ERP-Titanen attackieren Software-Zwerge

30.01.2003

Microsoft und SAP werden den Mittelstandsmarkt für betriebswirtschaftliche Standardsoftware in Deutschland dominieren. Jedenfalls im Segment mit Unternehmen, die zwischen 200 und 500 Mitarbeiter beschäftigen. Bei Betrieben mit weniger als 200 Mitarbeitern gibt Sage KHK weiterhin den Ton an.

Für alle anderen Anbieter in diesem stark fragmentierten Markt stehen die Zeichen auf Sturm. Um ihren bestehenden und potenziellen Kunden eine vor allem bei kaufmännischer Software unabdingbare langfristige Perspektive bieten zu können, müssen die meisten von ihnen ihre Anwendungen auf moderne Technologieplattformen portieren. Das gilt für die zugrunde liegenden Datenbanken genauso wie für Betriebssysteme. Außerdem müssen ERP-Anwendungen künftig Web-Services unterstützen, welche die nahtlose Kommunikation von Computer-Systemen unabhängig vom Netzwerk, der Systemkonfiguration, dem Gerätetyp oder der Programmiersprache ermöglichen. Wer seine Systemarchitektur weder für den J2EE-Code (Java 2 Enterprise Edition) noch für Microsofts Dotnet auslegt, wird über kurz oder lang in Erklärungsnot bei seinen Kunden geraten.

Die dafür notwendigen Entwicklungen verursachen hohe Kosten - Geld, das vielen Softwerkern fehlt, wie die steigende Zahl der Insolvenzen unter den mittelständischen ERP-Anbietern belegt. Die Zahlungsunfähigkeit von Brain International oder der Bäurer AG lassen das Vertrauen der Anwender in die Sicherheit ihrer Investitionen bei den kleineren Anbietern sinken. Ihr auf Branchen-Know-how und Geschäftsprozesskompetenz basierender Wettbewerbsvorteil schwindet direkt proportional zur Flucht ihrer noch kleineren Wettbewerber in die Arme des SoftwareGoliath Microsoft.

Sicher, es gibt auch einige Davids unter den kleinen Softwerkern, die ihre Anwendungen mit modernen Programmier-Tools runderneuert oder komplett neu entwickelt haben. Sie können den Giganten aufgrund ihrer Beweglichkeit und Schnelligkeit im Kampf um das eine oder andere Projekt besiegen. Vor allem dann, wenn sie der mittelständischen Klientel bieten können, was diese am liebsten hat: Komplettlösungen zum günstigen Festpreis.

Doch da die kleinen Softwerker nicht die Skaleneffekte der großen Hersteller realisieren können, müssen sie dafür günstigere Komponenten als die Basistechnologie ihres stärksten Wettbewerbers verwenden, um einen niedrigeren Gesamtpreis zu realisieren. Das Feigenblatt Open-Source-Software auf dem Rücken des Softwaregiganten Microsoft gibt ihnen dabei die Stoßrichtung vor. Softwerker, die ihre Lösungen auf einem Linux-Betriebssystem, einer Open-Source-Datenbank wie "My SQL" oder einem "Application-Server" von Orion anbieten, entziehen der in Redmond weidenden Cash Cow ihres stärksten Wettbewerbers im Anwendungsgeschäft das Futter. Softwerker, die sich allein auf die Wartungsumsätze ihrer installierten Basis verlassen, wird es dagegen über kurz oder lang vom Markt fegen.

Fachhändler, VARs und Systemhäuser, die sich im mittelständischen Markt für Unternehmenssoftware positionieren, müssen deshalb heute die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft stellen. Einen Kardinalsweg gibt es dafür nicht, aber eine Entscheidungshilfe von ComputerPartner auf den Seiten 42 bis 45.

Eberhard Heins

eheins@computerpartner.de

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