Kursschwenk bei Compaq: Bei Partnern siegt Pragmatismus

16.09.1999

MÜNCHEN: Um seinem Wettbewerber Dell auch künftig die Stirn bieten zu können, setzt Compaq jetzt verstärkt auf E-Commerce - auch in Deutschland. Die Resonanz bei den Partnern ist gemischt: Die einen malen sich düstere Zukunftsszenarien aus, die anderen bleiben gelassen."Wer glaubt, Compaq würde sich auch in Zukunft an seine Versprechen in Richtung Handel halten, täuscht sich", kommentiert Peter Pillokat, Geschäftsführer der PSP GmbH in Hahnstätten, die aus Houston verordnete Compaq-Strategie (siehe dazu Bericht auf Seite 23). "Kein Hersteller - IBM, Hewlett Packard oder Compaq - kommt langfristig am Internet vorbei. Die PC-Anbieter müssen direkt gehen, alleine um gegen Dell weiterzubestehen", begründet Pillokat seine Aussage.

"Compaq ist ein stark an den Partnern ausgerichtetes Unternehmen. In Deutschland machen sie 85 Prozent ihres Umsatzes über den Handel - und das wirft man nicht von heute auf morgen über den Haufen. Wir sehen in der neuen strategischen Ausrichtung viele Vorteile für uns", hält Richard Einstmann, Geschäftsführer der Bechtle GmbH in Karlsruhe, dagegen. Denn, so Einstmann weiter, der verstärkte Online-Vertrieb des Herstellers basiere schließlich auf Partnereinbindung.

Hersteller und Handel: Einer braucht den anderen

Ein weiteres Argument, das so manchem Partner von der Handelsfront heute noch den Rücken stärkt: "Wiederverkauf und Hersteller sind eng aneinander gebunden. Unternehmen wie Compaq haben nicht die Logistik für einen flächendeckenden Vertrieb und sämtliche Serviceleistungen, die vom Kunden eingefordert werden. Der eine ist nach wie vor auf den anderen angewiesen", gibt auch ein norddeutscher Systemhauspartner zu bedenken. "Compaq hat endlich begriffen, daß es nicht nur um Stückzahlen geht, sondern daß es in unserem Geschäft auch auf den Service ankommt. Wenn Peter-Mark Droste sich das auf die Fahne schreibt, kann das Unternehmen nur dazugewinnen", ergänzt Steffen Seewald, Projektleiter bei der Compunet AG.

Ein Ex-Compaq-Mitarbeiter hat dagegen düstere Zukunftsvisionen: "In sechs Quartalen sind die Partner nicht mehr gefragt. Compaq bereitet sich auf den direkten Vertrieb ê la Dell vor - alleine um seine Kosten für die Lagerhaltung zu senken. Derzeit fährt das Unternehmen seinen Partnern gegenüber eine Hinhaltetaktik: Der Umsatz mit dem Handel ist weiter erwünscht, was die Zukunft bringt, wird aber verschwiegen."

Aber nicht nur die neue Strategie sorgt im Wiederverkauf für Irritationen: Auch der Managementwechsel in Dornach von Geritt Huy zu Peter-Mark Droste ist scheinbar doch nicht so glimpflich abgelaufen, wie er offiziell verkauft wurde. Indiz dafür: Compaqs Systems-Auftritt war wohl ein Zankapfel zwischen Huy und Droste: Nach ComputerPartner-Informationen lud der Hersteller seine Partner zuerst ein, sagte dann ab, um kürzlich erneut wieder einzuladen.

Den Managerwechsel an der Unternehmensspitze in Houston begrüßt dagegen so mancher Partner - auch in Deutschland: "Capellas bringt frischen Wind rein. Pfeiffer hat mit kaufmännischer Strategie Compaq nach vorne gebracht. Jetzt brauchen sie - auf ihrem Weg zum IT-Unternehmen - einen technischen Kopf an der Spitze. Bei Capellas hat man das Gefühl, er weiß, wovon er spricht", resümiert Richard Einstmann, Mitgeschäftsführer bei Bechtle. (ch/is)

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