Zeige mir Deine Sekretärin und ich sage Dir, wer Du bist.

30.05.1997
MÜNCHEN: Die richtige Auswahl der richtigen Mitarbeiter ist schon schwer genug. Besonders problematisch sind jedoch Entscheidungen bei Kräften, die unmittelbar, direkt und nicht selten in nahezu persönlicher Beziehung mit ihrem Chef zusammenarbeiten werden. Insbesondere die Entscheidung für die neue Sekretärin stellt hierbei einen extrem sensiblen Fall dar, den es mit großer Sorgfalt und Kenntnis zu gestalten gilt. Die folgende Typologie soll hierfür Praxishilfe und guten Rat geben. Eine Satire von Stefan Rohr *)Jeder träumt von ihr, fast alle sind noch auf der Suche und nur einigen wenigen Auserwählten ist das Glück beschert, ein nahezu vollkommenes Exemplar dieser Spezies sein "Eigen" nennen zu können. Die Rede ist von der Sekretärin, der perfekten Sekretärin. Die, die ihrem Chef alle Wünsche von den Lippen liest, die ungefragt in jedem Moment die richtige Arbeitsvorlage liefert, die stets mit-, voraus-, weiter- und für einen denkt, stets anmutig lächelnd, die wohlgefällig für das Auge, gleichfalls dezent und neutral wirkt, die sich souverän als Schutzschild für alles Unerwünschte und Unangenehme des Tages opfert, die keine Arbeitszeitbeschränkungen kennt, als erste im Büro ist, duftenden Kaffee und frische Croissants am Morgen serviert, rechtzeitig den Chef an die Geburtstage von Frau und Kinder erinnert, selbständig an seinem Hochzeitstag Blumen an die liebe Gattin schickt, die bei Terminverschiebungen und Vergeßlichkeiten ihres Herrn lügt, ohne rot zu werden, selbst über kein Privatleben verfügt, ständig ansprechbar ist, sich aufopfert, Flecken aus Manschetten entfernt, im Notfall die ersehnten Aspirin-Brausetabletten hervorzaubert und manchmal noch die Krawatte richtet. Wenn dieses Wunderwerk an Loyalität, Geschicklichkeit, Charme und Leistungsbereitschaft dann auch noch unentgeltlich arbeitet, dann ist sie wirklich das Ideal aller Chefs.

MÜNCHEN: Die richtige Auswahl der richtigen Mitarbeiter ist schon schwer genug. Besonders problematisch sind jedoch Entscheidungen bei Kräften, die unmittelbar, direkt und nicht selten in nahezu persönlicher Beziehung mit ihrem Chef zusammenarbeiten werden. Insbesondere die Entscheidung für die neue Sekretärin stellt hierbei einen extrem sensiblen Fall dar, den es mit großer Sorgfalt und Kenntnis zu gestalten gilt. Die folgende Typologie soll hierfür Praxishilfe und guten Rat geben. Eine Satire von Stefan Rohr *)Jeder träumt von ihr, fast alle sind noch auf der Suche und nur einigen wenigen Auserwählten ist das Glück beschert, ein nahezu vollkommenes Exemplar dieser Spezies sein "Eigen" nennen zu können. Die Rede ist von der Sekretärin, der perfekten Sekretärin. Die, die ihrem Chef alle Wünsche von den Lippen liest, die ungefragt in jedem Moment die richtige Arbeitsvorlage liefert, die stets mit-, voraus-, weiter- und für einen denkt, stets anmutig lächelnd, die wohlgefällig für das Auge, gleichfalls dezent und neutral wirkt, die sich souverän als Schutzschild für alles Unerwünschte und Unangenehme des Tages opfert, die keine Arbeitszeitbeschränkungen kennt, als erste im Büro ist, duftenden Kaffee und frische Croissants am Morgen serviert, rechtzeitig den Chef an die Geburtstage von Frau und Kinder erinnert, selbständig an seinem Hochzeitstag Blumen an die liebe Gattin schickt, die bei Terminverschiebungen und Vergeßlichkeiten ihres Herrn lügt, ohne rot zu werden, selbst über kein Privatleben verfügt, ständig ansprechbar ist, sich aufopfert, Flecken aus Manschetten entfernt, im Notfall die ersehnten Aspirin-Brausetabletten hervorzaubert und manchmal noch die Krawatte richtet. Wenn dieses Wunderwerk an Loyalität, Geschicklichkeit, Charme und Leistungsbereitschaft dann auch noch unentgeltlich arbeitet, dann ist sie wirklich das Ideal aller Chefs.

