Mobile Computerprofis helfen schnell und unkonventionell

22.10.1998

MÜNCHEN: Auspacken, einstöpseln, loslegen - wer kennt die Sprüche über die scheinbar benutzerfreundlichen PCs nicht. Gerade private Anwender oder Freiberufler sind bei der PC-Benutzung oft überfordert. Ihrer Probleme nehmen sich seit gut einem Jahr Benjamin Friedrich und Holger Kropf, beide 26, aus Unterhaching an. Sie versprechen nicht nur schnelle Hilfe, sondern leisten sie auch.Noch herrscht in der spartanisch eingerichteten 40-Quadratmeter-Einzimmerwohnung mit dem zusammengewürfelten Mobiliar, mit Telefon- und Fax-Geräten und natürlich einem PC Ruhe. Es ist Montagmorgen, 8.30 Uhr. Friedrich und Kropf sitzen beim "Warm-up" zusammen und besprechen den Tagesablauf.

"Wir treffen uns hier jeden Morgen gegen 8 Uhr und legen dann fest, wie wir den Tag gestalten müssen", erklärt Friedrich.

Für diesen Montag steht noch nicht allzu viel auf dem Programm, was sich, so versichern beide, aber schnell ändern kann. In Unterhaching gilt es, eine allwöchentliche Datensicherung zu machen, in Nymphenburg müssen die Youngster einen NT-Server in den endgültigen Betrieb nehmen. Außerdem heißt es, für Kunden Angebote und Rechnungen für bestellte Hard- und Software zu schreiben, bei Großhändlern Preise für PC-Komponenten, Software, Peripheriegeräte und Zubehör abzufragen und Bestellungen aufzugeben. Diese erfolgen hauptsächlich bei Solidium, dem Großhändler von Discounter Schadt, zu dem die beiden durch ihre frühere Tätigkeit eine enge Partnerschaft haben. Denn bevor Friedrich Mitte vergangenen Jahres seine Idee in die Tat umsetzte, Privatkunden sowie kleinen und mittleren Unternehmen umfassende EDV-Unterstützung vor Ort anzubieten, stand er erst als Filial- und danach als stellvertretender Vertriebsleiter bei Schadt auf der Gehaltsliste. Sein Freund Kropf, der vor rund sechs Monaten als Teilhaber bei Friedrich einstieg, arbeitete nach einem kurzen Techniker-Gastspiel bei Vobis ebenfalls einige Zeit als Filialleiter bei Schadt, wechselte dann aber zum Systemhaus Microtec, weil "mir die Tüftelei einfach mehr liegt als das Verkaufen". Dort erwarb er fundiertes Netzwerkwissen, das ihm nun bei vielen Projekten von Friedrich & Partner zugute kommt.

Gute Beziehungen erleichtern die schnelle Hilfe

Neben Schadt arbeiten Friedrich und Kropf auch mit dem Distributor Ingram Micro zusammen, wo sie nach eigener Aussage "sehr gute Preise bekommen". Der Vorteil bei Schadt aber sei, daß man die Qualität der Produkte aus eigener Erfahrung kenne und gute persönliche Beziehungen aufgebaut habe, die sich bei wirklichen Notfällen ungemein auszahlen würden. "Letzte Woche habe ich gegen 19 Uhr einen Anruf von einem Kunden bekommen, dessen Festplatte gerade einen Lesefehler gemeldet hatte", erzählt Friedrich. "Da ich ahnte, daß sie hinüber war, rief ich sogleich einen befreundeten Schadt-Filialleiter an und bat ihn, eine Festplatte für mich bereitzustellen. Gegen 21 Uhr bin ich auf dem Weg zu dem Kunden bei ihm vorbeigefahren und habe die Festplatte und noch gleich eine Hauptplatine ins Auto gepackt. So konnte ich an dem Abend alles austauschen und einstellen. Um 1.30 Uhr arbeitete der PC wieder."

