Verbundgruppe mit erneutem Umsatzrückgang

EP sucht neue Erlösquellen für den Fachhandel



Matthias Hell ist Experte in Sachen E-Commerce und Retail sowie  Buchautor. Er veröffentlicht regelmäßig Beiträge in renommierten Handelsmagazinen und E-Commerce-Blogs. Zuletzt erschien seine Buchveröffentlichung "Local Heroes 2.0 – Neues von den digitalen Vorreitern im Einzelhandel".
Zum dritten Mal in Folge meldet ElectronicPartner einen deutlichen Umsatzrückgang. Vor allem der EP-Fachhandel war für das Minus von 6,9 Prozent verantwortlich. Auf dem Jahreskongress in Neuss kündigte die Verbundgruppe deshalb an, neue Erlösquellen für den Fachhandel schaffen zu wollen.
EP-Vorstand Karl Trautmann warnte an der Pressekonferenz beim Kongress der Verbundgruppe vor dem "D2C-Virus"
EP-Vorstand Karl Trautmann warnte an der Pressekonferenz beim Kongress der Verbundgruppe vor dem "D2C-Virus"
Foto: Matthias Hell

Es läuft nicht gut bei ElectronicPartner (EP). Noch während die Wettbewerber Euronics und Expert von dem Elektronik-Boom der Corona-Zeit profitieren konnten, ging der Umsatz bei EP 2021 um sechs Prozent zurück und 2022 folgte ein weiteres Umsatzminus von 3,4 Prozent. Am Rande des Kongresses der Verbundgruppe in Neuss wurde nun bekanntgegeben, dass der EP-Zentralumsatz 2023 um weitere 4,5 Prozent auf nur noch 1,2 Milliarden Euro schrumpfte. Der Negativtrend betrifft allerdings nicht alle Geschäftsfelder von EP gleichermaßen: Die Fachmarktkette Medimax schlug sich mit -0,9 Prozent angesichts der schwierigen Marktlage respektabel und auch die Systemhäuser der EP-Kooperation comTeam lagen mit -0,5 Prozent fast auf Vorjahresniveau. Das klare Problemfeld stellt der Fachhandel unter der Marke EP: dar, wo es zu einem Umsatzrückgang von 6,9 Prozent kam.

"Dieses Ergebnis passt zur allgemeinen Marktentwicklung", bemühte sich EP-Vorstand Karl Trautmann um Einordnung, musste jedoch einräumen: "Trotzdem stellt uns das nicht zufrieden." Positiv festzuhalten sei dagegen, dass das Familienunternehmen ElectronicPartner trotz Umsatzrückgang weiterhin profitabel wirtschafte. Für das laufende Jahr gab Trautmann eine eher zurückhaltende Prognose: "Ich würde gerne ein fettes Jahr ankündigen, doch die Fakten geben das nicht her. Wenn es gut läuft, werden wir 2024 auf der Höhe des Vorjahres herauskommen, es kann aber auch gut sein, dass es am Ende ein Minus von 1,5 Prozent gibt."

Auch EP-Vorstandssprecher Friedrich Sobol übte sich in düsteren Zukunftsprophezeiungen. "Wir befinden uns mitten in einem Wirtschafts-Tsunami und können schon jetzt sagen, dass die Welle erst 2025 so richtig zuschlagen wird." In weiterer Analogie zu dem Bild eines Tsunamis, erklärte Sobol, diesen überstehe man am besten, indem man auf die See hinausfahre und die Welle unter sich durchziehen lasse. Übertragen auf EP bedeutet dieses proaktive Agieren, dass die Verbundgruppe nun verstärkt neue Erlösquellen für den Fachhandel erschließen will.

EP-Chef Friedrich Sobol erläuterte, mit welchen Konzepten die Verbundgruppe dem Fachhandel neue Perspektiven bieten will
EP-Chef Friedrich Sobol erläuterte, mit welchen Konzepten die Verbundgruppe dem Fachhandel neue Perspektiven bieten will
Foto: Matthias Hell

Künftige Umsatzbringer: Küchen, erneuerbare Energie und Reparatur

Denn offensichtlich vertraut die EP-Führung der eigenen langjährigen Analyse nicht mehr, wonach es reicht, mit dem bewährten Fachhandelskonzept das passende Geschäftsmodell für eine tendenziell etwas ältere, in den Speckgürteln der großen Städte lebende und relativ solvente Zielgruppe zu bieten. In der Tat: Wenn selbst großstädtische Apple-Jünger nicht treu genug sind, um eine Fachhandelskette wie Gravis zu erhalten, sind vielleicht auch die auf Miele-, Bosch- und AEG-Produkte spezialisierten EP-Fachberater nicht mehr Alleinstellungsmerkmal genug, um noch ausreichend Kunden in die stationären Geschäfte vor Ort zu locken.

Zumal EP-Vorstand Karl Trautmann richtig die große neue Bedrohung für den Fachhandel ausgemacht hat: Das "D2C-Virus" (direct-to-consumer), das vor 18 Jahren im Sony-Center ausgebrochen sei und nun unverständlicherweise selbst bislang immun scheinende Marktteilnehmer wie Bosch-Siemens befallen habe. Trautmann bemühte sich dennoch um Optimismus: Früher oder später würden die Hersteller den "ökonomischen Unfug" ihrer Direktvertriebsmodelle begreifen. Zudem gebe es in der EP-Verbundgruppe viele Beispiele für vorbildliches Händlertum.