Nun, Sie werden schon selbst darauf gekommen sein; es gibt sie natürlich nicht. Es kann sie auch gar nicht geben, weil die bezeichneten Tugenden und Eigenschaften auf einen Schlag zusammen allenfalls - und dann auch ausschließlich - bei den eigenen Ehefrauen zusammentreffen. Und diese dürfen - auch das wissen Sie - prinzipiell nicht mit den Sekretärinnen verwechselt werden.

Aber es gibt Annäherungen an dieses Ideal. Diese bestehen darin, daß jeder Chef-Typ auch seine Sekrtetärin-Gattung suchen und dabei sehr glücklich mit ihr werden kann. Widmen wir uns also der Realität. Stellen wir uns den Erkenntnissen des Büro- und Vorzimmeralltages und versuchen einmal herauszufinden, welcher Typus Sekretärin zu welchem Typus Chef am besten paßt und beantworten die Frage, warum Topf und Deckel denn so gut kombinieren.

A) Das "Klassik-Modell"...

Beginnen wir mit dem "Klassik-Modell" aller Sekretärinnen. Sie ist reif. Reif an Jahren und Erfahrung. Sie lebt selbst in geordneten Familienverhältnissen, mit Kindern, einem beamteten Mann, einem Rauhhaardackel und einem Reihenhaus am Stadtrand. Sie kleidet sich dezent, stets mit dem Hang zur Farblosigkeit, verabscheut Make-up ebenso wie unordentliche Schreibtische und bezeichnet bewußt anderen gegenüber ihren Chef mit seinem hierarchischen Titel. Ihre Aufgabe besteht in erster Linie darin, absolut fehlerfreie Arbeit abzuliefern, sorgsam die Termine zu verwalten, mit feiner Handschrift die Rücken der Aktenordner zu beschriften, um somit eine Atmosphäre in ihrem Reich zu schaffen, in der von allen freiwillig der gebührende Abstand eingenommen wird, die den Chef sprechen wollen und in dessen Hoheitsgebiet eintreten.

Sie bewegt sich meist lautlos und zurückhaltend, ohne jedoch dabei ihre uneingeschränkte Allgegenwärtigkeit aufzugeben. Ihr Kaffee ist schonend und säurearm und wird stets mit einem Vollkornkeks gereicht, der nicht selten aus dem eigenen Backofen stammt. Sie und der Chef sind ein funktionierendes Team, das auf Akzeptanz und guter Arbeit basiert. Persönliche Gespräche beschränken sich auf Grußformeln und höfliche Nachfragen nach dem vergangenen Wochenende. In Zeiten der emotionalen Hochstimmung werden gegebenenfalls auch schon einmal private Akzente gesetzt und so zum Beispiel die schulischen Leistungen der Kinder oder die Mauser des Wellensittichs in die Konversation einbezogen.

...und ihr Chef

Ihr Chef muß ein ruhiger, sachlicher Typ sein. Hektik darf von ihm keinesfalls ausgehen, und seine Umgangsformen haben sich stets an den Richtlinien der Benimm-Lektüren zu orientieren. Je konservativer er ist, desto besser ist das Verständnis zwischen beiden. Launen sind nicht gestattet, weder besonders gute, noch besonders schlechte. Und wenn es denn doch einmal zu einer kritischen Gefühlseskalation kommt, dann muß er es verkraften können, daß sie sich auch einmal zwei, drei Tage besonders zurückhaltend zeigt und ihn damit bestraft, daß sie seinen Kaffee einfach ohne Kekse serviert.

Die "Edel-Sekretärin"...

Die "Edel-Sekretärin" dagegen ist ein völlig anderer Typus. Ihr ist zum Beispiel das Wort "Sekretärin" aufs Tiefste verhaßt. Sie selbst empfindet sich als "Vorzimmerdame" und möchte auch so angesprochen werden. Ihr Selbstwertempfinden wächst mit der hierarchischen Stellung ihres Chefs und so wünscht sie es ihm auch, möglichst bald wenigstens der Vorstandsvorsitzende zu sein. Über sie erhält er die nötige Bedeutung. Sie ist sein wichtigstes Insignium für Erfolg und Chef-Status. Sie hat früh gelernt, niedere Arbeiten zu delegieren und Weisungen ausschließlich von "ihrem" Chef anzunehmen. Ihre erstrangige Aufgabe ist es somit auch, seine Stellung im Unternehmen zu repräsentieren.

