Faire Gesprächsführung: Entscheidungs- und Handlungsfreiheit der Gesprächspartner

27.09.2006
Das Ziel ist das gleiche, aber trotzdem gibt einen großen Unterschied zwischen Überreden und Überzeugen, meint Coach Stéphane Etrillard. Welchen Weg man wählt, entscheidet über den Verlauf des Gesprächs.

Im Prinzip gibt es zwei Wege, jemanden zu beeinflussen: entweder unter Berücksichtigung und Wertschätzung der Position sowie der Persönlichkeit des anderen oder unter Missachtung und Geringschätzung dieser Punkte. Überreden und Überzeugen grenzen sich im Grundsatz auf gleiche Weise von einander ab: Das Ziel ist, jemanden dazu zu bringen, seine eigenen Ansichten zu ändern. Der jeweilige Weg dorthin unterscheidet sich hinsichtlich der Einstellung zum Gegenüber und zu dessen Standpunkten. Wenn Sie jemanden überreden wollen, dann steht für Sie im Vorfeld fest, dass Ihre Ansichten richtig, wünschenswert, vorrangig o. ä. sind. Die eigentlichen Auffassungen und Anschauungen Ihres Gegenübers spielen für Sie keine Rolle. Sie halten sie nur für falsch bzw. irrelevant und gehen nicht weiter auf sie ein. Es geht Ihnen darum, Ihre eigene Meinung ohne Abstriche durchzusetzen. Eine Diskussion der Interessen Ihres Gegenübers ist nicht vorgesehen. Sie haben also bereits vor Beginn des Gesprächs für den anderen entschieden, was gut und richtig ist. Ihr Gegenüber selbst hat keinerlei Entscheidungsfreiheit mehr, seine Meinung fließt in den Kommunikationsprozess nicht mit ein.

Dieses Vorgehen ist deutlicher Ausdruck einer bewussten oder unbewussten Geringschätzung der Person sowie des Standpunktes Ihres Gesprächspartners, der dann schon kein wirklicher Gesprächspartner mehr ist. Von partnerschaftlicher Kommunikation kann in so einem Fall keine Rede sein. Das Resultat sind eine schwere Beschädigung der Beziehung und Probleme auf der Sachebene. Denn zum einen werden die so gewonnenen Einsichten beim Gegenüber vermutlich nicht von Dauer sein. Spätestens wenn ihm bewusst wird, dass seine eigene Position quasi eliminiert wurde, wird er das Ergebnis des Gesprächs infrage stellen. Zum anderen wird eine solche Einstellung zum Gegenüber mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit Widerstand auslösen, da sie seine Entscheidungsfreiheit nachhaltig beschränkt. Die Sach- und Beziehungsprobleme werden dadurch zusätzlich verschärft. Ganz abgesehen davon, dass sich eine solche unpartnerschaftliche Gesprächsführung von Anfang an sehr ungünstig auf den Verlauf der Kommunikation auswirkt.

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