen auch die Interessen des Werbenden beachtet werden: Seine wettbewerbsrechtliche Aufklärungspflicht bezieht sich nicht auf jede Einzelheit der geschäftlichen Verhältnisse. Vielmehr besteht aus dem Gesichtspunkt des § 3 UWG eine Verpflichtung, negative Eigenschaften des eigenen Angebots in der Werbung offenzulegen, nur insoweit, als dies zum Schutz des Verbrauchers auch unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Werbenden unerlässlich ist."

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Maßgeblich ist nach der Rechtsprechung des BGH also allein die Verkehrserwartung. Entspricht es danach der Üblichkeit, dass bei einer bestimmten Ware darauf hingewiesen wird, dass es sich um ein überholtes Modell handelt und hat sich das Publikum an den Hinweis gewöhnt, so wird es beim Unterbleiben dieses Hinweises irregeführt. Darüber hinaus kann übrigens auch die Preisgestaltung einen Hinweis auf die Verkehrserwartung geben: Gibt der Handel Auslaufmodelle etwa deutlich günstiger ab als Modelle aus der laufenden Produktion, wird der Verkehr in aller Regel einen entsprechenden Hinweis erwarten (BGH GRUR 1982, 374, 375).

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