Sie kleidet sich deshalb durchgehend so, als müsse sie am Nachmittag zu einem Tee bei Bürgermeisters. Lackschuhe (ohne Absatz, jedoch mit Schnalle), Faltenrock und Perlenkette, mal ein farbenfrohes Satin-Tuch und MCM-Handtasche dienen hierzu als standesgemäßes Äußeres. Dezenter Nagellack und das obligatorische, aber unbedingt wuchtige Schmuck-Utensil deuten auf sozialen Wohlstand durch ihre eigene Stellung und durch ihren Ehemann, der meist Mediziner oder Jurist, in Grenzfällen auch mal Steuerberater ist. Termine für ihren Chef sind mit ihr grundsätzlich nur mit äußerster Schwierigkeit herbeizuführen, da sie es aus dem seelischen Selbstwertempfinden herausbrächte, wenn ihr Chef nicht ein besonders wichtiger Manager wäre. Und wichtige Manager haben nie Zeit. Das gehört sich so. Fremde Anrufer werden barsch abgeblockt: "Kennt Herr Direktor Meier Sie denn überhaupt ...?" Vertrautere Störer werden ähnlich abserviert: "Der Herr Direktor hat Sitzung mit Müller-P. Sie werden verstehen, da kann ich Sie nicht reinstellen."

...und ihr Chef

Ihr Chef hat mit ihr eine Doppelbelastung zu tragen. Nicht nur, daß seine eigene Ehefrau seine steile Karriere fordert, zudem auch noch seine Vorzimmerdame. Er ist verdammt dazu, beide an seinem Aufstieg teilhaben zu lassen. Und im Gegensatz zu der Ehefrau war sie schon bei ihm, als er noch Abteilungsleiter ohne eigenen Parkplatz war. Sie war es, die als erste von seiner Beförderung zum Prokuristen erfuhr und sie war es, die auch dafür sorgte, daß er sofort seinen standesgemäßen Ledersessel mit Armstützen erhielt. So war es klar, daß er sie auf seinem Weg von der dritten Etage bis in die Vorstandsebene im obersten Geschoß mitzunehmen hatte.

Das Verhältnis zwischen ihr und ihm ist besonders gut, wenn er durch seine Stellung viel unterwegs ist. Dann kann sie sein Territorium adäquat verteidigen. Sie ist der Fels in der Brandung, sein Garant für Ordnung und Transparenz. Er hat sich auf sie zu verlassen und fährt gut dabei. Nur einen Fehler darf er nicht machen: sich in ihre Personalauswahlpolitik einzumischen. Sie sucht die Damen für das nachgeordnete Sekretariat aus, in keinem Falle er. Und sie wird schon dafür sorgen, daß ausschließlich die Qualifikation der Damen dabei bewertet wird. Das versteht sich doch von selbst!

C) Der "mütterliche Typ"...

Der "mütterliche Typ" hingegen verhält sich extrem gegensätzlich. Nahe dem wohlverdienten Ruhestand und meist mit rundlicher Fülle, ist diese Gattung der Sekretärinnen für ihren Chef die alles verzeihende, besorgte und rührselige gute Fee. Sie sucht sich bewußt die jungen Chefs aus. Die, die unrasiert, manchmal verkatert, jedoch stets von lieblichen Anruferinnen verfolgt werden. Ihre Chefs haben noch am Anfang ihrer Karriere zu stehen und werden von ihrer mütterlichen Hand sorgsam und liebevoll Schritt für Schritt ins (böse) Leben begleitet. Oft kochen sie für ihn daheim vor und bringen am nächsten Tag die hausgemachte Kartoffelsuppe mit. Der Jung muß doch was auf die Rippen bekommen! Sie schälen Äpfel und legen heimlich Traubenzucker auf seinen Schreibtisch.

Kalendersprüche, ausgeschnittene Artikel aus der Tageszeitung oder dem Krankenkassen-Magazin werden ebenso mit der Tagespost vorgelegt, wie die mit persönlichen Kommentaren geschmückten Nachrichtenzettel. "Direktor Müller hat angerufen. Termin morgen, 10 Uhr - Ziehen Sie bloß nicht die neue rote Krawatte an, Sie wissen - der Direktor ist kürzlich bei ROT über die Ampel gefahren und hat nun keinen Führerschein mehr. Er könnte das vielleicht als Anspielung verstehen."

