SAP rangelt mit Soft-M

08.04.2004
Das Softwarehaus DCW hat in Deutschland viele Kunden unter Vertrag. Nachdem SAP die DCW aufkaufte, versuchen die Walldorfer, aber auch AS/400-Spezialisten, diese für sich zu gewinnen - bislang erfolglos. Von ComputerPartner-Redakteur Eberhard Heins

Der Countdown für die DCW-Kunden läuft: SAP hat die ERP-Software von DCW für den 1. Juli 2004 abgekündigt. Ab dann entwickelt die SAP-Tochtergesellschaft das Anwendungspaket nicht mehr funktional weiter, abgesehen von den gesetzlich erzwungenen Änderungen. Wartung leistet das von dem einstigen SAP-Mitarbeiter Claus Wellenreuther gegründete Softwarehaus noch bis 2008.

Dafür versuchen die Walldorfer zusammen mit ihrer Systemhaus-Tochtergesellschaft Steeb den DCW-Anwendern ihre ERP-Pakete schmackhaft zu machen. Doch bislang beißt die Klientel nicht an.

Beratungskosten sind zu hoch

Das ist kein Wunder. Der Arbeitskreis der DCW-Anwender begeistert sich bislang nur mäßig für die Offerte. Aus einem ComputerPartner vorliegenden Protokoll geht hervor: "Wir sind an einem längerfristigen Einsatz (über 2008 hinaus) der DCW-Software interessiert." Vor allem die hohen Beratungskosten der Walldorfer sind der DCW-Gemeinde ein Dorn im Auge: "Während die bisher vorgestellten Lizenzmodelle diskussionsfähig sind, erscheint der Aufwand für die Beratungsleistungen, die Migration sowie die Umstellung der DCW-Basis nicht bezahlbar."

Davon will das Softwarehaus Soft-M profitieren. Die Münchener bieten den größeren Kunden aus der DCW-Anwenderschaft die "Finance-Module" aus ihrer ERP-Suite an. Die Komponenten laufen auf der AS/400 (jetzt I-Series), lassen sich aber auch unter Windows und ab dem dritten Quartal unter Linux einsetzen. Der kleineren DCW-Klientel offeriert Soft-M die Rechnungwesen-Anwendungen ihrer Tochtergesellschaft Schilling-Software aus Bremen, die jedoch nur auf den IBM-Rechnern laufen. "Wer sich für uns entscheidet, entscheidet sich für ein Produkt und nicht für eine Strategie", betont Ralf Gärtner, Vorstand Marketing und Vertrieb bei Soft-M.

Bislang überzeugte allerdings auch die Soft-M-Offerte die DCW-Kunden nicht: "Wir haben noch kein DCW-Unternehmen auf unsere Softwarepakete migriert", räumte Gärtner zum Redaktionsschluss ein. Gleichzeitig stellt der Soft-M-Chef aber für die nächste Zukunft erste Migrationsprojekte bei DCW-Anwendern in Aussicht.

Meinung des Redakteurs

Dass die Walldorfer mit Wolfgang Kemna den jetzigen Geschäftsführer des SAP-Systemhaus Steeb an die Spitze von DCW setzten, verdeutlicht, dass der Software-Riese nicht gewillt ist, die vermeintliche Beute zu teilen. Die hohen Beratungssätze von SAP schrecken viele Mittelständler jedoch ab. Andererseits bieten die Walldorfer hohe Investitionssicherheit und somit eine gerade bei ERP-Projekten erforderliche langfristige Perspektive.

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