Querschläger

06.10.1999

Business-PC nicht mehr als ein Werbegag für die mitziehenden Systemhäuser?

Nun ist es also doch soweit. Knapp 40 Händler dürfen mit Microsoft Deutschlands Erlaubnis den Business-PC mit dem begehrten Label vertreiben. Auf der deutschen Homepage der Redmonder sind sie aufgelistet, wobei sich gleich ein paar Minidistributoren als Endkundenlieferanten outen. Was an Hardware hinter der Microsoft-Verpackung steckt, wird nicht verraten, nur mit der beigelegten (OEM?) Software wird geprotzt wie zu besten Escom-Zeiten. Bei den vielen Office-Paketen auf Halde kein Wunder, die Händler sollten aus vorherigen Aktionen (Win95/98) gewarnt sein. Features, Highlights ohne Ende. Stellen Sie sich vor, Sie können den Microsoft-Business-PC sofort für die Arbeit im Unternehmen nutzen, ist das nicht fortschrittlich, alles ist bereits installiert. Alles? Ach du lieber Gott, doch nicht etwa Workstation 4.0 mit genauso vielen Servicepacks? Nicht nur das, auch von Office 97 Small Business ist die Münchner Dependance voll des Lobes. Ist das nicht das Paket, in dem Outlook 97 enthalten ist? Jedenfalls schweigen sich darüber die Anbieter aus, nur keine Erinnerungen wecken. Internet Explorer 4 wird sicherheitshalber angeboten, ist wohl aber nur zum Offline-Betrieb gedacht - oder hat sich Microsoft etwas Spezielles für die Kommunikation ausgedacht. Modem oder gar ISDN? Fehlanzeige!

Sie nutzen Software, die aus einer Produktfamilie kommt und perfekt aufeinander abgestimmt ist, so der O-Ton Microsoft. Wenn sonst nichts installiert wird, sicher richtig. Und wozu braucht man heutzutage schon Pentium III, USB-Anschluß, Partitionen über zwei Gigabyte, Fat32 oder DVD-Unterstützung? Der PC ist natürlich jetzt schon Windows-2000-fähig, die meisten kaufmännischen Anwendungen für einen Geschäftsrechner sind es jedenfalls nicht. Ein prima Schutz für Ihre Investition, wo doch jeder weiß, daß ein PC nur für die derzeitigen Aufgaben geeignet ist und war. Was ist, wenn Intel wieder mal den Sockel wechselt? Die Kiste jedenfalls noch nicht abgeschrieben, steuerlich.

Die Preisgestaltung ist auch noch ein großes Geheimnis, allein die Entwicklungskosten durch die garantierte Verwendung von Standardkomponenten. Sind deren Kunden wirklich so bescheuert? Einer der Anbieter, ein Direktversender (!), hat das Teil noch nicht einmal in seiner Preisliste. Wenn die ganze Aktion nicht mehr ist als ein Werbegag für die mitziehenden Systemhäuser, die bestimmt Ihren Beitrag für das Developer-Netzwerk geleistet und noch ein paar andere kostspielige Schulungen für demnächst veraltete Betriebssysteme hinter sich gebracht haben, so soll es mir recht sein. Wenn Windows 2000 irgendwann tatsächlich erscheint und auf Aldi-PCs vorinstalliert ausgeliefert wird, werden einige Einkäufer rote Ohren bekommen, da sie erklären müssen, warum sie für die alte Gurke damals einen Haufen Geld bezahlt haben. Small-Business-PC kann jeder Computer sein, auf dem Word und Excel läuft, ein flotter 486er oder ein gebrauchter Pentium hat das Zeug dazu. Wer zum Briefe schreiben mehr als 2.000 Mark für einen neuen Rechner ausgibt, sollte eine Abmahnung erhalten, wer einen Geschäftsrechner im Online-Shop kauft, zum Arzt geschickt werden. Den kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland, anscheinend mit Geld und Werbung überhäuft, fehlt es vor allem an Wissen, um zu überleben, weniger an einem Business-PC von Microsoft und Co.

Mein Fazit: Liebe Microsoft, laßt es doch, wie es war. Wir kümmern uns um die Hardware, und Ihr versucht, Eure Software einigermaßen funktionsfähig zu bekommen.

Bis demnächst, Euer Querschläger!

Der ComputerPartner-Autor "Querschläger" ist ein Fachhändler aus Rheinland-Pfalz.

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