Schwerpunktmäßig kümmert sich der eloquente Friedrich allerdings um die Kundenakquise und die administrativen Aufgaben, daneben leistet er Hilfestellung via Telefon. "Denn viele PC-Probleme lassen sich tatsächlich telefonisch lösen." Dagegen ist der eher introvertiert wirkende Kropf der "rasende Techniker", der sich vor Ort um die DV-Macken kümmert. "Die Technik ist meine Welt, da kann ich mich so richtig entfalten. Ich tüftele solange an einem PC-Fehler herum, bis ich die Lösung gefunden habe. Manchmal träume ich sie sogar", lacht der gebürtige Schwabe, der durch seine Tätigkeit ständig auf Achse ist. "Ich bin derjenige, der die Kilometer zusammenfährt", konstatiert er.

Notrufe wirbeln Tagesablauf durcheinander

Das Einzugsgebiet der beiden Servicetechniker reicht von München und Umgebung bis hin zu Garmisch-Partenkirchen und Odelzhausen. Rund 1.000 Kilometer kommen so pro Monat zusammen, denn einmal unterwegs holt Kropf auch noch reparaturbedürftige PCs ab und springt beim Großhändler vorbei, um erforderliche Ersatzteile oder Komponenten zu besorgen. "Außerdem wird mein Tagesprogramm meist durcheinandergewirbelt, weil immer wieder Notrufe eingehen. Und wenn es sich dabei um ein Problem beim Firmenkunden handelt, das sich telefonisch nicht lösen läßt, dann hat das absoluten Vorrang vor anderen Dingen." So sei er vor einigen Tagen gerade auf die Autobahn nach Garmisch gefahren, da habe ihn die Meldung erreicht: "Stromausfall bei Kirschbaum. Seitdem arbeiten drei PCs nicht mehr." Kropf wendete und fuhr sofort hin. "Als ich dann da war, liefen die PCs zwar wieder, hatten aber periphere Ausfallerscheinungen, so daß ich doch einige Zeit beschäftigt war."

Der Unterhachinger Managementdienstleister Kirschbaum Executive Services AG zählt zu den ersten und größten Kunden von Friedrich und Partner. Im Rahmen des abgeschlossenen Wartungsvertrages mit 24-Stunden-Verfügbarkeitsgarantie fungieren die beiden Computerprofis als externe EDV-Betreuer. Darüber realisieren sie dort von Zeit zu Zeit auch neue Projekte.

Bekommt Kropf zeitliche Probleme, stürzt sich Friedrich in die Schlacht. "In dringenden Fällen lasse ich dann wirklich alles stehen und liegen, schalte nur noch das Telefon aufs Handy um und fahre los. Denn unser Ziel ist es, die Responsezeiten sehr kurz zu halten." Zugleich wollen beide ihre Kunden aber auch so umfassend wie möglich bedienen. "Deshalb planen wir generell für jeden Kunden eine Stunde Zeitaufwand ein, denn sind wir einmal da, fallen meist noch andere Dinge an, die wir erledigen können." Nachtschichten und Wochenendeinsätze bleiben dabei ebenfalls nicht aus, zumal einer von beiden auch nachts immer erreichbar ist. "In dieser Wohnung, die uns als Büro dient, übernachte ich häufiger als zu Hause", schmunzelt Friedrich.

"Die beiden geben wir nicht mehr her"

Mittlerweile ist es 10 Uhr, die beiden haben einige Anfrufe getätigt, Bestellungen aufgenommen und sie an ihren Großhändler weitergegeben. Der erste Termin steht an, die wöchentliche Datensicherung bei Kirschbaum einige Straßen weiter, reine Routine. Kaum haben sie die Räumlichkeiten betreten, schallt ihnen schon ein Hilferuf entgegen "Es brennt." Sofort eilt Kropf ins Nebenzimmer. Dort versucht eine Mitarbeiterin vergeblich, auf die Daten eines Dateiordners zuzugreifen, die zwar eigentlich vorhanden sind, aber nicht anzeigt werden. "Das hier eingesetzte Windows-95-Netz ist nicht nur sehr langsam, sondern derzeit einfach auch überlastet, und der jüngste Stromausfall hat für zusätzliche Unordnung gesorgt", erklärt Kropf, der das Problem mit wenigen Tastendrucken löst. "Wir sondieren gerade die Möglichkeit einer NT-Server-Installation, um für Entlastung und mehr Stabilität zu sorgen."