Was manchmal an den Bereich der Penetranz grenzt, ist allerdings in bestimmten Situationen Gold wert. Hat der Bub Schnupfen, so verwöhnt sie ihn mit Kamillentee und warmer Milch mit Honig. In ihrer Handtasche hat sie für derlei Fälle auch stets ein wenig Klosterfrau Melissengeist oder Franzbranntwein. Wenn er morgens kommt, lächelt sie wissend und verschmitzt. Ihr Liebling hat gestern von einem romantischen Abendessen gesprochen. Geht ihr Augenstern zur Sitzung, so wird er gewissenhaft mit einer Kleiderbürste gesäubert, schließlich soll niemand ihm nachsagen, daß er ein Lotterleben führt.

Sie kennt seine wirklichen Talente, sie weiß genau, daß aus ihm noch einmal was richtig Großes wird. Sie verzeiht ihm seine jugendliche Unbeschwertheit und seine manchmal doch ein wenig verantwortungslose Ungenauigkeit. Deshalb nimmt sie ihm ja auch fast alles ab. Er soll sich nicht mit Kleinigkeiten abgeben müssen. Der Bub muß sich voll auf seine Karriere konzentrieren.

...und ihr Chef

Ihr Chef - wie gesagt, sehr jung - muß zudem sehr ledig, sehr geduldig und möglichst als Heimkind aufgewachsen sein. Auch eine ausgedehnte Schludrigkeit sollte er aufweisen, da sonst ihr Drang zum Auf- und Hinterherräumen nicht richtig entfaltet werden kann. Und Charme muß er haben, dabei bartlos und ein wenig schlaksig sein. Das weicht stets die Herzen solcher Fürsorgerinnen auf und sichert vitales Engagement bei der Erweiterung der kargen Eigenverpflegung durch Vitamine, Spurenelemente und deftige Hausmannskost. Wenn er es dann auch noch schafft, ihr zum Muttertag einen Blumenstrauß mitzubringen, hat er in ihr eine Freundin fürs Leben, die ihn verteidigen und schützen wird, wie eine Löwin ihre Jungen. Das jedenfalls bis zu dem Tag, an dem er ihr seinen Hochzeitstermin mitteilt.

D) Der "Vorzimmer-Vamp"...

Um einen recht bekannten Typus wollen wir uns auch an dieser Stelle nicht herumdrücken: den "Vorzimmer-Vamp". Er oder doch lieber sie ist fachlich meist am unteren Rand der Berufsbefähigung angesiedelt, verfügt über ein ausgeprägtes Kurzzeitgedächtnis und muß deshalb auch überdurchschnittlich häufig und wiederkehrend selbst einfache Bürotätigkeiten erklärt bekommen. Ihre Fehlerquote ist bombastisch und ihre Schreibtischschublade prall gefüllt mit Nagellack, Schminkspiegel, einem reichhaltigen Sortiment an Lippenstiften, Enthaarungscremes und falschen Wimpern. Den PC auf ihrem Schreibtisch kennt sie ausschließlich über den Hotline-Service und selbst der Bildschirmschoner stellt für sie eine mentale Hemmschwelle in der Auseinandersetzung mit der Bürotechnik dar.

Dennoch erfüllt sie ungemein nützliche Zwecke. Die männlichen Kunden telefonieren mit ihr besonders gern, und so mancher Kunde drängt auf einen möglichst kurzfristigen persönlichen Besuchstermin. Die Hauspost wird vom Boten mindestens zweimal täglich gebracht, und jedes Diktat wird zu einem Ausflug in die Karibik oder zu einem Live-Mitschnitt aus der Beauty-Serie "Bay-Watch". Sie ist eben eine Augenweide und steht dazu. Sie zeigt gern, was sie hat, denn es ist alles echt. Die Natur hat es, jedenfalls in gewissen Bereichen, gut mit ihr gemeint, was die ausgelassenen Gaben in den anderen Sektoren verzeihen läßt. Ihr Sportssinn beschränkt sich auf den Besuch von Fitness-Studios und der dortigen Sonnenbank mit Turbo-Gesichtsbräuner. Sie bevorzugt farbenfrohe, enge und figurbetonte Kleidung. Ein Fußkettchen ziert ihre linke Fessel und ein Tatoo (meist ein Herz oder ein Schmetterling) schaut keck unter dem Spaghetti-Träger ihres Sommerkleidchens hervor.

