Umfrage zu Remote-Access-Systemen

08.06.1998

MÜNCHEN: Interviews mit Fachhändlern belegen, daß Windows- NT-basierende Remote Access-Server (RAS) zunehmend an Sympathie gewinnen. Proprietäre Lösungen sind einigen Systemhäusern nicht mehr flexibel genug, meint *Dr. Detlef Sandern von der PR-Agentur PR-Com.Mußten Unternehmen früher nur eine begrenzte Anzahl von Remote-access-Zugängen installieren, benötigen heute immer mehr Außendienstmitarbeiter und Teleworker den Zugang zum Firmen-Lan. Überdies neigen Firmen dazu, leitenden Angestellten und technischen Mitarbeitern einen Fernzugriff auf interne Daten zur Verfügung zu stellen: von überall und rund um die Uhr. Dieser Bedarf schafft einen riesigen Markt - insbesondere für offene Systeme, die flexibel, gut skalierbar und leicht zu administrieren sind. Denn kaum ein Unternehmen ist heute noch bereit, sich einem einzelnen Anbieter auszuliefern oder in Abhängigkeit von proprietären Herstellern zu geraten.

Prorietäre Lösungen bringen unkalkulierbare Risiken

So lehnt beispielsweise Cord Lange, Geschäftsführer von Tangram Systems in Hamburg, proprietäre Lösungen generell ab, da damit sowohl für das Systemhaus als auch für den Endkunden unkalkulierbare Risiken verbunden sind: "Heute kann kein Mensch sagen, wie sich der Markt entwickeln wird und was passiert, wenn der Hersteller proprietärer Lösungen vom Markt verschwindet. Die Abhängigkeit von Anbietern und Lieferanten proprietärer Remote-access-Server ist einfach zu groß." Diese Einschätzung teilt auch Ottmar Konrad von der Technischen Geschäftsleitung der JK-Computer GmbH in Dörth bei Koblenz: "Hersteller kommen und gehen, und wenn einer verschwindet, muß Ersatz verfügbar sein. Deshalb wollen wir keine In-the-box-Lösungen, sondern sind für den Einsatz von Marktstandards, die den Anschluß weiterer, offener Geräte ermöglichen."

Händlerumfrage erhörtet den Trend zu Windows NT

Diese Entwicklung bestätigten 221 deutsche Systemhäuser, unabhängige Softwarehersteller und Händler, die die Münchner PR-Agentur PR-Com im Auftrag des Herstellers Rascom in Dortmund zum Thema "Remote-access-Server" befragte (siehe Grafik, Seite 70).

Die Unterstützung von Marktstandards wie gängige Hardware, verbreitete Protokolle, das Betriebssystem Windows NT und sonstige Standardkomponenten, wurde von den Befragten mit der höchsten Priorität bewertet. Jürgen Aretz, Mitglied der Geschäftsführung und Vertriebsleiter bei März-EDV-Datennetze in Essen, bekräftigt diese Tendenz: "Um Komplikationen in der Kommunikation zu verhindern, fragen unsere Kunden zunehmend nach offenen, auf einheitlichen Standards basierenden Lösungen. Da diese Partner allem Proprietären ablehnend gegenüberstehen, verkauft unser Systemhaus fast nur noch offene RAS-Systeme. Hier hat eine regelrechte Bewußtseinsänderung eingesetzt."

Fast genauso wichtig wie die Unterstützung von Marktstandards ist die

einfache Integration der RAS-Systeme in bestehende DV-Landschaften. Dies dokumentiert auch die Bedeutung dieser Standars, denn nur offene Remote-access-Systeme lassen sich reibungslos in existierende Netzwerke einbinden. Martin Runde, Product Marketing Manager beim Rascom-Partner Lange Communications in Lippstadt bei Paderborn, unterstreicht diesen Zusammenhang: "Geräte, die auf anerkannten Industriestandards und gängigen Lan- und Wan-Technologien basieren, bieten gegenüber proprietären Systemen den Vorteil der problemlosen Integration in bestehende Netzwerke. Die Verwendung von Standard-Netzwerkkarten erlaubt die Anpassung an die unterschiedlichen Netzwerktopologien wie Ethernet, Fast Ethernet, Token-ring, FDDI oder ATM. Insbesondere trägt auch die Serverplattform Windows NT und die Verwendung von Microsofts RRas dazu bei, die wichtigsten Client-Betriebssysteme Windows 95 und Windows NT optimal zu unterstützen."

