Vier Alternativen zu Microsofts Office-Paket

14.11.2002
Sun verkauft mit "Star Office" ein Büropaket, das sich zunehmender Beliebtheit erfreut. Vor allem seine Kompatibilität zu Microsoft macht die Applikation zu einem ernst zu nehmenden Wettbewerber. Auch IBMs "Lotus Smart Suite" und Corels "Word Perfect" behaupten sich weiterhin auf dem Markt.

Spätestens seit dem Tag, an dem Microsoft seine neue Lizenzpolitik bekannt gab, suchen Unternehmen nach Alternativen zur Software der Redmonder. Viele Kunden wollen oder können die teuren Office-Lizenzen nicht mehr bezahlen. Dabei mangelt es keineswegs an interessanten Produkten auf dem Markt für Büro-Suiten. Seit dem Kauf der Firma Star Division im August 1999 bietet Sun Microsystems die Software "Star Office" an. Mehr als eine Million Lizenzen verkaufte Sun weltweit, seit im Mai dieses Jahres die erneuerte Version 6.0 in die Läden kam. In Deutschland setzte das Unternehmen bis dato rund 100.000 Lizenzen ab.

Bisher war Star Office als Open Source kostenlos über das Internet erhältlich. Für die aktuelle Version 6.0 verlangt Sun jetzt Geld, wenn auch im Vergleich zu anderen Suiten relativ wenig. Für 89,95 Euro erhält der Kunde ein Paket, bestehend aus Applikationen für Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, Präsentation und Grafik sowie einer Datenbank.

Gartner prognostiziert für Star Office bis Ende 2004 einen Anteil von zehn Prozent am weltweiten Office-Markt allein für Windows-Betriebssysteme. Der Marktforscher sieht in Star Office den stärksten Wettbewerber für das MS-Office-Paket. Ein großer Pluspunkt der aktuellen Version ist, dass sie auch Microsofts Word-Dateien, Excel-Tabellen und Power-Point-Präsentationen lesen und als Microsoft-Dokumente speichern kann. Gartner sagt, die Kompatibilität sei nicht unbedingt perfekt, aber für verschiedene Anwender vollkommen ausreichend.

Star Office birgt kleine, aber angenehme Features

Die Software ist plattformunabhängig, verträgt sich also nicht nur mit dem Sun-Betriebssystem Solaris, sondern auch mit Linux und Windows. Darüber hinaus verfügt Star Office über "kleine, aber angenehme Features", wie Richard Mayr, Vorstandsvorsitzender von R2R, verrät. Der Sun-Partner verkauft seit drei Monaten das Star-Office-Paket und machte bisher gute Erfahrungen damit: "Der Verkauf entwickelt sich zu einem attraktiven Geschäft", so Mayr.

Für den unternehmensweiten Einsatz von Star Office erarbeitete Sun ein Lizenzmodell, durch das sich die Kosten bereits ab dem Kauf von zehn Lizenzen reduzieren. Schulen und Hochschulen bezahlen lediglich die Kosten für die CD sowie den Versand. Auch Microsoft ging einst diesen Weg und verschenkte seine Software an Bildungseinrichtungen. Böse Zungen behaupten heute, die Gates-Company habe ihren Erfolg dem geschickten Schachzug zu verdanken, Kunden schon während ihrer Ausbildung an das Büroprodukt zu binden.

Eingeschworene Open-Source-Fans können sich weiterhin für die Gratis-Variante "Open Office 1.0" entscheiden. Beide Bürosuiten, sowohl Star Office als auch Open Office, besitzen eine gemeinsame Code-Basis. Mehr als 18 Monate arbeitete die Open-Office-Gemeinde, die unter anderem aus Sun-Mitarbeitern, Entwicklern und End-anwendern besteht, an der Programm-Suite.

Service und Support erhält der Anwender für Open Office allerdings nicht, da ja kein Hersteller einen solchen organisiert. Wer darauf Wert legt, greift doch besser zu Star Office 6.0, für das Sun Microsystems einen kostenpflichtigen Rund-um-die-Uhr-Support und Schulungen anbietet.

