Allied Telesis

ATI kehrt zu Enterprise und Channel zurück

07.02.2008



Drei Fragen an Takayoshi Oshima

Am Rande der europäischen Pressekonferenz in Portugal sprach ChannelPartner mit Takayoshi Oshima, Gründer und Eigner von Allied Telesis.

? Muss man das europäische NSP-Geschäft als Fehlschlag bezeichnen?
Takayoshi Oshima: Wir haben uns zweifellos zu sehr auf dieses Geschäft festgelegt und dabei nicht beachtet, dass NSP-Projekte viel länger dauern und mehr Ressourcen binden, als wir uns das vorgestellt haben.

? Heißt das, Sie ändern durch die Refokussierung auf das Enterprise-Geschäft Ihre TK-Strategie?

Oshima: Nein, aber wir haben das bisherige schnelle Vorpreschen gestoppt. Wir müssen lernen, uns in diesem Segment an unseren Entwicklungsmöglichkeiten zu orientieren. Wenn zum Beispiel ein Service Provider von uns in einem Projekt ständige Softwareänderungen verlangt, müssen wir dem nachkommen. Aber wir können nicht zu viele derartige Projekte gleichzeitig realisieren. Wir müssen in diesem Geschäft geduldig sein und kleinere Schritte machen.

?ATI hat, im Gegensatz zu den vorigen Jahren, kein Wort zu WLANs, WiMax und weiteren Funknetztechnologien verloren. Warum?

Oshima: Wir beschäftigen allein 40 Ingenieure und Entwickler zu Funknetzen. Aber unsere Geschäftserfahrung zeigt: Zuerst kommt das Kabel, dann erst das Netz. Wir sind eine klassische Ethernet-Company, seit 20 Jahren, und bleiben dabei. Wir müssen auch hier lernen, unsere Möglichkeiten mit den Anforderungen der Kunden in Gleichklang zu bringen. Wirklich voll ausgebaute Funknetze mit allen Services werden wir in vielleicht fünf Jahren erleben.



Kommentar des Redakteurs:
Allied Telesis: der Aufprall auf der Wirklichkeit.

Als Netzwerker Allied Telesis (ATI) vor mehr als zwei Jahren erklärte, er werde sein traditionelles Netzkomponentengeschäft künftig stiefmütterlich behandeln, dagegen sein neues Geschäft mit NSPs (Netzwerk-Service-Provider) so stark wie möglich forcieren, wunderte sich so mancher Beobachter des Geschehens. Das Geschäft mit NSPs, erkennbar an dem Namen "Triple play"- Video, Sprache und Daten über eine IP-Verbindung -, machte damals erste Gehversuche, und wer diesen beiwohnte, kam um die Annahme nicht umhin, es werde noch viel Wasser flussabwärts fließen, bis die Gehversuche gelingen.
Doch ATIs neues Management wollte davon wenig wissen. Beflügelt von einigen japanischen Projekten glaubte es, sich sehr früh als Triple-Play-Anbieter in Szene setzen zu können. Man wollte an diese Geschäfte glauben - entsprechend verpasste sich ATI einen neuen Look und eine NSP-lastige Organisation.
Derweil sich die Beobachter fragten, welche Berater ATI zu so einer waghalsigen, kaum marktkonformen Strategie geraten haben mochten, sorgte das Unternehmen mit Triple-play-Jubelmeldungen für eine günstige Stimmung.
Zwar widerlegten die Umsatzzahlen die Stimmung, und das traditionelle Netzwerkkomponentengeschäft verlor deutlich an Wachstum. Doch ATI machte von seinem Recht auf Triple-play-Selbstdarstellung Gebrauch. Erst als die Zahlen unübersehbar schlecht waren, zog das Unternehmen die Notbremse. Und kehrt jetzt fast reumütig zum angestammten Geschäft zurück.
Was ATI von seinem Ausflug gelernt hat, ist Folgendes: Man kann den Markt nicht lehren, wohin er gehen soll. Nur indem man mit ihm geht, kann man neue Möglichkeiten auftun. Das ist alles.

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