Wenn’s keine Sonderzahlungen mehr gibt

Firmen müssen sparen – Urlaubsgeld ade?

14.08.2009

Freiwilligkeitsvorbehalt nur für echte Sonderzahlungen

Allerdings ist zu unterscheiden: Vorformulierte Arbeitsverträge, die seit dem 01.01.2002 abgeschlossen wurden und die der Arbeitgeber für eine Vielzahl von Fällen verwendet, unterliegen grundsätzlich dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) und müssen sich nach diesen Regeln richten. Das bedeutet, dass nur Sonderzahlungen wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld als echte "freiwillige" Zahlung geleistet werden dürfen. Laufende Zahlungen dagegen, also etwa das normale Gehalt, kann nicht unter den Freiwilligkeitsvorbehalt gestellt werden. Dafür dürfen laufende Zahlungen (z.B. Zuschläge) unter einen Widerrufsvorbehalt gestellt werden, wenn bestimmte, vorher im Arbeitsvertrag schriftlich definierte Gründe vorliegen. Ferner darf der Widerruf höchstens 25% bis max. 30 Prozent der Gesamtvergütung ausmachen und dem Mitarbeiter muss mindestens die tarifliche bzw. die übliche Vergütung verbleiben.

Sind im Arbeitsvertrag beide Vorbehalte miteinander kombiniert (etwa: "Die Zahlung des Weihnachtgeldes erfolgt freiwillig und unter dem Vorbehalt jederzeitigen Widerrufs."), so ist diese Klausel nach dem AGB-Recht unklar: Nach der Rechtsprechung des BAG kann eine Zahlung entweder freiwillig erfolgen - dann besteht grundsätzlich kein Anspruch auf sie - oder aber sie kann widerrufen werden - hierdurch wird ein einmal entstandener Anspruch nachträglich beseitigt. Beides zugleich ist nach gefestigter Rechtsprechung des BAG in sich widersprüchlich. Unklare, widersprüchliche Regelungen sind nach AGB-Recht unwirksam, mit der Folge, dass diese Klausel dann gar nicht gilt und der Mitarbeiter die Zahlung beanspruchen kann.

Was aber gilt für Arbeitsverträge, die vor dem 01.01.2002 abgeschlossen wurden? Hierüber hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem aktuellen Fall zu entscheiden (BAG Urt. v. 11.02.2009 - 10 AZR 222/08). Eine Arbeitnehmerin war 1995 eingestellt worden. In ihrem Arbeitsvertrag waren lediglich die Arbeitszeit und die Grundvergütung geregelt. Alle weiteren Regelungen, z.B. Probezeit, Urlaub, Lohnzuschläge und Weihnachtsgeld, waren in einer gesonderten Arbeits- und Sozialordnung geregelt, die laut Arbeitsvertrag "in ihrer jeweils gültigen Fassung" gelten sollte. Der Arbeitgeber nutzte im Jahr 2005 diese Klausel u.a. dazu, in der Arbeits- und Sozialordnung einseitig die Mehrarbeits- und Feiertagszuschläge zu streichen und die Zahlung des Weihnachtsgeldes fortan unter einen Freiwilligkeitsvorbehalt zu stellen. Die Arbeitnehmerin klagte nun die ausgebliebene Zahlung des Weihnachtsgeldes ein.

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