Der Nachfolger für die Floppy heißt "Superdisk": Neue Namen - altes Konzept

02.06.1998

MÜNCHEN: Weniger einseitig als bisher soll sich künftig der Kampf um Marktanteile im Segment der Floppy-Nachfolgeprodukte gestalten. Das haben die Mitglieder der "Superdisk"-Allianz unter der Führung von Imation verkündet. Ob die altbekannten Argumente ausreichen werden, um an der Dominanz von Marktführer Iomega zu rütteln, bleibt allerdings abzuwarten.Nach fast zweijähriger Verzögerung, hauptsächlich bedingt durch interne Querelen um Lizenz- und Vertriebsrechte, soll die LS-120 unter dem neuen Namen "Superdisk" jetzt durchstarten. Die in Form eines Gemeinschaftsprojektes von Imation, Compaq, Matsushita Kotobuki Electronics (MKE) und O.R. Technology (neuer Firmenname Nexus) entwickelte 120-Megabyte-Floppy tritt dabei gegen das in der Zwischenzeit von Iomega im Markt plazierte ZIP-Laufwerk an. "Wir sind Iomega dankbar. Sie haben den Markt geöffnet, und davon werden wir profitieren", verkündete Paul Koglin, Marketing Manager der Imation Europe, großspurig. Trotz mehr als acht Millionen verkaufter Iomega-Zip-Laufwerke zweifelt Imation nach den Worten von Unternehmenssprecher Christian Zins daran, daß Standards nur durch Masse gesetzt würden. Statt eine hohe Marktdurchdringung durch pures Volumen in Form einer Single-Source-Lösung zu erreichen, setzte die Superdisk-Allianz auf ein Multiple-Source-Angebot und die Kooperation mit Hardware- und System-OEMs.

OEMs üben sich in Zurückhaltung

Um sich als neuer Industriestandard durchzusetzen, muß der Nachfolger der 1,44-Megabyte-Disketten-Technologie abwärtskompatibel und überall dort verfügbar sein, wo Disketten im Einsatz sind - in PCs, in Notebooks und auf Servern", faßt Koglin die Zutaten für sein Erfolgsrezept zusammen. Die dafür notwendige Infrastruktur zu schaffen, erfordert nach seinen Worten eine Vielzahl von Aktivitäten. Eine Schlüsselrolle spielt dabei die Kooperation mit OEMs. Weitere zuverlässige Partner für die Produktion von Laufwerken und Medien zu finden, zähle ebenso dazu wie die Unterstützung von Mainboard- und BIOS-Herstellern. Last, but not least geht es darum, Desktop- und Notebook-Hersteller zu finden, die bereit sind, die Superdisk standardmäßig als Ersatz des traditionellen 1,44-Megabyte-Floppy-Laufwerks in ihre Produkte zu integrieren.

Gerade letztere Notwendigkeit erweist sich bisher als Bremsklotz. Zwar liest sich die von der Superdisk-Allianz veröffentlichte Liste der Kooperationspartner wie das "who is who" der weltweit führenden Rechnerproduzenten, allerdings geht deren Unterstützung, wie die Realität zeigt, in den seltensten Fällen über unverbindliche Absichtserklärungen hinaus. Obwohl seit Mitte diesen Jahres führende BIOS-Hersteller wie AMI, Award und Phönix die Superdisk unterstützen, gibt es zwei Hauptgründe für die bis dato bestehende Zurückhaltung im OEM-Bereich. Da ist zum einen die Preisdifferenz zwischen Standard-Floppy-Laufwerk und Superdisk-Laufwerk. Seitens der Marketiers als Floppy-Nachfolger propagiert, liegt immer noch der Kostenfaktor fünf zwischen beiden Produkten. Für den Endkunden schlägt diese Tatsache mit Zusatzkosten von zirka 200 Mark zu Buche. Symptomatisch dazu die Aussage von Frank Hagen, Vertriebsmanager beim Retailer Vobis in Würselen. Er begründet die Entscheidung seines Unternehmens, Superdisk-Laufwerke im stückzahlträchtigen Low-end-Markt nur optional anzubieten damit, daß ein Aufpreis von 200 Mark in diesem Segment aufgrund der bestehenden Marktsituation aktuell nicht durchsetzbar sei. Das Ergebnis ist, daß interessierte Kunden in vielen Fällen nur die mit gut 300 Mark deutlich teurere, externe Parallelport-Lösung in den Kaufhäusern vorfinden werden. Bestehende Vorteile der Superdisk gegenüber der Iomega-Lösung gehen damit verloren. Hinzu kommt ein zweiter Grund, der das derzeit gebremste Engagement vieler Rechnerhersteller erklärt. Ihre Entscheidung zwischen dem "logischen Standard" Superdisk und dem "De-facto-Standard" Iomega Zip-Drive steht noch aus. Sie überlassen das Votum dem Anwender und fahren bis dahin offensichtlich zweigleisig.