Ihre Haare trägt sie offen und bei jedem kleinsten Sonnenschein öffnet sie Fenster und Knöpfe. Da sie ihre betörenden Parfüme nie selbst bezahlt, kann sie reichlich darin schwelgen. Ihre Verpflegung setzt sich aus Joghurt, Müsli und Kaugummi zusammen. Als Getränk bevorzugt sie Cola-Light (nicht nur wegen der Kalorien, vor allem, weil ihr die Werbung so gut gefällt). Sie ruft in jedem ihrer häufig wechselnden Chefs spontane und ungekannte Ritterlichkeit hervor. Man ist galant und stets bemüht, zum Beispiel den heruntergefallenen Radiergummi vor ihr aufzuheben und scheut nicht einmal die Mühe, hierfür sogar ein stückweit unter ihren Schreibtisch krabbeln zu müssen. Man ist ja Kavalier. Und sie ist die Inkarnation des Feindbildes jeder Chefgattin, Buchhalterin und Kassiererin, worüber sie sich auch völlig bewußt ist. Sie hat eigentlich alles, was man sich bei einer perfekten Sekretärin wünscht. Nur eben reden darf sie nicht und mit der Arbeit - das kriegen wir irgendwann schon noch hin.

...und ihr Chef

Ihr Chef darf keinesfalls unverheiratet sein. Er sollte auch möglichst alt, ein wenig dicklich, unsportlich und unattraktiv sein. Seine Konzentrationsfähigkeit muß unantastbar, sein Seh- und Tastvermögen möglichst unterentwickelt sein. Ansprüche an ein funktionierendes Sekretariat darf er keine stellen und Überstunden sollte er grundsätzlich allein machen. Er sollte ausschließlich Kaltgetränke bevorzugen, keinesfalls auf einem guten Kaffee bestehen, da die technischen Anforderungen im Umgang mit der komplizierten Technik eines Kaffeeautomaten (inklusive das Abzählen von Löffeln pro Tasse) gewisse Probleme nach sich ziehen kann.

Tipp-Ex sollte er generell von der Beschaffungsliste streichen, da sonst die Gefahr besteht, daß sie damit auf ihren Bildschirm verbessert. Schwierige Arbeiten, wie zum Beispiel das Abschreiben eines per Diktaphone diktierten Briefes, sollte er fremdvergeben und darüber hinaus das meiste selbst machen können. Somit sind diese Beziehungen nicht von langanhaltender Natur. Schon nach einer kurzen Zeit streben die meisten ihrer Chefs den Wechsel zu einem anderen Typus an. Ihr allerdings ist das egal. Hauptsache ist, daß auch der nächste Chef wieder so zufrieden mit ihr ist, wie es der letzte war. Und das war bislang schließlich immer der Fall - steht jedenfalls in ihren Zeugnissen.

E) Der "Normal-Typ"...

Nach all den Ausflügen in die Typenvielfalt der Sekretärinnen-Fauna soll eine nicht vergessen werden. Eine Abart, die so gar nicht in die vorangegangenen Beschreibungen paßt und doch so vieles von ihnen aufweist. Es ist die Rede von dem "Normal-Typ". Sie zeichnet sich durch fachlichen Eignung, freundliches Wesen, Zielstrebigkeit und Hilfsbereitschaft aus, hat Launen und Macken, sieht mal gut und mal weniger gut aus, betrachtet ihren Beruf als Idealbild, ist verheiratet oder ledig, kocht mal guten und mal schlechteren Kaffee, hat alles im Griff und fällt bei niemandem besonders nachhaltig auf.

Sie ist eben da, macht ihre Arbeit und hilft dann, wenn es Not tut. Ihr ist der familiäre, seelische, moralische oder karrieremäßige Aggregatzustand ihres Chefs grundsätzlich egal, da sie keinerlei Hintergedanken hieran knüpft. Sie versteht sich neutral und somit gut mit den Ehefrauen der Chefs, kennt keine Konkurrenzgedanken und mischt sich nicht in Dinge, die sie nicht angehen. Sie verursacht bei ihrem Chef weder Frühlingsgefühle noch väterliche Anmutungen. Sie stellt ihre Arbeitskraft dem Unternehmen und ihrem Chef so zur Verfügung, daß sich ihr Gehalt bezahlt macht. Sie ist flink, bemüht und stets zur Abstimmung bereit. Jeder Handgriff sitzt, und sitzt er mal nicht ganz, dann bedeutet das auch nicht gleich den Weltuntergang. Man kann ja schließlich noch lernen.

...und ihr Chef

Ihr Chef hat kein spezifisches Charakterbild. Er ist eben einfach Chef und erwartet ein funktionierendes Sekretariat. Punkt unten rechts.

*) Stefan Rohr ist geschäftsführender Gesellschafter der r&p management consulting Hamburg/Düsseldorf/ Frankfurt

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