Unternehmensfinanzierung durch Eigenkapital

22.10.1998

BAD HOMBURG: Die Eröffnung des Neuen Marktes in Frankfurt hat Schwung in die deutsche Venture-Capital-Szene (VC) gebracht. Bei der Wahl der Risikokapitalgesellschaft sollten Existenzgründer jedoch einen genauen Blick auf Fachkomptenz, Referenzen und Finanzierungsnetzwerke des Investors werfen. Informationen zum Thema Venture Capital gibt im folgenden Artikel die Technologieholding VC GmbH."Viele Jungunternehmer unterschätzen sowohl mögliche positive als auch negative Einflüsse der Kapitalgeber", erklärt Jochen Witte, Gründer und Geschäftsführer der Hamburger Poet Software GmbH. An dem Start-up ist derzeit eine VC-Gesellschaft beteiligt. "Es kommt darauf an, daß nicht nur Eigenkapitalbedarf und Finanzierungslösung, sondern auch die unternehmerischen Ziele übereinstimmen", stellt Witte heraus.

Voraussetzung für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen VC-Geber und Unternehmensgründer ist, daß der Investor sein Eingreifen als kontinuierliche unternehmerische Betreuung versteht.

"Ich kann allen Jungunternehmern, die nach Eigenkapitalgebern suchen, nur empfehlen, eine Finanzierungsgesellschaft nicht ausschließlich nach der Abdeckung des Finanzbedarfs auszusuchen", sagt Stephan Schambach von der Intershop Communications AG. Das seit zweieinhalb Jahren VC-finanzierte E-Commerce-Unternehmen ging im Juli dieses Jahres an die Börse.

"Entscheidend ist, daß die Kapitalgeber nicht nur ihre Exit-Strategie (Ausstieg nach dem Börsengang) im Sinn haben, sondern bereits während der Gründungsphase ihr Know-how einbringen", resümiert Schambach. Deshalb sollte eine Beteiligungsgesellschaft nicht nur auf den Gebieten Bridge-Finanzierung und Börsengang kompetent sein, sondern auch über ein Netzwerk an internationalen Kontakten verfügen.

Wichtige Regeln für die Unternehmensfinanzierung sind:

Acht Tips für den Umgang mit VC-Gesellschaften

-Auswahl der VC-Gesellschaft: Dabei ist ein Blick in eine möglichst vollständige Referenzliste aller aktuellen Beteiligungen der Gesellschaft wichtig. Recherchen sollten zu den Punkten Professionalität, Branchen- und Fachkenntnisse sowie zur Bereitschaft zu Nachfinanzierungen angestellt werden. Da die Verbindung zwischen Gründer und Risikokapitalgeber sehr eng sein wird, sollte die Auswahl sorgfältig und gut überlegt erfolgen. Nach dem ersten Kontakt kann es drei bis sechs Monate dauern, bis ein Vertrag unterzeichnet wird.

ÔGeschäftsplan: Bereits beim ersten Kontakt mit dem ausgewählten VC-Geber sollte ein detaillierter Geschäftsplan mit folgenden Punkten vorliegen:

- Kurze Zusammenfassung des

Unternehmenskonzepts ("Executive Summary"),

- Informationen über die Gründer (Branchen-Know-how, Management-Erfahrung),

- Produktkonzept,

- Marktbeschreibung,

- Personal- und Produktplanung

sowie

- Finanzplanung.

Entscheidend für die VC-Gesellschaft ist ein ausgefeiltes Produktkonzept mit einer klaren Analyse

der Wettbewerbsvorteile in einem attraktiven Wachstumsmarkt.

-Vertragsgestaltung: Ein VC-Vertrag sollte die Mitspracherechte des neuen Partners und die Informationspflichten des Unternehmens beinhalten. Es ist nicht gerade üblich, bereits beim ersten Vertrag die Beendigung des Engagements der Geldgeber (Rückkauf, Verkauf an Dritte oder Börsengang) vertraglich festzulegen. Vielmehr kommt es darauf an, gemeinsame Ziele zu definieren.

Für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Investor und Unternehmensgründer sind Vertrauen und Partnerschaft angesagt. Auch hier empfiehlt es sich, vorher Referenzen zu Beteiligungen und der Art der Vertragsauslegung einzuholen. Manche Financiers tendieren dazu, mit Winkelzügen den Vertrag auf Heller und Pfennig auszupressen.

-Kommunikation: Unternehmensgründer sollten auf regelmäßige Treffen mit den Eigenkapitalgebern drängen. Damit zwingt sich die Unternehmensführung zu regelmäßigen finanziellen Kontrollen. Gleichzeitig können die Gründer von der Management-Erfahrung der VC-Gesellschaft profitieren.

-Expansionsstrategie: In der Expansionsphase werden die Weichen für das zukünftige Wachstum gestellt. Schnelles Wachstum ist aber nur mit einer ausreichenden Kapitaldecke möglich. Auch hier ist das Know-how der VC-Geber wichtig.

-Internationalisierung: Die frühzeitige internationale Ausrichtung ist insbesondere im IT-Bereich essentiell. Bei immer kürzeren Produktzyklen ist ein schneller Zugang zu Auslandsmärkten unverzichtbar. Start-ups sollten sich eine VC-Gesellschaft mit einem internationalen Netz suchen, die bei der Markterschließung und Partnersuche im Ausland hilft.

-Börsengang: Going Public gilt als Königsweg, um das Wachstum langfristig zu finanzieren. Gleichzeitig bietet die Börse den Gründern die Chance, Kapital anzuhäufen. Auch hier sollten die VC-Geber nicht nur finanzielle Reserven, sondern auch ihre Erfahrungen einbringen.

Weitsichtige Gründer fragen frühzeitig nach der Finanzkraft und Bereitschaft für weitere VC-Runden, um auch die Börseneinführung finanziell abzusichern. Wichtig für einen erfolgreichen Börsengang ist außerdem, daß die VC-Gesellschaft nicht von vornherein auf ein bestimmtes Börsenkonzept und Bankenkonsortium festgelegt ist. Denn das kann die Erfolgsaussichten für die Aktie und das Unternehmen erheblich schmälern.

-Dauer der Beteiligung: Die zeitliche Dauer der VC-Beteiligung läßt sich nicht im voraus festlegen. Sie hängt von der Unternehmens- und Marktentwicklung ab. Allerdings sollte die Beteiligung bei einem Unternehmen aus der Informations- und Kommunikationsbranche nicht länger als fünf bis acht Jahre dauern.

In den folgenden ComputerPartner-Ausgaben folgen aus gleicher Quelle Artikel zu Finanzierung, AG-Umwandlung und Börsengang.

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