Standpunkt

22.04.1999

Seit vier Jahren basteln Distributoren an Online-Bestellsystemen. Jedes Jahr sollen sie noch besser, noch komfortabler, noch schneller sein. Doch wenn die Tools wirklich so viele Vorteile bieten, wie von den Großhändlern behauptet, warum stürzen sich ihre Kunden dann nicht darauf? Warum beißen sie nicht an, wenn die Distis beim E-Commerce die Frachtkosten halbieren, bessere Preise und Online-Schnäppchen versprechen? Ganz einfach: Weil die Bestell-Lösungen, egal ob online oder offline, noch weit vom Idealzustand entfernt sind. Die Großhändler nutzen die Vorteile, die Online-Bestellsysteme bieten könnten, nicht aus. Bei den meisten krankt es schon daran, daß diese nicht an das Warenwirtschaftssystem des Distributors angeschlossen sind. Doch erst dann kann man von E-Commerce sprechen. Und erst dann wird wirklicher Nutzen für den Handel erzeugt, weil er die Warenverfügbarkeit und seine individuellen Preise online abrufen kann. Und noch mehr: Das gesamte Reparaturhandling kann mit ein paar Handgriffen angestoßen werden, der Wiederverkäufer sieht seinen Backlog, kann den Warentransport verfolgen, und er weiß, wie weit sein Kreditlimit ausgeschöpft ist - ohne zum Telefonhörer greifen zu müssen. Erst wenn diese Informationen aktuell übers Netz abrufbar sind, werden elektronische Bestellsysteme vom Fachhandel stärker akzeptiert werden.Von der vielbeschworenen "E-Business-Gesellschaft" ist die deutsche Distributionslandschaft jedenfalls noch sehr weit weg. Daß elektronische Bestellsysteme langfristig stärker eingesetzt werden, hat aber Sinn. Denn wenn die Kette "Hersteller - Distributor - Wiederverkäufer" elektronisch interagiert, können alle Beteiligten enorme Kosten sparen. Rosettanet, eine Initiative amerikanischer Distributoren, die innerhalb von zwei Jahren Standards zum elektronischen Datenaustausch schaffen will, schätzt, daß zwei bis vier Prozent des Umsatzes eines Handelshauses durch nicht-koordinierte Datenanbindung in der Lieferkette verloren gehen. Die Prozeßkosten für die Bestellabwicklung könnten um die Hälfte reduziert werden. Bislang ist E-Business also noch Zukunftsmusik, der Kostendruck wird das sicherlich ändern.

Ingrid Schutzmann

ischutzmann@computerpartner.de

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