Star Office enthält gegenüber der kostenlosen Variante außerdem zusätzliche Funktionen, beispielsweise eine integrierte XML-Datenbank, eine andere Rechtschreibprüfung und spezielle Schriftarten. Weiter unterscheidet ein Qualitäts- und Zuverlässigkeitszertifikat, das Sun für Star Office ausstellt, die beiden Produkte voneinander. Ebenso wie Star Office ist Open Office kompatibel zu Linux, Solaris und Windows. Die englischsprachige Version lässt sich zudem auf dem Mac einsetzten. Verschiedene Unternehmen bieten Schulungen für die Open-Source-Variante an, etwa Christoph Huhn aus Berlin. Über seine Firma Comday berät er überwiegend Krankenhäuser sowie Behörden und schult die Mitarbeiter der Kunden, die sich für die kostenlose Bürosuite entscheiden.

Davon kann Huhn laut eigenen Aussagen ganz gut leben, ohne dafür mit viel Geld werben zu müssen: "Wir betreiben klassisches Guerilla-Marketing" sagt Huhn. Anders als beim Verkauf von Microsoft-Produkten muss er nicht den Großteil seiner Einnahmen an einen Hersteller weiterleiten. Da er rein dienstleistungsorientiert arbeitet, steigern Huhns Einnahmen direkt seinen Gewinn.

Als aktives Mitglied der Open-Office-Gemeinde hostet Huhn einen der Server, von dem aus alle Interessenten die Software herunterladen können. "Insgesamt verzeichnen wir derzeit rund 4.000 Downloads pro Monat im deutschsprachigen Raum", erzählt Huhn. Das sei zwar beachtlich, aber im Vergleich zu Microsofts Office-Verkaufszahlen nicht wirklich viel. Auch wenn Open Office immer ein Randprodukt bleiben wird, erkennt Huhn an den vielen Nachfragen, dass eine Microsoft-Alternative von den Kunden gewünscht und angenommen wird.

Lotus entwickelt weiterhin sein Smart Suite

Über loyale Anwender verfügt das zweitwichtigste MS-Office-Konkurrenzprodukt, die Bürosoftware "Lotus Smart Suite". Vor allem das einst führende Programm für Tabellenkalkulationen "Lotus 1-2-3" ist auch heute noch beliebt.

"Smart Suite Millennium 9.7" beinhaltet neben Lotus 1-2-3 das Textverarbeitungsprogramm "Word Pro", die Datenbank "Approach" sowie die Software zum Erstellen von Präsentationen "Freelance Graphics". Für das Zeit- und Aufgabenmanagement sorgt der "Organizer", Internetunterstützung bietet das "Smart Center", und die Multimedia-Anwendungen verarbeitet die Applikation "Fast Side".

Der einst unabhängige Anbieter Lotus zählt heute samt Smart Suite zur Software Group von IBM. Big Blue will die Suite weiterhin unterstützen, plant aber keine großen Investitionen in die Sache. Ungewöhnlich ist dieser Entschluss jedoch nicht, denn selbst Microsoft will künftig keine revolutionär veränderten Office-Versionen mehr herausbringen. Auch die Redmonder haben mittlerweile eingesehen, dass Software durch ein paar neue Funktionalitäten nicht unbedingt besser und beliebter wird.

Mit einem Preis von rund 250 Euro ist Lotus Smart Suite um weit mehr als die Hälfte billiger als Microsofts Office-Paket. Die Software läuft auf Windows 98, ME, 2000, NT und XP. Des Weiteren ist sie kompatibel zu den ERP-Systemen von SAP, Peoplesoft und J.D. Edwards sowie zu den Datenbanken DB2, Oracle und Sybase.

Anwender der Smart Suite Millennium Edition können auch Dateien lesen, die mit Vorgängerversionen der Lotus-Software erstellt wurden. Das Öffnen von Word-Dokumenten inklusive aus Office XP und Dateien aus Word Perfect ist ebenso möglich. Daneben beherrscht das Programm den Austausch von Dokumenten zwischen Lotus 1-2-3 und Excel sowie zwischen Freelance Graphics und Power Point.

Corels Word Perfect zurzeit nur in englischer Version

Corel entwickelt weiterhin seine beliebte Suite "Word Perfect Office 2002". Zurzeit gibt es zwar lediglich eine englische Version, aber diese scheint immer noch eine ganze Menge treuer Fans im deutschsprachigen Raum zu besitzen. Corel denkt seit einiger Zeit darüber nach, das Office-Paket auch wieder für Deutschland zu lokalisieren. "Gerade im Moment könnte die Chance bestehen, Office-Anwender für Word Perfect zu gewinnen. Microsoft verändert sein Pricing, und die Kunden suchen jetzt nach Alternativen", erklärte Derek Burney, CEO und President von Corel, vor etwa zwei Monaten gegenüber ComputerPartner.

