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Dienstleistungen richtig vermarkten

Was hat sich im Bereich Bildungs- und Beratungsmarketing verändert? Vor welchen Herausforderungen stehen Trainer, Berater und Coaches heute im Marketingbereich? Bernhard Kuntz gibt Antworten

Zu den Herausforderungen im Marketing nimmt Bernhard Kuntz Stellung, dessen auf die Marketingunterstützung von Bildungs- und Beratungsanbietern spezialisiertes Unternehmen Die PRofilBerater GmbH seit 20 Jahren existiert.

Ein gutes Selbstmarketing benötigt mehr als Visitenkarten.
Ein gutes Selbstmarketing benötigt mehr als Visitenkarten.
Foto: Mammut Vision - Fotolia.com

Ihr Unternehmen feiert in diesem Jahr sein 20-jähriges Bestehen. Was hat sich in diesem Zeitraum im Bereich Bildungs- und Beratungsmarketing verändert?

Bernhard Kuntz: Sehr viel. Als ich mein Unternehmen 1994, damals unter dem Namen Büro für Bildung & Kommunikation, gründete, war es das erste, das sich auf die Marketingunterstützung von Trainern und Beratern spezialisiert hatte. Coaches gab es zum damaligen Zeitpunkt noch nicht. Und als ich im selben Jahr einem Verlag anbot, für ihn ein Buch zum Thema Bildungs- und Beratungsmarketing zu schreiben, erhielt ich von dessen wissenschaftlichen Beirat sozusagen die Antwort: "Was soll so ein Mist? Das Thema interessiert niemanden. Trainer und Berater haben keine Probleme, sich und ihre Leistungen zu vermarkten."

Heute hingegen ist es weitgehend Konsens, dass Trainings- und Beratungsleistungen wie Konsumgüter vermarktet werden müssen - wenn auch anders. Und neben meinem Unternehmen gibt es viele weitere, die Trainer und Berater hierbei unterstützen.

Hat sich hierdurch auch die Marketingkompetenz der Trainer und Berater erhöht?

Kuntz: Eindeutig ja. Heute ist den meisten Beratern bewusst: "Von nichts kommt nichts. Wenn ich in einem so atomisierten Markt, also von Kleinanbietern geprägten Markt wie dem Beratungsmarkt überhaupt wahrgenommen werden möchte, muss ich Zeit und/oder Geld ins Marketing investieren." Doch leider haben viele Bildungs- und Beratungsanbieter noch nicht verinnerlicht, dass der Marketing- und Ver-triebsprozess ein Kernprozess in ihrem Unternehmen ist, der weitgehend über dessen Erfolg entscheidet. Entsprechend unsystematisiert ist oft ihr Marketing.

Was heißt das?

Kuntz: Viele Trainer und Berater beschäftigen sich mit dem Thema Marketing immer noch primär, wenn sie nichts anders zu tun haben oder in ihren Auftragsbüchern bereits Löcher klaffen. Das Marketing und der Vertrieb sind kein fester Bestandteil ihrer Alltagsarbeit, in den sie Monat für Monat zum Beispiel 20 Prozent ihrer Arbeitszeit investieren.

Nur ganz wenige Anbieter haben zudem ihren Marketing- und Vertriebsprozess definiert, sodass sie wissen: "Wie machen wir unsere Zielkunden darauf aufmerksam, dass es uns gibt? Wie vermitteln wir ihnen das Gefühl, dieser Anbieter könnte uns einen Nutzen bieten?" Und, und, und …. Das heißt, sie haben kein System, wie sie ihre Zielkunden Schritt für Schritt zur Kaufentscheidung führen. Entsprechend aktionistisch und wenig zielführend ist oft ihr Vorgehen.

Was sind die Ursachen hierfür?

Kuntz: Viele Trainer und Berater haben noch keine Konsequenzen daraus bezogen, dass der Bildungs- und Beratungsmarkt heute aufgrund der gestiegenen Zahl von Anbietern viel umkämpfter als vor 15 oder gar 20 Jahren ist. Heute fällt es dem einzelnen Trainer oder Berater viel schwerer als damals, sich von der grauen Masse seiner Mitbewerber abzuheben.