Doch neben allem Optimismus arbeitet ElectronicPartner auch zudem aktiv daran, seinen Fachhändlern neue Wege aufzuzeigen, mit denen diese neue Erlösquellen erschließen und zusätzliche Wertschöpfung erbringen können. Wie Vorstand Friedrich Sobol erklärte, handelt es sich dabei zum einen um die gemeinsam mit der MHK Group gestartete Vermarktung von Küchen, die von immer mehr Medimax-Franchisenehmer umgesetzt werde und erste Erfolge zeige.

Der zweite, aus Sicht von Sobol noch wesentlich spannendere Ansatz, ist die beim Branchentreff 2023 erstmals vorgestellte neue Vertriebslinie für erneuerbare Energie mit dem Namen Wendepunkt.

Beim EP Kongress wurde nun der offizielle Startschuss für die Umsetzung des Konzepts gegeben. "Wir beginnen jetzt mit dem Roll-out und werden nach und nach gemeinsam mit unseren Mitgliedern und neuen Partnerunternehmen die einzelnen Umsetzungsstufen erklimmen. Der Startschuss für Stufe fünf ist aktuell für Anfang 2026 geplant", sagte Sobol. Mit "Stufe fünf" ist laut dem mehrstufigen Umsetzungsplan die Einführung von eigenen "WENDEpunkt"-Geschäften als Franchisemarke gemeint. Für die Stufen eins bis vier

  • 1: Beratung zu Photovoltaikanlagen, Stromspeichern, Wallboxen und Wärmepumpen;

  • 2: Planung und Angebotserstellung;

  • 3: Preisgestaltung und den Verkaufsabschluss;

  • 4: Lieferung, Installation und Inbetriebnahme inkl. Gewährleistung)

bietet EP Schulungsangebote, die Erstausstattung am PoS sowie Unterstützung in den Bereichen Recruiting, Marketing, IT und Finanzen und die Auswahl hochqualifizierter Lieferanten. Fachhändler erhalten so ohne eigene Wareninvestition Zugang zu attraktiven Margen. Als dritte mögliche Erlösquelle überlegt EP, die Einführung des gesetzlichen Rechts auf Reparatur zu nutzen und eine darauf ausgerichtete Vertriebslinie aufbauen.

Fachmarktkette Medimax und ProMarkt Outlet sind auf Kurs

Positive Nachrichten konnte Sobol von der zur Franchise-Organisation umgebauten Fachmarktkette Medimax berichten: Seit der Neuausrichtung entwickle sich die Fachmarktlinie besser als die Großfläche in Deutschland insgesamt. Außerdem wurde in den Medimax-Onlineshops 2,3 Prozent mehr umgesetzt als im Vorjahr, während der Online-Umäteatz der "Tech Superstores" in Deutschland insgesamt um -4,7 Prozent zurückging.

"Es freut uns sehr, dass unsere Online-Strategie aufgeht und dabei der Fokus erfolgreich auf Drive-to-store und somit dem stationären Geschäft bleibt", so Sobol. "Unser Ziel ist es nun, diese Entwicklung weiterzuführen, sodass unsere bestehenden und neuen Partnerinnen und Partner bis Ende 2026 mit rund 100 Medimax Märkten in Deutschland vertreten sind."

Auch das im Sommer testweise als Technik-Outlet wiederbelebte ProMarkt entwickle sich positiv und solle ausgebaut werden, teilte Sobol mit. Standorte mit entsprechend attraktiven Mieten vorausgesetzt, sollen nun insgesamt zehn ProMarkt Outlets eröffnet werden.

Das ebenfalls zu ElectronicPartner gehörende Technologie-Netzwerk comTeam hat im Jahr 2024 allen Grund zu feiern: Seit 1984 ist comTeam mit seinen Systemhaus-Mitgliedern auf dem IT-Markt in Deutschland. Das feiert der Verbund in diesem Jahr mit rund 800 Partnerinnen und Partnern bei zahlreichen Events, Fachveranstaltungen und der großen Partnerkonferenz Mitte Oktober im Freizeitpark Phantasialand bei Köln.

"comTeam ist dafür bekannt, anders zu sein, einfach besonders, ein IT-Verbund voller innovativer Köpfe, zukunftsweisender Ideen und vor allem mit viel Herz. Das ist spürbar bei jedem neuen Projekt, Netzwerk-Event, online aber vor allem auch live - so wie auf der Partnerkonferenz, die in diesem Jahr in besonders großem Stil Wissenstransfer, persönlichen Austausch und Inspiration verbindet", erklärte dazu beim EP-Kongress Matthias Assmann, IT-Vorstand ElectronicPartner und zuständig für comTeam.

EP-Vorstand Matthias Assmann berichtete über die Entwicklung bei comTeam
EP-Vorstand Matthias Assmann berichtete über die Entwicklung bei comTeam
Foto: Matthias Hell
Zur Startseite