Handy-TV: Mäusekino für unterwegs

06.10.2006

Eine Frage der Technik

Hemmschuhe gibt es allerorten: Der Markt in Europa ist fragmentiert - und Deutschland ist das Paradebeispiel dafür: Nicht weniger als 15 Landesmedienanstalten sind für die Vergabe von Sendelizenzen zuständig. Nicht nur bei der Frequenzvergabe herrscht Unsicherheit. Wie das bewegte Bild in Zukunft auf das Endgerät kommt, ist ebenfalls noch nicht geklärt. Zur Wahl stehen mehrere Verfahren: Videostreaming oder Broadcasting (MBMS) über das Mobilfunknetz sowie die Rundfunk-Technologien DVB-H (Digital Video Broadcast - Handheld), DMB (Digital Media Broadcast) und das von Qualcomm entwickelte Format MediaFLO.

Am lukrativsten für die Mobilfunknetzbetreiber ist das Streaming. Hier werden die als AVI- oder MPEG-Datei vorliegenden Inhalte nach der 3GPP-Vorgabe TS 26.234 encodiert. Als Codecs kommt für Bilder H.263, für Töne AMR (Adaptive Multi Rate) zum Einsatz. So geschrumpft, reicht für die Übertragung eine Bandbreite von 112 kBit/s. Richtig massentauglich ist dieses Verfahren jedoch nicht, denn jeder Stream belegt einen Kanal im UMTS-Netz. Das mag im Moment noch recht egal sein, denn die Netze sind weit gehend leer. Eine Kapazitätsgrenze wäre jedoch so schnell erreicht, dass an eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung gar nicht zu denken ist.

Abhilfe könnte das Broadcast-Verfahren MBMS schaffen, das Ressourcen im Netz spart und über denselben Kanals Streams für mehrere Nutzer parallel anbieten kann. Wahrscheinlich werden aber die "echten" Broadcast-Technologien das Rennen machen. Die Rundfunk-Technologien haben allerdings einen gravierenden Nachteile für die Netzbetreiber: Für ihren Empfang ist kein Mobilfunk notwendig. Analog zu DVB-T ließe sich Handy-TV mit einem USB-Stick oder einem Receiver für den SD-Kartenslot auch auf PDAs oder UMPCs betrachten. denn die DVB-H- oder DMB-Signale kann man wie beim terrestrischen Fernsehen per Antenne empfangen - ein Mobilfunkvertrag oder gar ein Daten- oder Servicepaket ist nicht notwendig.

Die ersten Angebote

Dennoch gibt es erste Modelle, wie Netzbetreiber, beziehungsweise Provider am Handy-Rundfunk mitverdienen können. Das erste und derzeit einzige kommerzielle Angebot in Deutschland nennt sich "Watcha" und wird über den Provider Debitel vertrieben. Es basiert auf dem Standard DMB, die Inhalte stammen vom Mobile-TV-Provider Mobiles Fernsehen Deutschland (MFD). MFD agiert seit September 2005 am Markt und konnte Sendelizenzen aller Landesmedienanstalten erhalten. Zunächst war Watcha allerdings nur für Debitel-Kunden in den Großstädten Berlin, München, Köln, Frankfurt, Stuttgart und Nürnberg empfangbar, seit kurzem verfügen auch die Regionen Hamburg, Hannover, Leipzig, Dortmund und Gelsenkirchen über eine Abdeckung.

Die Debitel-Kunden bezahlen je nach gewähltem Endgerät und Tarif zwischen knapp 5 und 15 Euro für eine so genannte "TV-Flatrate". Das Programmangebot ist allerdings mager: Derzeit stehen nur die vier TV-Programme ZDF, N24, MTV sowie ein Comedy-Kanal aus SAT.1- und ProSieben-Inhalten zur Verfügung. Ergänzend kommt noch der Radiosender bigFM dazu. Anbieter MFD verhandelt mit weiteren Fernsehsendern und will das Programmangebot langfristig auf 40 Kanäle ausbauen. Außerdem konnte das Unternehmen mit Mobilcom einen zweiten Provider gewinnen, der Watcha demnächst für "deutlich unter zehn Euro" anbieten will.

Zur Startseite