Das zeigt sich zum Beispiel darin, dass eigentlich alle "Beratungsgurus", die branchenübergreifend fast jeder kennt, wie Fredmund Malik oder Reinhard Sprenger, sich ihren Ruf vor mehr als zwei Jahrzehnten aufgebaut haben. Heute müssen Trainer und Berater viel hartnäckiger und ausdauernder für den Aufbau einer solchen Bekanntheit arbeiten, weshalb ich in meiner Alltagsarbeit auch lieber den Begriff "Marktbearbeitung" als die Begriffe "Marketing" und "Vertrieb" verwende, weil in ihm der Begriff "Arbeit" steckt.

Eine Botschaft, die manchem Berater gewiss nicht schmeckt?

Kuntz: Ja. Viele träumen noch davon, dass ihnen die Aufträge wie gebratene Tauben in den Mund fliegen und suchen permanent nach Zaubermitteln, die dies bewirken. Entsprechend leicht lassen sie sich von Anbietern verführen, die ihnen suggerieren: "Wenn Du einen Blog hast, dann …?" Wenn Du ein paar Video bei YouTube hochlädst, dann …? "Wenn Du in den Social Media aktiv bist, dann …?"

Sind das heute nicht alles wichtige Marketing-Tools?

Kuntz: Selbstverständlich! Aber wie Sie selbst sagen: nur Tools, also Werkzeuge, die man für das Erreichen gewisser Teilziele im Marketing- und Vertriebsprozess nutzen kann. Die Grundlage für ein erfolgreiche Marktbearbeitung ist und bleibt es zu wissen: Was ist mein Markt? Und: Wer sind meine Zielkunden? Und: Über welche Kanäle erreiche ich sie? Denn erst dann kann ich entscheiden: Welche Instrumente kann ich nutzen, um zum Beispiel die gewünschte Bekanntheit in meiner Zielgruppe auf-zubauen?

Das setzt auch ein fundiertes Wissen über die Möglichkeiten und Grenzen der einzelnen Marketingin-strumente voraus. Dieses Wissen müssen Berater sich heute entweder aneignen oder einkaufen, sonst sind sie, ganz egal wie fachlich fit sie sind, als Unternehmer nicht erfolgreich.

Warum?

Kuntz: Weil es heute viel mehr Marketinginstrumente als vor 15 oder gar 20 Jahren gibt, die es zu verknüpfen gilt. Noch zur Jahrtausendwende waren die Marketingkonzepte der meisten Bildungs- und Beratungsanbieter weitgehend identisch. Sie schalteten mehr oder minder regelmäßig Anzeigen in Zeitschriften. Sie saen mehr oder minder häufig per Post Werbebriefe an ihre Zielkunden. Sie riefen diese mehr oder minder regelmäßig an. Und: Sie luden diese eventuell noch ein, zwei Mal pro Jahr zu einer Kundenveranstaltung ein. Das war es! Denn mehr Instrumente und Kanäle standen den Beratern für die Kommunikation mit ihren Kunden und für ihr Marketing nicht zur Verfügung.

Heute hingegen können Trainer, Berater und Coaches nicht nur per Email mit ihren Kunden kommunizieren. Für ihre Kommunikation mit den "sehr geehrten Kunden" stehen ihnen auch solche Plattformen wie Xing, solche Social Media wie Facebook und Google+ und solche Dienste wie Twitter zur Verfügung. Außerdem können sie Tools wie Blogs und Instrumente wie Online-Videos nutzen, um ihre Botschaften ihren Zielkunden zu vermitteln.

Das heißt: Den Trainern und Beratern stehen deutlich mehr Instrumente und Kanäle als früher für ihr Marketing zur Verfügung. Deshalb sind heute auch die Marketingkonzepte und -strategien komplexer. Also benötigen sie auch mehr Marketing-Know-how. Und dieses müssen sie sich aneignen.

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