"Nur weil wir so gute Mitarbeiter haben, können wir eine fast 30jährige Erfolgsstory erzählen", beginnt Oliver Schallhorn, Geschäftsführer des Ulmer Systemhauses Fritz & Macziol, das Loblied auf seine Mitarbeiter. Er weiß, dass er sich im Recruiting ordentlich anstrengen muss, wenn er gegen die BMWs und Googles dieser Welt antreten will. Er ist überzeugt, mit seinen Argumenten, die Bewerber gut erreichen zu können, weil "wir eine sehr niedrige Fluktuationsrate haben", weil flexibles Arbeiten selbstverständlich sei, inklusive sich für Wochen oder Monate in ein Sabbatical zu verabschieden, ein Beteiligungsmodell zusätzlich Motivation verschafft und auch die Gesundheitsangebote immer besser ankommen.
Gut funktioniere auch das Modell "Mitarbeiter werben Mitarbeiter", vor allem, weil es schon oft vorgekommen sei, dass ein Neuer weitere Kollegen seines ehemaligen Arbeitgebers "mitgezogen" habe. Zurückhaltend äußert sich Schallhorn zur Zusammenarbeit mit Headhuntern, hier beschränkt er sich auf weniger als eine Handvoll Firmen. Ihm sei wichtig, dass diese wenigen von ihm ausgesuchten Personaldienstleister sein Unternehmen verstehen und die Geschichte dazu genauso gut erzählen können wie er es tut. Nur dann ließen sich auch gute Kandidaten überhaupt auf einen Mittelständler ein.
Hopper sind unerwünscht
Apropos gute Kandidaten: Schallhorn sagt gleich, wen er nicht haben will: "Ich suche keine Hopser". Hier ist er ganz Traditionalist, schaut sich die Lebensläufe genau an und sortiert diejenigen aus, die zu oft ihren Arbeitgeber gewechselt hätten. Das sei für ihn eine Frage des Charakters. "Es muss menschlich und von der Qualität der Qualifikation passen", lautet seine Einstellungsformel. Er wünscht sich Kandidaten, die das, was sie im Vorstellungsgespräch zusagen, auch eins zu eins einhalten, also lieber den Bodenständigen als den Überflieger. In zwei Gesprächsrunden - immer mit der Fachabteilung - wird dann die Eignung festgestellt und ob der Bewerber passt.
Schallhorn legt Wert auf das Miteinander und Mitarbeiterbindung ist für ihn keine Floskel. Im Gegensatz zu vielen anderen Arbeitgebern, die immer häufiger auf mobile Büros setzen, in denen in der Früh jeder sich mit seinem Rollcontainer auf der Suche nach einem freien Platz macht, hat bei Fritz & Macziol jeder Mitarbeiter noch seinen festen Arbeitsplatz. Das schaffe Identifikation.
Ebenfalls ein wichtiges Argument ist die Weiterbildung seiner Belegschaft. Zwölf Tage Schulung im Jahr erhält jeder Mitarbeiter und auf über 4000 Zertifizierungen insgesamt können diese verweisen. Das sei auf jeden Fall rekordverdächtig in seiner Branche, ist der Manager überzeugt. Seine Gleichung für den perfekten Mitarbeiter lautet: Ausbildung + Zertifizierung + Berufserfahrung = Qualität. Damit könnten sie dann beim Kunden antreten. Fakt sei, dass sich die Kundenanforderungen stark gewandelt hätten und dass sich die Mitarbeiter dieser Entwicklung anpassten müssten: "Was noch vor 15 Monaten galt, ist heute Vergangenheit." Früher, so Schallhorn, wusste der Kunde eher, was er wollte, bestellte, und er bekam seine Lösung. Heute erwartet er ein kompetentes Gegenüber, das ihm mehrere Vorschläge unterbreitet und zeigt, dass es Markt und Produkte bestens kennt und am besten Antworten parat hat, an die der Kunde nicht einmal im entferntesten gedacht hat.
Training und Umdenken sind notwenig
Es geht mal wieder um die eierlegende Vollmilchsau, die man gerne hätte. Denn es braucht den Experten, der sich mit den technologischen Lösungen auskennt, aber auch den Kunden versteht, also zum Beispiel die Sprache eines Personalers oder eines Marketing-Leiters spricht.
Und damit ist Schallhorn wieder beim Thema Training angekommen. Er will alle seine Mitarbeiter in die neue Welt der digitalisierten Prozesse mitnehmen, und dazu müsse ein Umdenken in den Köpfen stattfinden, stärker unternehmerisch, und alle müssten lernen, noch besser die Kundenwünsche zu verstehen. Denn nur wer die Geschäftsprozesse verstanden habe, könne danach über deren Digitalisierung nachdenken und natürlich umsetzen. Damit aber auch die firmeninterne Transformation weiterkommt, wurde ein konkreter Plan für alle relevanten Bereiche erarbeitet, der bis ins Jahr 2017 geht. Unter anderem wird bei Fritz & Macziol ein unternehmensweites Lernportal installiert und ein Education-Programm für alle kundenrelevanten Funktionen umgesetzt, das die Company jährlich mehr als eine halbe Millionen Euro kostet. Hier wird alles unter anderem rund um das Thema Digitalisierung abgelegt - von Kundenbeispielen bis hin zu einer breiten Vielfalt an Kursen, die die Mitarbeiter fit macht für die digitale Welt von morgen.
- Achillesferse der Digitalisierung
In dem Papier "Being digital: Embrace the future of work and your people will embrace it with you" bezeichnet Accenture die Belegschaft eines Unternehmens als "Achillesferse" der Digitalisierung. Das Papier basiert auf Angaben von rund 700 Entscheidern weltweit sowie circa 2.500 Angestellten. - Befürchtungen der Mitarbeiter
Eine Mehrheit von 70 Prozent der Angestellten befürchtet den Verlust von Teamgeist, wenn die Kollegen per Fernzugriff arbeiten und nicht mehr ins Büro kommen. Etwa jeder Achte (zwölf Prozent) erwartet, seine Job-Aussichten werde sich durch die Digitalisierung negativ entwickeln. - Vorteile der Digitalisierung
Gleichzeitig erwarten die Angestellten aber auch Vorteile in den Punkten Innovationsfähigkeit ihres Unternehmens (71 Prozent), Agilität (69 Prozent) und Produktivität (68 Prozent). Insbesondere jüngere Befragte mit überdurchschnittlich hoher Qualifikation sehen die Vorteile der Digitalisierung – "wenig überraschend", wie Accenture schreibt. - Katalog digitaler Skills
Accenture rät Entscheidern, einen Katalog mit den benötigten digital Skills samt dem jeweiligen Kompetenzniveau zu erstellen. - Keine Nebensache
Entscheider dürfen das Thema Mitarbeiter nicht als Nebenschauplatz behandeln, so der Appell von Accenture. Sie brauchen eine "Test and learn"-Mentalität.