HP USA gesteht Europa eigene Channel-Strategie zu

12.12.2002
Am 4. Dezember gab HP in London seine zukünftige EMEA-Channel-Strategie bekannt. Während die amerikanische Führungsspitze für den Vertrieb im eigenen Land auf zunehmendes Direktgeschäft setzt, nimmt sich die europäische Führungsspitze vor, noch enger mit den Partnern zusammenzuarbeiten.

Die Befürchtungen, dass der in Amerika eingeführte Direktvertrieb für Intel-Server, PCs, Notebooks und Drucker auch in Deutschland eingeführt wird, scheinen unbegründet gewesen zu sein. "Partner One" ist zwar der gemeinsame Name des weltweit neu aufgelegten Partnerprogramms der neuen HP. Doch nur der Name und gewisse Grundbestandteile seien sowohl in Amerika als auch in den EMEA-Regionen gleich. "Ansonsten haben die einzelnen Länder die Freiheit, dieses Programm an die jeweiligen Bedürfnisse ihrer Channel-Partner anzupassen", erklärt Jochen Erlach, Vertriebsdirektor Commercial Channel und SMB bei HP Deutschland. Ob der Name "Partner One" in Deutschland beibehalten wird, sei noch nicht endgültig geklärt, da dieser hier mit einem negativen Beigeschmack belegt sei, führt Erlach weiter aus.

Dass Direktvertrieb in Deutschland nicht zwangsweise als Order von oben eingeführt wird, hat selbst HP-CEO Carly Fiorina während eines Management-Treffens in Los Angeles bestätigt. Laut ih-rer dortigen Aussage könnten die Implementierungen des "Partner One"-Programms in den unterschiedlichen Regionen auch unterschiedlich umgesetzt werden. "Ich glaube sogar, dass die EMEA-Strategie dieses Mal auch in die andere Richtung gehen wird", gibt sich Erlach zuversichtlich.

An den Punkten, aus denen das am vergangenen Mittwoch vorgestellte Partnerprogramm besteht, arbeitet die deutsche HP nicht erst seit gestern. Bereits bei ihrem"Top-Partner-Event" im Oktober stellte HP das Thema Wettbewerbsfähigkeit durch Kostensenkung, gemeinsam mit dem Handel, in den Vordergrund (siehe ComputerPartner 43/02, Seite 14). In Deutschland "ist die Kette von HP bis zum Endkunden derzeit viel zu teuer. Diese Kosten wollen wir drastisch senken", plant Erlach. Hierzu sei es auch notwendig, die Logistikfähigkeiten der Distributionspartner weiter auszubauen.

Ein weiteres Thema ist laut Protokoll "die Nutzung aller möglichen Wege zum Kunden". Hier ist eine Erklärung nötig. So sollen die derzeit 18 Top-Kunden weiterhin vom Hersteller direkt betreut werden. Bei den rund 170 Enterprise-Kunden sei geplant, in manchen Fällen einen Partner mit ins Boot zu nehmen. Hier verspricht Erlach: "Wir sprechen uns mit unseren Partnern ab, damit wir berechenbar sind." Dieses Versprechen scheint in einigen Fällen bereits in die Tat umgesetzt zu werden. "Wir hatten erst heute ein Gespräch mit HP, in dem wir unsere Kundendaten ausgetauscht haben und den einen oder anderen gemeinsamen Ansatz gefunden haben", erzählt Heinrich Straub, Geschäftsführer des Systemhauses Sandata GmbH. Er will auch in Zukunft eine Zusammenarbeit mit HP darstellen, in der sowohl der Hersteller als auch seine sechs in Bayern ansässigen Systemhäuser einen Nutzen haben.

Absprachen werden auch in Bezug auf Profitabilität in Zukunft eine Rolle spielen müssen. Bisher sei es nicht immer so gewesen, dass der Partner und der Hersteller bei jedem Geschäft profitabel waren. In Zukunft will der Hersteller die Fachhändler über Bonusprogramme lenken. Dadurch sollen nicht immer die günstigsten Produkte an den Endkunden verkauft werden. "Rufen Sie mal bei Dell an und sagen, Sie möchten den billigsten PC aus dem Flyer. Sie werden eine lange Zeit am Telefon verbringen, um genau diesen zu bekommen", witzelt Erlach.

Um die Partner in die Richtung einer profitablen Zusammenarbeit zu lotsen, will ihnen der Hersteller auch in finanzieller Hinsicht einen sicheren Background liefern. Da manche Fachhändler gerade bei großen Projektaufträgen in der Vorfinanzierung überfordert seien, prüfe HP eine Lösung zur finanziellen Projektunterstützung.

www.hewlett-packard.de

ComputerPartner-Meinung:

Neben der Arbeit an internen Unternehmensstrukturen muss der Hersteller gleichzeitig an einer genau definierten Zusammenarbeit mit dem Channel arbeiten. Dem deutschen Management wird nach der Vorstellung der EMEA-Strategie ein Stein vom Herzen gefallen sein, da es nicht dazu gezwungen ist, umfangreiche Direktgeschäfte vor dem Channel zu rechtfertigen. Die deutsche Hewlett-Packard GmbH legt ihre Direktkunden dem Fachhandel offen. Für die weitere Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Handelspartnern werden trotzdem noch viele Gespräche nötig sein. (bw)

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