Währenddessen hat Friedrich das Streamerlaufwerk an den Server angeschlossen und ist im Büro eines anderen Kirschbaum-Mitarbeiters verschwunden, um schnell noch über ein neuangedachtes Projekt zu sprechen. Kropf nimmt das Backup vor. Nach einer halben Stunde ist alles erledigt. "Die beiden geben wir nicht mehr her, denn sie leben Dienstleistung förmlich", ist Kirschbaum-Managerin Sibylle Miklós begeistert. "Ganz gleich, welches Problem wir haben, sie sind sofort zur Stelle, und das ist für uns eher PC-Unkundige ein sehr beruhigendes Gefühl. Außerdem können beide ihr Wissen sehr gut vermitteln. Sie erklären das aufgetretene Problem ganz genau, so daß wir in einem Wiederholungsfall zur Selbsthilfe greifen können."

Von Unterhaching geht es weiter nach München. Ziel ist das Landschaftsarchitekturbüro Kluska in Nymphenburg. Dann aber ändern die beiden ihr Fahrtziel kurzfristig. Das Handy von Friedrich klingelt. Gerd Bleier, Systemberater beim Münchner Arbeitsamt, hat zwei PCs zum Reparieren beziehungsweise Aufrüsten. "Wir sind eh gerade auf dem Weg in die Stadt", sagt Friedrich. "Da kommen wir jetzt schnell bei Ihnen vorbei." Gesagt, getan. In Bleiers Büro werden rasch die Modalitäten besprochen - auf dem einen PC will Win 95 einfach nicht laufen, da müssen Hard- und Software überprüft werden, der zweite soll auf ein Pentium-Board umgerüstet werden.

Parkplatzsuche ist meist das grösste Problem

Nebenbei stellt Bleier den Jungunternehmern noch eine NT-Vernetzung in einer Arbeitsamtzweigstelle in Aussicht. "Er versorgt uns häufiger mit Aufträgen", freut sich Friedrich. "Er hat gute Kontakte zur Industrie, und wir haben schon zu Schadt-Zeiten mit ihm zusammengearbeitet." Gemeinsam lädt man schließlich in der Tiefgarage des Arbeitsamts die PCs von Bleiers in Kropfs Auto um. "Toller Service", konstatiert Bleier. Denn normalerweise bringt er die defekten oder umzurüstenden PCs bei Friedrich & Partner in Unterhaching vorbei. Und er schiebt nach: "Die beiden haben echt was auf dem Kasten."

Wenige Minuten später - der montägliche Vormittagsverkehr meint es gnädig mit den mobilen Serviceprofis - sucht Kropf vor den Toren des Landschaftsarchitekten Kluska nach einem Parkplatz. "Das ist einfach ätzend in München", stöhnt Kropf. "Deshalb erledige ich meine Kundenbesuche auch häufig mit dem Motorrad." Sowohl er als auch Friedrich sind begeisterte Motorradfahrer und entspannen sich am Wochenende oft bei gemeinsamen Zweiradtrips in die Berge.

Doch heute ist ein Parkplatz überraschend schnell gefunden, die Begrüßung im Büro der Landschaftsplaner fällt herzlich aus. Dabei zählt Kluska erst seit ein paar Wochen zum Kundenkreis. An diesem Tag soll nach zwei Wochen Parallelbetrieb endgültig die Umstellung vom alten Novell- auf den neuinstallierten NT-Server erfolgen. Kropf fährt den alten Server herunter, klemmt die unterbrechungsfreie Stromversorgung ab, hängt sie an den neuen Server und fährt diesen hoch. Alles klappt tadellos, doch nach einem kurzen Check stellt sich heraus, daß die USV nicht reagiert.