Das einstmals führende Textverarbeitungsprogramm hatte schon von jeher Probleme mit der Kompatibilität zu MS Office und verlor deswegen eine Menge Kunden. Für Anwender, die Dokumente nur unternehmensintern austauschen und keinen Datenkontakt zur Außenwelt benötigen, gibt es allerdings keinen Grund, das Produkt zu wechseln. Seine Stärken entwickelt Word Perfect, wenn es um das Erstellen von langen, komplexen und hochformatierten Texten geht, wie beispielsweise im Rechtswesen oder in der öffentlichen Verwaltung.

Die Word Perfect Office 2002 Standard Edition enthält die neuesten Versionen des Textverarbeitungsprogramms "Word Perfect 10", die Anwendung für Tabellenkalkulationen "Quattro Pro 9", den Informationsmanager "Central 9" sowie die Präsentations- und Zeichensoftware "Presentations 9". Letztere Anwendung ist mit verbesserten Import- und Export-Funktionen für Power-Point-Dateien ausgestattet. Die Professional Edition enthält zusätzlich noch die Datenbank "Paradox 10" sowie die Spracherkennungs-Software "Dra-gon Naturally Speaking 5.0".

Corels Büro-Suite kostet in der Standardversion rund 390 Euro, die professionellen Anwender bezahlen etwa 100 Euro mehr. Zwei, die sich vor kurzem für Corel sind Dell und Hewlett-Packard. Dell will einen Desktop-PC und drei Note-books Corel-Software für Textverarbeitung und Tabellenkalkulation ausstatten. Gleiches plant Hewlett-Packard für die "Pavillion-PCs".

www.openoffice.org

www.microsoft.de

www.corel.de

www.lotus.de; www.sun.de

ComputerPartner-Meinung:

Statt über zu hohe Lizenzgebühren und schlechte Produkte zu jammern, sollten Unternehmen lieber prüfen, ob für sie nicht der Einsatz einer der Microsoft-Alternativen in Frage kommt. Wenigstens für einen Teil der Mitarbeiter könnte der Wechsel vorteilhaft sein. Die attraktiven Preise machen den Einsatz der Pakete in manchen Unterneh- men selbst dann noch lohnenswert, wenn Mitarbeiter neu geschult werden müssen.

Statt sich über seine Microsoft-Knechtschaft und zu geringe Margen zu beschweren, sollte aber auch der eine oder andere Händler überlegen, ob es nicht sinnvoller wäre, Schulungen und Service für die Alternativen anzubieten, statt einfach nur Pakete zu verschicken. (ce)

UMSATZ DURCH SERVICE

Star-Office-Migrationspartner

Um die Bürosoftware "Star Office" gezielter unters Volk bringen zu können, rief Sun Microsystems das "Star-Office-Migrations-Partner-Programm" ins Leben. Der Partner er verdient dabei nicht am Lizenzverkauf, sondern durch Dienstleistung. Migrations-Partner erstellen für ihre Kunden individuelle Konzepte, einschließlich Kosten- und Risikoanalyse, für die Umstellung von Microsoft Office auf Sun Star Office. Bei Interesse seitens des Kunden führen sie das Projekt durch, bieten Schulungen an und übernehmen den Support. Sun unterstützt diese Partner durch eine gemeinsame Geschäftsmodellplanung, kostenloses Training und Neukundenvermittlung.

Zielgruppe von Star Office sind Mittelstandsunternehmen mit einer mindestens dreistelligen Mitarbeiterzahl. "Von dieser Gruppe haben sich 70 Prozent noch nicht für Microsofts neues Lizenzmodell entschieden", sagt Monika Baumann, die für die Migrationspartner verantwortliche Vertriebsleiterin bei Sun. Diese Kunden seien potenzielle Star-Office-Kunden, so Baumann.

Zu den ersten Star-Office-Migrationspartnern zählt die Riess Integration AG aus Karlsbad. Das Systemhaus führt für seine Kunden Machbarkeitsstudien durch, die aufzeigen, ob sich ein Wechsel lohnt. Für die Analyse berechnet Riess einen Festpreis von 6.000 Euro. (ce) www.sun.de/innovative-unternehmer

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