Fachhandelskooperationen: Vor- und Nachteile

05.06.1999

MÜNCHEN: Die einen sind dagegen und die anderen dafür: Fach-handelskooperationen sind bei ihrer Zielgruppe - dem PC-Fachhandel - umstritten. Die Befürworter sehen die Vorteile vor allem in den verbesserten Einkaufskonditionen bei Lieferanten, die Individualisten der Wiederverkaufsszene bleiben lieber unabhängig.Die PC-Filialisten blasen zum Großangriff auf die deutsche Fach-handelsbranche. Promarkt will in diesem Jahr weitere 15 Fachmärkte eröffnen. Die Metro wird zwar irgendwann Vobis verkaufen, wagt sich aber jetzt mit ihren Computerwelt-Filialen der Tochtergesellschaft Mediamarkt ins heißumkämpfte PC-Geschäft. Und als wäre das nicht genug, kommt auch noch der amerikanische Großflächenvermarkter Staples über den Atlantik und will mit elf Filialen in Deutschland einsteigen (siehe dazu auch ComputerPartner 13/99, Seite 1 und 14/99, Seite 1).

Heißt es jetzt für den etablierten Computer-Fachhändler: Schluß mit lustig? Muß er bei dem massiven Auftritt der finanzstarken Retailer um seine Existenz fürchten, oder bleiben ihm trotzdem Allein-stellungsmerkmale, die sich die Verkaufsgiganten nicht leisten können? Die Gurus der Fachhandelskooperationen haben dazu eine klare Meinung: Sie pochen weiter auf Kundenbindung durch Dienstleistung des Fachhändlers vor Ort, obwohl die oben genannten Ketten jetzt auch Beratungsservice androhen. Der Fachhandel hält das noch für leere Versprechungen.

"Der Einstieg von Retail-Ketten ins Computerfilialgeschäft wird an deren Kundenorientierung keine Änderung herbeiführen. Aktive Unterstützung des Kunden bei seinen Problemen und Bedürfnissen zeichnet aber den Fachhandel aus", meint zum Beispiel Hans-Richard Reiners, Geschäftsführer der Bemi Computer GmbH in Braunschweig. Frank Garrelts, Vorstand der Akcent Computerpartner Deutschland GmbH, mit rund 1.000 Mitgliedern immerhin die größte Kooperation in Deutschland, setzt auf das Motto "gemeinsam sind wir stark". Garrelts rät dann auch dringend zum Miteinander "Der organisierte Fachhandel kann auf Angebote der Märkte wesentlich besser und professioneller reagieren als Einzelkämpfer. Fachhandelskooperationen werden wichtiger denn je sein."

Die verschiedenen Kooperationen wie zum Beispiel Akcent, Comteam, Bemi, Datura, Micro Trend von PC-Spezialist oder Computer Kompass (Web-Adressen siehe Kasten Seite 67) bieten ihren Partnern gegen Mitgliedsbeiträge, die sich meistens am Umsatz der Fachhandelsunternehmen orientieren, spezifische Leistungen. Diese sollen dem Fachhändler im Alltagsgeschäft den Rücken freihalten und sein Leben erleichtern. Die Idee, Kooperationen für die EDV-Branche einzuführen, kam ursprünglich aus der bereits in den 80er Jahren stark kooperationsgeprägten Unterhaltungselektronik (UE). Hier wußte man bereits früh die Vorteile von organisierten Händlerverbindungen zu schätzen und zu nutzen (siehe dazu auch Kommentar auf Seite 70). Leistungen, die fast alle EDV-Fachhandelskooperationen heute anbieten, sind:

- Zentrale Einkaufsregulierung für die Mitglieder: Der Fachhändler bestellt bei seiner Kooperation die gewünschten Produkte und zahlt dort mit nur einer Rechnung. Preisvergleiche und Verhandlungen in Eigenregie mit verschiedenen Lieferanten ent-fallen.

- Verbesserte Einkaufskonditionen bei Distributoren und Herstellern, weil für alle Mitglieder zentral bei den Lieferanten bestellt wird.

- Gemeinsamer Werbeauftritt und Marketingaktionen.

- Informationsveranstaltungen wie Kongresse und Schulungen. Informationsaustausch mit Kollegen wird so ermöglicht.

- Beratungsfunktion für Mitglieder in kaufmännischen und juristischen Fragen.

In einer von ComputerPartner in Auftrag gegebenen Studie (siehe dazu auch Grafiken auf Seite 66) sind immerhin knapp die Hälfte (45 Prozent) der befragten Computershops Mitglieder in einer Fachhandels-

kooperation - bei Systemhäusern und Value Added Resellern (VAR) 27 Prozent. Wichtigstes Argument für die Mitglieder sind dabei bessere Einkaufs- und Lieferkonditionen: für 79 Prozent der befragten Fachhändler steht dieser Punkt an erster Stelle.

Pro und Contra Kooperation

Für Klaus Dieter Hennings vom Computer-Shop in Ratingen rechnen sich die angebotenen Leistungen seiner Fachhandelskooperation: "Der Umgang mit den Lieferanten ist so für mich wesentlich unkomplizierter, die Einkaufspreise stehen fest und später bezahle ich dann nur eine Rechnung statt vieler einzelner. Für mich überwiegen die Vorteile und die Kosten der Mitgliedsbeiträge habe ich durch die Leistungen wieder raus."

Aber so mancher Fachhändler fühlt sich als Einzelkämpfer im Markt eigentlich ganz wohl und will daran auch nichts ändern: "Ich bin bei keiner Fachhandelskooperation dabei. Die sind mir zu starr. Und ich sehe keinen gravierenden Vorteil für mich, wenn ich einer beitrete", sagt Elvira Hutter vom Computerstudio Hutter in Weilheim. Sie setzt eher auf "eine lockere Kooperation mit anderen Händlern, die man kennt, von denen auch mal jemand einspringt, wenn's brennt". Gerade Fachhändler, die sich als "Lösungsanbieter" für bestimmte Kundensegmente verstehen, wie beispielsweise Systemhäuser und VARs, agieren lieber unabhängig und setzen auf die direkte Zusammenarbeit mit ihren sogenannten "Hauslieferanten".

"Meine Einkaufspreise unterscheiden sich nicht von denen der Kooperationen. Außerdem brauchen wir den direkten Draht zum Lieferanten, denn als Systemhaus sind wir auf Qualität und Unterstützung angewiesen", faßt Angelika Weiß, Geschäftsführerin und Inhaberin von Weiß Computer Systeme in München ihre Sicht der Dinge zusammen.

Comteam-Geschäftsführer Karl Ulrich Schönemeyer hält dagegen: "Wir haben nicht nur PC-Shops in unseren Reihen, sondern auch viele Systemhäuser. Und da die meisten Systemhäuser weder Nischenspezialisten sind noch über hinreichend viele

Alleinstellungsmerkmale verfügen, empfehle ich dringend den Anschluß an die Comteam. Denn wir bieten außer Produkten und Service für branchenneutrale Produkte auch Branchenlösungen." Trotz der lockenden Angebote bleibt bei den Individualisten der Branche Skepsis. Systemhausinhaberin Angelika Weiß kann sich den Beitritt zu einer Kooperation nur als Gegengeschäft vorstellen: "Kooperieren würden wir nur als Lieferant für Dienstleistungen." (ch)

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