Kühn & Weyh: Systemhaus bringt durch Übernahme Schäfchen ins Trockene

30.05.1997
FREIBURG: Der eigene Boß sein, unabhängig schalten und walten, nach langen Unternehmerjahren stolz auf das Lebenswerk schauen, und dann aufgekauft werden. Das klingt nach einer Tragödie, muß es aber nicht sein. Rainer Wey trat die Mehrheit an seinem Systemhaus Kühn & Weyh an die Bechtle-Gruppe ab, und die Rechnung ging auf: Er sieht die Zukunft des Unternehmens gesichert und muß sich trotzdem nicht reinreden lassen.Rundherum zufrieden" ist Rainer Weyh, geschäftsführender Minderheitsgesellschafter der Kühn & Weyh Computervertrieb GmbH, deren Name seit einem halben Jahr den Zusatz "Ein Unternehmen der Bechtle-Gruppe" trägt. Daß er im vergangenen Oktober die Mehrheit an seinem Systemhaus an die Heilbronner Bechtle-Gruppe abgetreten hat, hat der Freiburger bisher keinen Augenblick bereut.

FREIBURG: Der eigene Boß sein, unabhängig schalten und walten, nach langen Unternehmerjahren stolz auf das Lebenswerk schauen, und dann aufgekauft werden. Das klingt nach einer Tragödie, muß es aber nicht sein. Rainer Wey trat die Mehrheit an seinem Systemhaus Kühn & Weyh an die Bechtle-Gruppe ab, und die Rechnung ging auf: Er sieht die Zukunft des Unternehmens gesichert und muß sich trotzdem nicht reinreden lassen.Rundherum zufrieden" ist Rainer Weyh, geschäftsführender Minderheitsgesellschafter der Kühn & Weyh Computervertrieb GmbH, deren Name seit einem halben Jahr den Zusatz "Ein Unternehmen der Bechtle-Gruppe" trägt. Daß er im vergangenen Oktober die Mehrheit an seinem Systemhaus an die Heilbronner Bechtle-Gruppe abgetreten hat, hat der Freiburger bisher keinen Augenblick bereut.

"Als kleines Haus mit 20 Millionen Mark Umsatz können Sie mittelfristig nicht überleben. Man braucht eine gewisse Größenordnung, um am Markt bestehen zu können", hat Weyh seinen Schritt damals begründet. Das klingt nach einer Binsenweisheit in der heutigen IT-Landschaft, aber trotzdem tun sich viele kleine und mittelständische Unternehmen noch immer schwer, ihre scheinbare Unabhängigkeit aufzugeben, improvisieren stattdessen - wenn überhaupt - in Kooperationen. Dieses Klammern mag menschlich verständlich sein, und die Angst, einfach geschluckt zu werden, läßt sich wohl auch nur entsprechend bekämpfen.

Die Chemie muß stimmen

Weyh hat jedenfalls die Erfahrung gemacht, daß langjährige persönliche Bekanntschaften für eine schnelle und vor allem konfliktfreie Übernahme unerläßlich sind: "Man weiß, was man voneinander zu erwarten hat", erklärt er. Das Stichwort lautet Vertrauen, und eben dieses hatte Weyh in Ralf Klenk, geschäftsführender Gesellschafter bei Bechtle. "Wir sind seit Jahren gut miteinander bekannt, haben uns immer wieder auf Messen getroffen oder bei Compaq, oder im IBM-Händlerbeirat. Anfang 1996 habe ich dann mal mit ihm über meine Nachfolge gesprochen, und daß ich die in den nächsten zwei Jahren regeln möchte", erinnert sich der 52jährige kinderlose Unternehmer.

Klenk hat den Wink mit dem Zaunpfahl gleich verstanden und den Kontakt zu seinem Geschäftsführerkollegen Gerhard Schick hergestellt, der sich um das Finanzmanagement kümmert. Innerhalb von einem viertel Jahr war dann alles über die Bühne gebracht. "Ich habe mit niemand anderem verhandelt", sagt Weyh gelassen.

In den Reihen seiner Mitarbeiter hat der plötzliche Eigentümerwechsel selbstredend zunächst einige Skepsis und Ängste ausgelöst. Das sei aber umgeschlagen, als sehr schnell klar wurde, daß niemand entlassen wird und Weyh die Vorteile der Übernahme erläuterte.

Synergie-Effekte nicht zu unterschätzen

Die lassen sich am besten unter dem Modewort Synergien zusammenfassen: Durch den Zugriff auf das Bechtle-Logistikzentrum in Heilbronn könne das Warengeschäft rationeller abgewickelt werden, und auch der Lieferservice und die Einkaufskonditionen seien verbessert worden. "Sehr erfreulich ist auch der reduzierte eigene Lagerbestand. Der Wert wurde um 40 Prozent reduziert bei gleichzeitig besserer Verfügbarkeit", erklärt Weyh. Auch das neu hinzugekommene Kataloggeschäft per Bechtle direkt werde gut angenommen. Da sei zwar die Marge geringer, dafür aber auch der Aufwand. Besonders euphorisch beschreibt Weyh den Know-how-Transfer mit der schwäbischen Mutter: "Jetzt sind für uns mehr größere Projekte möglich, weil uns durch Bechtle mehr Experten zur Verfügung stehen. Unrentable Kleinstkunden werden nicht mehr bedient." Der Umsatz ist deshalb in den vergangenen Monaten nicht gleich in die Höhe geschnellt, dafür sei die Rentabilität besser.

Glaubt man dem Badener, dann sind die Reibereien, die dadurch entstehen, daß man zwei Unternehmen organisatorisch und strukturell unter einen Hut bringen muß, kaum spürbar gewesen. Ein neues EDV-System, mehr Berichtswesen als früher, andere Planungswege und Investitionspläne, mehr Soll-Ist-Rechnungen, all das sei ohne größere Probleme gestemmt worden - mehr eine Gewöhnungsfrage.

Weiter der eigene Herr

Und was seine unternehmerische Entscheidungsfreiheit angehe, habe sich auch nichts verändert: "Es war insofern eine Sondersituation, weil wir schwarze Zahlen schreiben. Deshalb werde ich nicht so an die Kandare genommen. Ich kann im Prinzip machen, was ich will. Mir hat bisher noch keiner irgendwo reingeredet. Außerdem sehe ich das so: Die Bechtle-Gruppe ist mit ihrem großen Wachstum gut beschäftigt. Da brauchen die mich genauso wie ich sie", erklärt Weyh selbstbewußt. Weitere Akquisitionen stehen bei Bechtle, das im vergangenen Jahr neben Kühn & Weyh auch das Karlsruher Systemhaus Pazdera und einige kleinere Firmen übernommen hatte, laut Weyh kurzfristig nicht an. Jetzt sei erstmal Konsolidierung angesagt. Anderen Systemhäusern seines Kalibers, die noch als Einzelkämpfer agieren, rät Weyh jedenfalls, es ihm gleichzutun: "Ich kann's jedem empfehlen." (ld)

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