Mit freundlichen Grüßen ...

10.12.2000

ComputerPartner

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PC-Spezialist Franchise AG

Vorstand

Herrn Frank Roebers

Eckendorfer Straße 2-4

33609 Bielefeld

München, 09.10.2000

Sehr geehrter Herr Roebers,

dem Abwärtstaumel der Aktien am Neuen Markt konnte sich die PC-Spezialist Franchise AG ja auch nicht ganz entziehen. Mit 36 Euro und ein paar Zerquetschten steht das Papier aber inzwischen wieder vergleichsweise gut da. Ich würde sogar sagen: Erstaunlich gut. Denn die Geschichte (Börsensprech: "Story"), die PC-Spezialist zu erzählen hat, ist ja eigentlich gar nicht so toll. Zumindest nicht besser als die anderer Neuer-Markt-Teilnehmer aus der IT-Branche wie zum Beispiel die der Systemhäuser M+S, Bechtle und Arxes. Die Story von PC-Spezialist ist nicht besser, aber sie ist viel besser erzählt. Das macht den Unterschied.

Ein Investor-Relation-Experte, der Unternehmen wie Maxdata und M+S berät, sagte mir vor kurzem, dass diese Unternehmen einen eigenen Investor-Relation-Referenten (also jemanden, der die Anleger bei Laune hält) gar nicht auslasten könnten. Nun muss man nur einen Blick auf die Aktienkurse dieser Unternehmen werfen (im Kellergeschoss), um an dieser Einstellung Zweifel zu bekommen. Wer hier spart, spart womöglich am falschen Ende.

Ihr Haus macht da einen besseren Job, eindeutig. Ein gutes Beispiel ist die Mitteilung, die Sie im Anschluss an die Gewinnwarnung von Intel an die Öffentlichkeit gegeben haben. Intel (und inzwischen haben sich andere amerikanische IT-Hersteller dieser Meinung angeschlossen) begründet seine Planverfehlungen ja mit einer schwachen Nachfrage in Europa. Kaum war diese Meldung draußen, holten Sie zum Gegenschlag aus.

Am 29. September verkündeten Sie in einer Pressemitteilung, dass Intels Erklärungsversuch für die schlechten Zahlen von den wahren Ursachen ablenken solle. Erstens gebe es nämlich keinen Nachfragerückgang in Europa, zumindest bei den 121 PC-Spezialist-Franchise-Stores nicht. Im Gegenteil. Zum anderen behaupten Sie, dass der wahre Grund für Intels Problem - ich zitiere wörtlich aus Ihrer Pressemitteilung - "in einer massiven Verschiebung der Käuferpräferenzen zu Gunsten von Mikroprozessoren des Herstellers AMD begründet" sei. Es geht noch weiter: Der Absatz von PCs mit AMD-Prozessoren sei "dramatisch zu Lasten von PCs mit Intel-CPUs gestiegen", schon seit Einführung des AMD-Athlons im vergangenen Jahr "verzeichnete PC-Spezialist eine stetig zunehmende Akzeptanz von AMD-Produkten zu Lasten von Intel-Prozessoren". Mittlerweile, schreiben Sie weiter, seien die AMD-Prozessoren "eindeutig vor Intel positioniert".

Das ist starker Tobak. Und ungewöhnlich ist es auch, dass sich jemand so weit aus dem Fenster lehnt. Ich vermute, dass der Hintergrund und der Anlass für diese Attacke gegen Intel darin bestehen, dass Sie und Ihre Vorstandskollegen so richtig sauer auf die Amerikaner waren. Aber so richtig sauer. Schließlich lesen auch die deutschen Investoren Zeitungen, und wenn die US-Companys eine schwache Nachfrage in Europa für ihre schlechten Zahlen verantwortlich machen, zieht das natürlich auch die Kurse der deutschen Firmen nach unten. Und das ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, wo Sie, wie man hört, kurz davor stehen, einen Wettbewerber zu übernehmen. Diese Pressemitteilung sollte somit nicht nur dazu dienen, Ihre Aktionäre zu beruhigen, sondern auch und vor allem dazu, den Intel-Leuten vors Schienbein zu treten.

Nun wissen wir ja, dass Rache grundsätzlich ein eher schlechter Ratgeber ist. Und wer weiß: Vielleicht bedauern Sie eines Tages diesen Frontalangriff auf Intel. Langfristig, sozusagen. Aber was heißt schon "langfristig"? "Langfristig sind wir alle tot", hat der Wirtschaftsnobelpreisträger John Maynards Keynes einmal geschrieben. Das gilt für Sie, für Keynes sowieso, das gilt für Intel, für AMD, für die heute lebenden Aktionäre von PC-Spezialist und für mich. Wobei ich es dann wirklich schade fände, auf die schönen Erfolgsmeldungen von PC-Spezialist verzichten zu müssen. Obwohl, na ja, ich könnte damit leben.

Mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

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