Die offene Aussprache im Team

22.12.2006
Von Brigitte Seidler

Sachebene durch Anonymität

Es geht auch anders. Dass die Trennung von Person und Sache die konstruktive Auseinandersetzung mit Problemfällen beflügelt, ist schon eine Binsenweisheit. Machen wir also die Binsenweisheit zur Methode und lösen uns konsequent von Schuldfrage, Schwarzem Peter, Sündenbock, Rechtfertigung und Verteidigungshaltung: Wir brauchen nicht zu wissen, welches Teammitglied der Meinung ist, dass Informationen zu langsam fließen - wichtig ist die Erkenntnis, dass diese Meinung innerhalb der Gruppe besteht. Wir brauchen nicht zu wissen, wer wen auszugrenzen versucht, wichtig ist die Erkenntnis, dass nicht alle ausreichend einbezogen werden. Wir brauchen nicht zu wissen, wer die Arbeitsverteilung ungerecht findet, wichtig ist die Feststellung, dass manche Kollegen sich übervorteilt sehen. Wir brauchen den Meinungsspiegel der Gruppe, und dabei spielt es keine Rolle, wer welche Meinung vertritt. Um sachlich diskutieren zu können, um konstruktive Verbesserungsvorschläge entwickeln zu können, muss der Grundsatz eingehalten werden: An der Wand steht ein Problem - und nicht eine Person. Erst wenn alle Teammitglieder dieser Sicherheit gewahr werden, können sie offen diskutieren.

Die Vorbereitung ist entscheidend

Das Geheimnis liegt in der strikten Anonymisierung bei der Erhebung von subjektiven Meinungen, Empfindungen und Problembeschreibungen. Ein entsprechend erfahrener Moderator wird nach wenigen Einzelgesprächen schon erahnen, wo "der Hase im Pfeffer liegen" könnte und formuliert den Fragebogen entsprechend. Er wird sich auch mit dem Vorgesetzten der Gruppe abstimmen und klären, welche Zufriedenheiten oder Unzufriedenheiten dieser überhaupt hinterfragen will. Unter Umständen bringt die Gruppe selbst noch Themen ein, die sie auf dem sicheren Boden der Sachlichkeit besprechen möchte.

Fragen sorgfältig differenzieren

Die Kunst an dieser ansonsten genial einfachen Methode ist es, einerseits die richtigen Fragen zu stellen und andererseits die Fragen richtig zu stellen. Zunächst ist darauf zu achten, nur solche Themen abzufragen, die die Gruppe auch wirklich selbst beeinflussen kann. So ist es sicher interessant zu erfahren, wie die einzelnen Teammitglieder die fachinterne, fachübergreifende, horizontale, vertikale und hierarchieübergreifende Zusammenarbeit empfinden. Das sind bereits fünf stark differenzierte Einschätzungen mit erheblicher Aussagekraft. Müßig dagegen ist in diesem Zusammenhang die Frage nach der Zufriedenheit mit dem Gehalt.

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