PC-Hersteller geben keine Linie vor

D eutlich wird diese Philosophie der offenen Türen beispielsweise bei Siemens-Nixdorf und NEC/Packard Bell. Während die SNI Desktop PC Division heftig mit den Anbietern der Superdisk flirtet, ist die Entscheidung der SNI Notebook Division, wie Verantwortliche Anfang Oktober offiziell verkündeten, zugunsten des neuen Iomega-Slim-line-Zip-Drives gefallen. Die gleiche Situation, allerdings mit umgekehrten Vorzeichen, herrscht bei NEC. Während in den USA neue Multimedia-Desktop-Modelle seit etwa sechs Monaten mit Zip-Laufwerken ausgeliefert werden, verkündete die NEC Computer Systems Division, zuständig für Versa Notebooks und PowerMate-Rechner, Ende November ihre Entscheidung zugunsten der Superdisk.

Superdisk soll leistungsfähiger werden

Unbeeindruckt von derartigen Widrigkeiten forciert Matsushita Kotobuki Electronics als derzeit führender Hersteller von Superdisk- Laufwerken seine Entwicklungsaktivitäten. Neben dem Standardmodell, das seit Juni verkauft wird und einer ab Ende Januar verfügbaren Slim-line-Version sieht der Produktplan bereits für das laufende Jahr eine High Speed Superdisk mit zweifacher Geschwindigkeit und für 1999 die Einführung eines High Capacity Modells mit einer auf 240 MB verdoppelten Kapazität vor. Basierend auf einer konsequenten Produktentwicklung erwartet Jürgen Graf, Vertriebsbeauftragter der MKE-Tochter Panasonic, daß der Anteil der Floppy-Produkte mit mehr als 100 MB Kapazität stückzahlmäßig bereits 1999 knapp ein Viertel des gesamten Floppy-Marktes ausmacht.

Nicht zuletzt aufgrund der fehlenden Entschlußkraft im OEM-Bereich wird ein großer Teil dieses Potentials auf das Nachrüstgeschäft mit externen Parallelport- und PCMCIA-Lösungen entfallen. Grund genug für profilierte Anbieter innerhalb dieses Marktsegmentes wie Freecom oder Multiport, ihr Angebotsspektrum externer CD-ROM-Produkte auf externe Superdisk-Lösungen auszudehnen. Ob diese Unternehmen sich allerdings im Retail- und Fachhandelskanal künftig gegenüber Iomega behaupten können, bleibt zweifelhaft. Während Iomega mit großem Marketingaufwand Kundennachfrage generiert, scheint der Superdisk-Allianz hier, wie selbst von einigen ihrer Mitglieder hinter vorgehaltener Hand bestätigt wird, ein klares und schlüssiges Marketingkonzept zu fehlen.

Initiative ist gefragt

Die Zeit arbeitet gegen die Superdisk. Zum einen baut Iomega seine Marktanteile kontinuierlich aus, zum anderen verliert eines der Hauptargumente für die Superdisk, nämlich die Kompatibilität zum bestehenden 1,44-Megabyte-Floppy-Standard, kontinuierlich an Bedeutung. Gerade im Bereich der Softwaredistribution wird die Floppy in steigendem Maße von der CD-ROM abgelöst. Will sich die Superdisk nicht unversehens in der Reihe jener Produkte wiederfinden, die trotz guter Idee an einer falschen Vermarktungsstrategie gescheitert sind, scheinen neue, aktive und vor allem (preis-) aggressive Vermarktungskonzepte unerläßlich.(sd)

Paul Koglin, Marketing Manager Data Storage bei Imation, warnt vor technologischen Sackgassen. "Jeder Anwender muß wissen, in welche Abhängigkeit er sich bei Single-Source-Technologien mit nur einem Monopol-Anbieter begibt."

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