Ein unvorhergesehenes Problem, dessen Ursache Kropf zwar rasch herausfindet - das Gerät ist schlichtweg defekt -, das aber vor Ort nicht behoben werden kann. Mit Zustimmung der Mitarbeiter nimmt Kropf die USV zu Testzwecken mit. "Vermutlich werden wir sie austauschen müssen", sagt Friedrich. "Dafür müssen wir aber erst ein Angebot schreiben, weil die USV schon vor unseren Aktivitäten installiert war und sie somit nicht in den Rahmen unserer Garantieleistung gehört."

Bevor die beiden sich verabschieden, klärt Kropf telefonisch noch schnell ein aufgetretenes Problem mit dem installierten Anwendungsprogramm "Landplan" mit der Hotline des Herstellers ab. "So etwas machen wir oft", konstatiert er. "Denn wir kennen uns einfach besser aus und können deshalb mit den Erklärungen der Hotline-Leute auch mehr anfangen." Obwohl, wie er zugibt, es sich bei Landplan um ein DOS-Programm handelt, das selbst für ihn nicht leicht zu durchschauen ist. Der Technik-Freak setzt die neugewonnene Erkenntnis sogleich um, was die von dem Problem betroffene Mitarbeiterin voll Freude registriert. "Es ist toll, was die beiden machen, und noch besser ist, daß sie es überhaupt machen."

Expansion ja - aber nicht übereilt

Das Kompliment trifft bei beiden ins Schwarze. Denn noch leben sie von einer gehörigen Portion Idealismus gepaart mit einem ausgeprägten Helfersyndrom. "Wenn wir unseren Kunden helfen konnten und sie zufrieden mit uns sind, dann sind wir glücklich. Uns geht es nicht darum, Geld zu scheffeln", sagt Friedrich. Dennoch wollen sie in punkto Serviceabkommen künftig konsequenter zu Werke gehen. Noch werden solche Verträge - kommen sie überhaupt zustande - sehr individuell verfaßt. Die Regel sind auch bei Firmenkunden eher Call-by-Call-Vereinbarungen. 59 Mark inklusive Mehrwertsteuer nehmen Friedrich und Kropf für jede halbe Stunde Arbeit bei einem Privatkunden, für Firmenkunden fallen 60 Mark zuzüglich Mehrwertsteuer an, die Anfahrt berechnen sie nur selten. "Fakt ist aber auch, daß wir mehr Kunden brauchen, denen wir regelmäßig zur Hand gehen können, wenn wir mittelfristig überleben wollen", überlegt Friedrich.

In fünf Jahren möchte der gebürtige Münchner bei einem Umsatz von vier bis fünf Millonen Mark angekommen sein. Dennoch wollen die beiden Jungunternehmer nichts übereilen. "Da ich keinen Kredit aufnehmen will, bauen wir unser Geschäft peu ê peu auf." Jetzt sind erst einmal Werbeaktionen angesagt. "Bislang haben wir weitgehend von Mund-zu-Mund-Propaganda gelebt. Das funktioniert zwar gut, reicht aber nicht aus", so Friedrich. In den nächsten Wochen ist das Schalten von Inseraten in Regionalblättern geplant.

Zum 1. Januar steht eine größere Wohnung mit einem richtigen Büro auf dem Plan, danach sollen eine Sekretärin für die administrativen Dinge und ein Azubi mit technischem Verständnis eingestellt werden.

"Mein Traum ist es", sinniert Kropf, "mit vielen Mitarbeitern den bestmöglichen Service rund um den Computer zu bieten. Denn ganz gleich, wie groß unser Unternehmen noch wird, der individuelle und persönliche Umgang mit dem Kunden soll nicht verlorengehen." Und Initiator Friedrich träumt davon, einmal einen Konzern wie Daimler-Benz zu betreuen. "Das wäre eine Riesensache." (bk)

Das "Headquarter" von Friedrich & Partner, ein unscheinbares Wohnhaus in Unterhaching. Auf dem Klingelschild steht schlicht: B. Friedrich.

Der erste Termin steht an . Benjamin Friedrich (links) und Holger Kropf sind startklar.

Die Youngster im Einsatz: Ein NT-Server wird in Betrieb genommen.

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