Kommentar

25.03.1999

Der Durchbruch für den Internethandel, auch "E-Commerce" genannt, ist geschafft. Zirka 3.500 solcher E-Commerce-Lösungen waren verstreut über 28 Hallen zu finden, die Netzwerker in Halle 11 stellen angesichts ihrer unweigerlich glänzenden Zukunft als "Baumeister der vernetzten Gesellschaft" ("Handelsblatt") bereits den Sekt kalt, und wer eine Messezeitschrift oder ein Cebit-Spezial gelesen hatte, wußte, er würde auf nahezu jedem Stand unweigerlich mit Überzeugungsattacken der Güte konfrontiert: "Wer heute seine Geschäftsprozesse nicht in Richtung Internethandel treibt, zeigt unternehmerische Inkompetenz."Kein Zweifel - jetzt auch in Deutschland: Das Internet etabliert sich als die Plattform für den Handel mit Gütern und Dienstleistungen aller Art. Es ist, so legt die Cebit nahe, nicht mehr nur trendy- wie noch im vorigen Jahr -, sondern zentral für Unternehmen, im Web präsent zu sein. Um Kundenbeziehungen mittels digitaler Datenströme herzustellen, schneller bei der Ideenumsetzung zu sein als die Wettbewerber und um neue Servicedimensionen zu erschließen.

Soweit, so gut. Aber wer nun glaubt, aus der Menge der Informationen, die bis heute rund um den Internet-Handel produziert wurden, ableiten zu können, welche Strategie für sein Unternehmen die richtige sei, sieht sich auf der Cebit enttäuscht. Zwar steht fest, daß jeder im Besitz einer Web-Adresse (URL) sein muß, doch was obendrein dazugehört, damit Handel und Dienstleistungen via Internet auch den beabsichtigten ökonomischen Erfolg zeitigen, erscheint eher unbestimmt.

Das garantiert für eine gewisse Ratlosigkeit bei denen, die, umsorgt von immer mehr Partnerprogrammen, die Internetstimmung in Hard- und Softwareverkäufe an Kunden ummünzen sollen: bei den Fachhändlern. "Woher soll ich wissen, welches Angebot das richtige ist?", rätselt ein Händler in der an E-Commerce-Lösungsangeboten reichen Halle 1. Daß er aus der Halle dann nur mit Fremdhilfe rausfindet, mag man als symptomatisch für das momentane Informationsdurcheinander der IT-Branche werten.

Doch da kaum ein Unternehmen umhin kommt, einen Weg in Richtung

E-Commerce zu finden, ist für den Handel, nach dem Cebit-Rausch

"E-Commerce", die Sortierung der Rezepte geboten, die Hersteller für den Internethandel bereitwillig feilboten.

Da gibt es Kriterien zuhauf. Zum Beispiel: Eignen sich die Internetprodukte für "Business-to-Business"-Lösungen, also den elektronischen Handel der Unternehmen untereinander? Hier haben zwei Drittel des Mittelstandes noch Nachholbedarf. Oder sollen die mannigfaltigen Dienstleistungsansprüche potentieller Endkunden erfüllt werden? Ein ebenso weites wie allen noch offenstehendes Terrain, wie die Angebote an Internetzugängen,

-sicherheit oder -Shopping-Software zeigen. Oder geht es darum, mit Software die Brücke zur Informationsauswertung unternehmensrelevanter Prozesse zu schlagen? Es ist gewiß nicht leicht, aus der Menge der Herstellerangebote die richtigen auszuwählen. Dazu gehört neben Wissen eine Portion Wagemut. Doch daß jetzt die Chance für den Fachhandel besteht, aus dem Internetboom Kapital zu schlagen, wurde auf der Cebit deutlich.

Wolfgang Leierseder

wleierseder@compouterpartner.de

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