Dewald in Bedrängnis: Interner Druck auf neuen Chef wächst

01.02.2001
Bei Sage KHK geht es wieder mal rund: Insider ließen durchsickern, die Retail-Abteilung sei lahmgelegt, weil alle Kollegen gekündigt hätten. "Nonsens", sagt die Firmenleitung. Man habe lediglich "umstrukturiert".

Mit vielen guten Vorsätzen hat Peter Dewald im Sommer 2000 das Zepter bei Sage KHK ergriffen: Als neuer Geschäftsführer werde er eine Revision der IT-Infrastruktur durchführen, das untere Marktsegment verstärkt über den Retail-Kanal bedienen, versprach er. Der Bereich sei in den letzten "ein, zwei Jahren" vernachlässigt worden, so der Neue. Die Partner waren entzückt, lauschten gebannt, als Dewald noch ins E-Business-Horn blies (siehe Computer-Partner 36/00, Seite 10). In aller Stille schickte indessen so mancher Sage KHK-Mitarbeiter ein Stoßgebet zum Himmel: Es möge mit dem Neuen doch auch intern endlich mal ein frischer Wind wehen.

Hat alles nichts gebracht, meint jetzt ein Ex-Mitarbeiter. Höchstens eine laue Brise sei zu spüren gewesen. Und auch von der kam in der Abteilung, die für den Aufbau des Retail-Kanals zuständig war, irgendwie nichts rüber: "Diese Business-Unit hat sich aufgelöst. Vor lauter Frust haben nämlich inzwischen alle gekündigt." Nur der Abteilungsleiter sei noch da. Aber nicht mehr lange, lästert der frühere Kollege: "Man hat ihn bereits zum Product-Marketing-Manager degradiert."

Während das Unternehmen sich offiziell das Thema "Innovation und Umbruch" auf die Fahnen schreibe, sei der Frust in der Abteilung immer größer geworden. Auch ihn habe nach und nach das Gefühl ergriffen, es fehle im Unternehmen an der "nötigen Ernsthaftigkeit" den Retail-Kanal aufbauen zu wollen.

Beispielsweise hätten die Kollegen einen "Business-Plan" erstellt: "Auf das Feedback warten wir heute noch." Die Entscheidungswege wären bei Sage KHK länger als die "Route 66": "Zwischen Frage und Antwort sitzen da heute noch vier oder fünf Direktoren dazwischen." Selbst bei Standards habe es oft wochenlang bis zu einem Feedback gedauert, schimpft er. Erschwerend habe sich zudem ausgewirkt, dass der direkte Vorgesetzte nicht geraden Weges aus der Branche kam: "Der hatte eigentlich keine Ahnung, was wir da machen", sagt der ehemalige Mitarbeiter.

Vergangenheitsbewältigung beim Kunden

Dabei habe man doch gerade bei den Retailern ohnehin einen so schweren Stand gehabt. Der größte Hemmschuh seien aber eindeutig die internen Strukturen von Sage KHK. Da wird der Mann noch heute sauer: "Die haben Lexware doch den Markt selbst frei geschaltet. Die haben das auch prompt genutzt, haben nun 70 oder 80 Prozent Marktanteil." Der Wettbewerber habe außerdem noch den Vorteil, "beim Kunden nicht erst mal Vergangenheitsbewältigung betreiben zu müssen".

"Das ist totaler Nonsens" poltert es von Sage KHK zurück. Von einer Kündigungswelle könne keine Rede sein, beteuert Unternehmenssprecherin Birca Weidel. Es käme ja wohl überall vor, dass sich Mitarbeiter neu orientieren, man würde die offenen Stellen dann eben neu besetzen. Ob es besagte Abteilung noch gibt, möchte sie dann aber lieber nicht direkt kommentieren: "Wir haben unser neues Produkt erfolgreich gelauncht. Das wäre wohl nicht möglich, wenn sich keiner mehr darum kümmern würde." Nur eine kleine interne "Umstrukturierung" habe es gegeben, räumt sie ein, die betroffene Produktlinie sei ins Gesamtmarketing aufgenommen wor- den. Sage KHK-Chef Peter Dewald war zu einer persönlichen Stellungnahme nicht bereit. Begründung: Man habe nicht vor, Interna in der Öffentlichkeit zu diskutieren. Außerdem sei der Vorgang unbedeutend und darum keiner Stellungnahme wert. (mf)

www.sagekhk.de

SAGE KHK

18 Prozent Plus in 2000

Die Sage KHK, deutsche Tochtergesellschaft der Sage Group, hat ihr Geschäftsjahr 2000 (30. September) mit einem positiven Ergebnis abgeschlossen. Nach Angaben des Unternehmens stieg der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr um 18 Prozent auf 22,2 Millionen Pfund (rund 68,6 Millionen Mark), der Betriebsgewinn belief sich auf 2,3 Millionen Pfund (circa 7,1 Millionen Mark). Die Sage-Gruppe konnte ihren weltweiten Umsatz nach eigenen Angaben um 34 Prozent auf 412,2 Millionen Pfund steigern. Den größten Anteil steuerte die USA mit 142,6 Millionen, den meisten Gewinn die Sage in UK mit 55 Millionen Pfund (bei 132,1 Millionen Umsatz) bei. (mf)

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