Underperformance und schlechtes Firmenimage

15.04.1999

MÜNCHEN: Gründe, warum der Kurs "abschmiert", wie es im Börsenjargon heißt, gibt es viele. Was bedeutet es jedoch für ein Unternehmen, wenn die Aktie für längere Zeit in den Keller geht?"Ist der Ruf erst ruiniert, lebt's sich völlig ungeniert." Dieses geflügelte Wort von Wilhelm Busch mag zwar für leichtlebige Zeitgenossen gelten - in der Wirtschaft haben Firmen mit schlechtem Image allerdings ein Problem. Das gilt insbesondere für kleine börsennotierte Unternehmen, deren Kurs kräftig nach unten durchfedert.

Zunächst gibt es eine Reihe von Gründen, die zu einem Kurseinsturz führen können, etwa die schlechte wirtschaftliche Gesamtlage, steigende Zinsen oder internationale Krisen. Die Ursachen können allerdings auch bei den Unternehmen selbst liegen - sei es eine geplatzte Übernahme, eine Umsatz- und Gewinnwarnung oder ein Bug in einem Software-Release.

Was heißt es jedoch für ein Unternehmen, wenn der Kurs nicht nur eine temporäre Schlappe erleidet, sondern im Vergleich zum Index oder zu Unternehmen aus der gleichen Branche deutlich hinterherhinkt?

Kreditkonditionen verschlechtern sich

Negative Unternehmensschlagzeilen machen zum einen die Fremdkapital-geber hellhörig. "Wenn die Bonität sinkt, verschlechtern sich die Kreditkonditionen schlagartig", weiß Sven Oleownik von der Münchner Unternehmensberatung Wieselhuber & Partner. Im Einzelfall müssen Unternehmen dann mit höheren Zinsen rechnen, beispielsweise bei Kreditverlängerungen oder bei Neuverhandlungen mit Banken.

Eine schlechte Kurs-Performance kann aber auch negative Auswirkungen auf die Kundenbeziehungen haben. Insbesondere bei kleinen Firmen fragen sich Kunden dann sehr schnell, ob das Unternehmen möglicherweise nicht so leistungsfähig ist oder sich in ernsthaften Schwierigkeiten befindet. "Wenn sich ein Unternehmen heute für eine ERP-Lösung von SAP, Peoplesoft oder Baan entscheidet, werden bei Baan ganz andere Fragen gestellt als noch vor zwei Jahren", macht Oleownik deutlich. Nicht selten denken Kunden bei langfristigen Verträgen durchaus an Rücktritt.

Auch die Beziehung zu Lieferanten gestaltet sich bei ernsthaften Kursschwierigkeiten zunehmend schwieriger. "Das mag bei Software-Unternehmen nicht so kriegsentscheidend sein, aber bei einem Systemhaus, das stark von Hardwareherstellern abhängig ist, kann das durchaus ein Problem sein", erklärt der Unternehmensberater. Werden schließlich obendrein noch die Zahlungsziele verkürzt, könnten Unternehmen im Extremfall Liquiditätsprobleme bekommen. "Kapital, das ein Unternehmen für die Finanzierung seiner Expansion braucht, fehlt dann an anderer Stelle."

Nicht zuletzt wird ein Unternehmen mit sehr niedriger Kurs-Performance auch für die Mitarbeiter zunehmend unattraktiv. Oleownik warnt:

"Stock-option-Pläne und Mitarbeiterbeteiligungsmodelle greifen nicht mehr." Die Gefahr, daß gute Mitarbeiter das ins Schlingern geratene Unternehmen verlassen, ist aufgrund des Fachkräftemangels in der IT-Branche besonders groß. Andererseits haben Unternehmen mit angeschlagenem Image zwangsläufig bei der Personalrekrutierung schlechte Karten.

Transparenz ist gefordert

Angesichts dieser Fülle an negativen Auswirkungen kommt gerade auf die Banken aufgrund ihrer Betreuerfunktion eine wichtige Aufgabe zu. "Immer dann, wenn ein Unternehmen in Schwierigkeiten gerät, ist Transparenz gefordert", lautet die Empfehlung von Hans-Heinz Torbitz; Leiter Corporate Finance bei der DG Bank in Frankfurt. Wichtig ist für Firmen vor allem, die Gründe für die Underperformance klar darzulegen. Durch funktionierende Investor Relations sind außerdem die Konsequenzen, die daraus gezogen werden, nach außen zu kommunizieren. "Ein Unternehmen muß sich in dieser Situation offen und fair zeigen. Nur dann sind Anleger bereit, wieder einzusteigen", so der DG-Banker. (god)

Auch tierliebe Börsianer können den Bären nicht recht leiden.

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