Proprietäre Systeme erfordern einen ganzen Netzwerkmann

Benutzeroberfläche, Bedienung und Verwaltung sind bei proprietären Systemen oft sehr komplex, zeit- und kostenaufwendig. Sie erfordern in der Regel einen eigenen Wan-Administrator. Damit ist der Einsatz bei mittelständischen und kleinen Unternehmen praktisch ausgeschlossen: Ein kritisches Thema für Systemhäuser, denn die wachsende Nachfrage nach Remote-access-Systemen läßt sich mit proprietären Lösungen nur unzureichend befriedigen. Moderne, offene Remote-access-Server hingegen setzen auf ein verbreitetes Betriebssystem wie Windows NT auf und verfügen über eine gewohnte Benutzeroberfläche. Manfred Kuhl, Innendienstleiter und zuständig für den Vertrieb bei der Behrens GmbH in Münster, erklärt hierzu: "Um die Administration zu erleichtern und um Restriktionen zu vermeiden, brauchen wir Systeme, die mit Windows NT zusammenarbeiten. Hier gestaltet sich die Bedienung über allgemein bekannte Benutzerschnittstellen am einfachsten, was besonders der Problemlösung zu Gute kommt. Das ist enorm wichtig, um unseren Kunden optimale Unterstützung und Service zu gewährleisten."

Keine Bindung an einen einzigen Hersteller mehr

Auch beim Aspekt der Zukunftssicherheit kommt es den Systemhäusern auf Offenheit gegenüber Erweiterungen mit fremden Applikationen an. Joachim Mansky, als Projektleiter verantwortlich für die Einführung neuer Soft- und Hardware bei der Postbank Data GmbH in Bonn, sagt hierzu: "Proprietär ist immer gleichbedeutend mit Hersteller-abhängigkeit und geht einher mit Entwicklungsungewißheit und hohen Umstellungskosten. Insofern bieten proprietäre Lösungen keine Investitionssicherheit. Deshalb geht der Trend eindeutig hin zu offenen Systemen, die auf Standardhardware und Standardbetriebssystem wie Windows NT basieren. Windows NT ist aus heutiger Sicht klar eine der Plattformen der Zukunft."

Zur schnellen Verfügbarkeit neuester Technologien äußert sich Cord Lange von Tangram Systems: "Hersteller offener Lösungen sind mit neuen, durchdachteren und somit besseren Systemen eindeutig schneller am Markt vertreten als die Anbieter von Closed-box-Lösungen wie beispielsweise Novells MPR." Anne Kulessa, zuständig für Marketing Product Management bei dem Kommunikationssoftware-Spezialisten Wick Hill in Hamburg, hält diesen Aspekt ebenfalls für wichtig: "Für uns trägt das Betriebssystem Windows NT maßgeblich zur Offenheit bei. Windows NT hat sich zum Standard entwickelt und bietet den großen Vorteil, daß Zusatzprodukte eher verfügbar sind. Unsere Kunden wollen keine langen Wartezeiten in Kauf nehmen und verzichten deshalb auf Insellösungen."

Markenbewusstsein kaum ausgeprägt

Als weniger wichtig werden die Fachhändler Image und Bekanntheitsgrad der Anbieter von Remote-access-Servern beurteilt. Kein Wunder: Sind Systeme offen, spielt es - wie im PC-Markt - im Prinzip keine Rolle, welcher Hersteller sie offeriert. Dies bestätigt auch Anne Kulessa: "Im Handelskanal muß man flexibel sein und immer mehrere Lösungen anbieten können. Deshalb interessieren wir uns weniger für den Namen des Produzenten, sondern vielmehr für die Offenheit eines Produkts." Ottmar Konrad, JK-Computer in Dörth bei Koblenz, fügt hinzu: "An erster Stelle wünschen unsere Kunden Flexibilität und Investitions

sicherheit. Um diese Bedürfnisse befriedigen zu können, muß die Kommunikation zwischen verschiedenen Brands funktionieren: Dabei hat der Name eines Herstellers keine große Bedeutung."

Überraschend dürfte sein, daß der Produktpreis als nicht besonders wichtig erachtet wird. Der von Großunternehmen geprägte Markt richtet sich offenbar immer noch an teuren, proprietären Systemen aus, für die Anwender es gewohnt sind, tief in die Tasche zu greifen. Thomas Lambert, Leiter des Produktmarketing bei der Neef Elektrotechnik GmbH & Co. in Karlsruhe, einem Systemhaus für Gebäude- und Kommunikation-stechnik, meint dazu: "Kunden orientieren sich in erster Linie an Marktstandards und weniger am Preis. Deshalb lassen sich - unabhängig von den Kosten - proprietäre Lösungen kaum noch vermitteln."

* Dr. Detlef Sandern PR-Com, Martinsried bei München.

Jürgen Aretz, Mitglied der Geschäftsführung und Vertriebsleiter bei März-EDV-Netze: "Unsere Kunden fragen nach offenen, auf einheitlichen Standards basierenden RAS-Lösungen."

Anne Kulessa ist Marketing Product Managerin bei Wick Hill Kommunikationstechnik GmbH: "Windows NT bietet den Vorteil, daß Zusatzprodukte eher verfügbar sind."

Thomas Lambert, Leiter des Produktmarketing bei der Neef

Elektrotechnik GmbH & Co.: "Proprietäre Lösungen lassen sich kaum

noch vermitteln."

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