Zu Weihnachten Handys mit MS-Betriebssystem

12.09.2002
Beim Marktführer Nokia stehen alle Zeichen auf Multimedia. Gerade eben haben die Finnen die neueste Softwareplattform für das Handy-Betriebssystem Symbian vorgestellt. Doch jetzt bekommt Nokia ernst zu nehmende Konkurrenz. Microsoft will in den Handymarkt einsteigen.

Softwaregigant Microsoft hat Handys mit einem Microsoft-Betriebssystem angekündigt. Die Geräte sollen bereits für dieses Weihnachtsgeschäft in den Läden sein. Dies berichtet das "Handelsblatt" unter Berufung auf Mike Wehrs, Chef des Mobilfunkbereichs von Microsoft. Nicht klar ist bislang, welche Endgeräte das MS-Betriebssystem "Smartphone" tragen werden. Im Gespräch sind "Exoten" wie die Geräte des taiwanischen Herstellers HTC. Auch das bereits angekündigte "Z100" von Sendo wird immer wieder als möglicher Kandidat für Microsofts Handypläne erwähnt, wenngleich dieses Gerät eigentlich mit einer Amiga-Plattform ausgestattet sein soll. Welche Geräte auch immer für Smartphone ausgewählt werden, die Prozedur muss schnell gehen. Denn will Microsoft tatsächlich zum Weihnachtsgeschäft in Europa präsent sein, dann müssen Produktion und Vermarktung in den nächsten Wochen starten.

Mit der Ankündigung, Handys mit einem eigenen Betriebssystem auf den Markt zu bringen, schießt Microsoft vor allem gegen Handy-Boliden wie Nokia. Nahe liegend, dass deren Endgeräte erst einmal nicht zur Verfügung stehen, denn Nokia beispielsweise setzt auf das Betriebssystem Symbian. Dieses basiert auf den Standards eines Konsortiums, in dem neben Nokia unter anderem Sony Ericsson, Motorola, Siemens, Sun, Psion oder Matsushita mitarbeiten.

Erst vorige Woche hat Nokia eine neue Softwareplattform, die "Series-60", vorgestellt. Sie ist für die Anwendung mit Symbian optimiert und wurde speziell für Smartphones konzipiert. Multimedia Messaging, Surfen im Internet oder das Herunterladen von Inhalten soll damit für Handynutzer alltäglich werden. Das erste Endgerät dazu hat Nokia auch gleich vorgestellt. Das Triband-Handy 3650 verfügt über einen internen, erweiterbaren Anwendungsspeicher von 4 MB. Ein XHTML-Browser ermöglicht den Zugang zum Internet, und für die Multimedia-Jobs ist neben einer eingebauten Digicam ein Real-One-Player zuständig. Der Preis wird bei rund 350 Euro liegen. Das Nokia 3650 soll allerdings erst im ersten Quartal 2003 auf den Markt kommen - also nicht mehr zum Weihnachtsgeschäft. Im vierten Quartal soll das Einsteiger-Modell 3510i auf den Markt kommen. Dieses basiert aber noch nicht auf der neuen Softwareplattform. Das Dualband-Telefon ist mit GPRS, WAP 1.2.2 und großem Farbdisplay ausgestattet und soll etwa 300 Euro ohne Vertrag kosten.

Nokia könnte in Bedrängnis kommen

Bislang waren die Handy-Betriebssysteme ein wenig beachteter Bereich. Die Standards des Symbian-Konsortiums galten als allgemein gültig. Mit der Ankündigung seines Betriebssystems "MS Smartphone" bläst Microsoft zum Angriff auf einen für das Gates-Unternehmen relativ neuen Markt. Die Microsoft-Handys soll es zunächst nur in Europa geben, später auch in Amerika und in Japan. Vorrangiges Ziel für Microsoft muss es sein, einen der Marktführer unter den Handyherstellern zu überzeugen, "MS Smartphone" zu verwenden. Sollte dies gelingen, könnte das für Nokia gefährlich werden, auch wenn die Finnen im Moment mehr als 30 Prozent am weltweiten Handymarkt innehaben.

Man erinnere sich an die Browser-Schlacht vor einigen Jahren, aus der die Redmonder eindeutig als Sieger hervorgegangen sind. Der einstige Marktführer Netscape ist heute am Markt quasi nicht mehr präsent. Zudem hat das Microsoft-Betriebssystem laut Experten durchaus seine Vorteile - vor allem für Business-Kunden. Ein Großteil der PCBetriebssysteme ist unter dem Label von Microsoft installiert. Handys, PDAs und PC wachsen immer mehr zusammen. Es liegt nahe, dass sich Geschäftskunden für "MS Smartphone" entscheiden. Dies hätte, laut Microsoft-Manager Wehr, Vorteile für fast alle Geschäftsbereiche des Konzerns.

www.nokia.de

www.microsoft.de

ComputerPartner-Meinung:

Nokia sollte die Gefahr nicht unterschätzen. Microsoft hat bewiesen, dass Marktführer nicht davor gefeit sind einzubrechen, sobald sie der Gates-Konzern im Visier hat. Allerdings scheinen sich die Redmonder ein wenig hastig auf den Handymarkt zu stürzen. Eine solche Aktion innerhalb von wenigen Wochen aus dem Boden zu stampfen ist gewagt. Aber Microsoft hat ja bereits verkündet, für diesen neuen Markt einen langen Atem mitzubringen. (gn)

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