Und führe uns nicht in Versuchung

30.11.2000
Das Internet ist als Arbeitswerkzeug nicht mehr von deutschen Büroschreibtischen wegzudenken. Nun werden zunehmend Stimmen laut, die Internet-Nutzung durch so genannte Internet-Filter einzuschränken. John Thompson, CEO von Tool-Hersteller Symantec, im Gespräch mit ComputerPartner über die Notwendigkeit, das Internet zukünftig in einem professionelleren Licht zu sehen.

Gönnen Arbeitgeber ihren Mitarbeitern nicht den Chat am Nachmittag?

Thompson: Der Ruf nach einer regulierten Internet-Nutzung ist pure wirtschaftliche Notwendigkeit. In einer FBI-Studie haben 97 Prozent aller befragten Mitarbeiter zugegeben, während der Arbeitszeit auch privat zu surfen. Gerade in Europa interessiert sich kaum ein Arbeitgeber dafür, was ein Kollege im Internet genau macht. Vielmehr geht es ihm um den enormen Kostenfaktor, der sich aus den reinen Kommunikationskosten und dem Produktivitätsausfall zusammensetzt.

Datenschutz wird gerade in Deutschland besonderes großgeschrieben. Ist Big Brother bald in jeder Amtsstube und jedem Büroalltag?

Thompson: Die Kontrolle des einzelnen ist völlig uninteressant. Wenn Sie als Geschäftsführer darüber nachdenken, allen Mitarbeitern einen ungeregelten Internet-Zugang einzurichten, und gleichzeitig die Hitliste der aufgerufenen Seiten während der Arbeitszeit von den Themen Sport, Nachrichten, Börse, Einkaufen und Pornografie angeführt wird, machen Sie sich auch über die damit verbundenen Kosten Gedanken. Innerhalb nur eines Monats entstand beispielsweise bei IBM, Apple und AT&T durch das Aufrufen einer einzigen Web-Seite (www.penthouse.com) ein Umsatzausfall von 316.862 Dollar und ein Ausfall von 350 Manntagen Arbeitszeit. Damit muss jedem Zweifler deutlich werden, dass es sich nicht um das gelegentliche Surfen handelt, das die meisten Arbeitgeber sowieso tolerieren.

Das Internet wird als Allgemeingut angesehen. Kein Mitarbeiter wird akzeptieren, dass auf einmal kontrolliert wird, wohin und wie lange er surft.

Thompson: Sie können von einem Mitarbeiter, dem Sie einen Porsche mit Zündschlüssel und vollem Tank direkt vor das Büro stellen, nicht erwarten, dass er von sich aus den Wagen stehen lässt und mit der U-Bahn nach Hause fährt. Wir müssen in den Köpfen der Kollegen einen Bewusstseinswandel in Gang setzen. Ein Büro-PC und die Standleitung ins Netz sind genau wie der Telefonanschluss und die Frankiermaschine Arbeitsmittel, die überwiegend für die berufliche Aufgabe genutzt werden sollen. Kein Mitarbeiter erwartet von seinem Chef, ein Playboy-Abo spendiert zu bekommen. Aber er erwartet, dass stundenlanges Moorhuhnjagen oder das Herunterladen von sehr großen Musikdateien toleriert wird.

Wie wollen Sie das einem Benutzer erklären, der seit Jahren unbegrenzt surft und das auf einmal nicht mehr darf? Es wird doch wahrscheinlich sehr schnell zum Sport werden, diese technischen Einschränkungen zu umgehen.

Thompson: Die Einführung einer Internet-Filter-Lösung kann nur funktionieren, wenn sie in eine Aufklärungskampagne eingebettet ist. Der Mitarbeiter muss verstehen, dass er nicht kontrolliert werden soll. Oftmals gibt es gar keine offizielle Direktive für den Umgang mit dem Arbeits-PC. In vielen Fällen ist die Möglichkeit, den Internet-Zugang durch eine Filter-Software zu regulieren, erst die Voraussetzung dafür, allen Mitarbeitern einen Zugang zu ermöglichen, weil so die Kosten nicht ausufern. Wer seinen Mitarbeitern die Angst nimmt, überwacht zu werden, und offen über die Beweggründe spricht, stößt fast immer auf Verständnis.

Wie sieht die rechtliche Situation in Deutschland aus?

Thompson: Da es sich um eine noch sehr junge Technologie handelt, gibt es bisher keine einschlägigen Gesetze und nur wenige Grundsatzurteile. Klar ist jedoch, dass der Gesetzgeber die Notwendigkeit zur Eindämmung des privaten Missbrauchs von Arbeitsmitteln unterstützt, wie er es bereits beim Telefonieren tut. Der Arbeitgeber darf betriebliche Abläufe regulieren und kontrollieren. Die Persönlichkeits- und Datenschutzrechtsbestimmungen müssen gewahrt werden. In der Regel schafft der Arbeitgeber die nötigen Voraussetzungen, wenn er den Arbeitnehmer über die Kontrollmaßnahmen vorab informiert und gegebenenfalls der Betriebsrat zustimmt. Eine entsprechende Klausel gehört außerdem in den Arbeitsvertrag.

www.symantec.de

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