Wer die Fassung verliert, hat verloren

Gelassenheit siegt



Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.

Sich erkennbar um eine Problemlösung bemühen

Unzufriedene Kunden starten zuweilen eine Schimpftirade. Diese sollten Sie über sich ergehen lassen. Denn danach ist meist die erste Wut verraucht, und Sie können das Gespräch in eine ruhige Bahn lenken. Manchmal dauert die Tirade jedoch zu lange, oder die Person wirft Ihnen völlig unstrukturiert, wichtige Infos um die Ohren. Dann sollten Sie gekonnt unterbrechen. Das Zauberwort hierfür ist: "Moment bitte".

Zunächst ist es oft wichtig zu erfahren, mit wem man spricht. Angenommen Sie haben den Namen nicht verstanden, dann unterbrechen Sie mit: "Moment bitte, bevor Sie weiterreden, würden Sie mir Ihren Namen nochmals sagen?" So sollten Sie auch fragen, wenn der Name nicht genannt wurde.

Angenommen, ein verärgerter Kunde überschüttet Sie mit einem Wortschwall. Dann unterbrechen Sie mit Namensnennung und fassen das Gehörte zunächst zusammen: "Moment, Herr Schneider, ich habe Folgendes verstanden…. Ist das richtig so?" Nach der Antwort können Sie gezielt weiterfragen.

Häufig müssen Sie dem Beschwerdeführer gewisse Dinge erklären. Techniker neigen dazu, Dinge zu detailliert und mit Fachbegriffen zu erklären, die der Beschwerdeführer häufig nicht versteht. Wenn ein Kunde Sie deshalb unterbricht, ist das gut. Denn es bringt nichts, wenn Sie pausenlos reden und der Kunde nichts versteht. Manchmal müssen Sie Unterbrechungen jedoch höflich zurückweisen. Hier hilft Ihnen erneut das Zauberwort "Moment": "Moment bitte, Frau Meier, noch eine Minute."

Für Beschwerdeführer ist es schrecklich zu hören: "Da kann ich Ihnen nicht helfen." Streichen Sie diese Formulierung ersatzlos aus Ihrem Wortschatz. In irgendeiner Form können Sie nämlich immer helfen, und sei es nur, indem Sie zuhören.

Sie können den Beschwerdeführer aber auch mit einem Kollegen verbinden, der sich um sein Anliegen kümmert. Nicht selten hilft auch der Tipp weiter: "Schauen Sie mal im Internet unter der Adresse www......." oder " ... in unserem Intranet nach" - viele Beschwerdeführer wissen nicht, dass sie dort häufig Antworten auf die meisten (Anwender-)Fragen finden.

Vorsicht bei ärgerlichen E-Mails

Und noch ein Tipp am Schluss, weil die Kommunikation mit Kunden und Kollegen heute zunehmend per Mail erfolgt und sich Beschwerdeführer hierin besonders oft im Ton vergreifen: Antworten Sie auf Mails, über die Sie sich ärgern, nie spontan. Denn dann ist die Gefahr groß, dass Sie Formulierungen wählen, die zu einer Eskalation führen. Beantworten Sie solche Mails zeitverzögert. Und wenn Sie die Antwortmail formuliert haben? Dann trinken Sie zum Beispiel in Ruhe eine Tasse Tee, bevor Sie die Mail nochmals auf Formulierungen checken, die Ihr Gegenüber als Angriff empfinden könnte. Und versenden Sie die Mail erst dann.

Häufig es ist bei solchen Beschwerdemails sogar noch sinnvoller, zeitlich verzögert, anzurufen. Denn ein so persönliches Engagement überrascht den Beschwerdeführer in der Regel positiv, und er fühlt sich von Ihnen als Person wahr- und ernstgenommen. Deshalb verändert sich sofort sein Ton.

Dr. Gudrun Fey ist eine der beiden Geschäftsführerinnen des Trainingsunternehmens study & train, Stuttgart (www.study-train.de). Sie schrieb unter anderem das Buch "Gelassenheit siegt! Mit Fragen, Vorwürfen, Ärger und Angriffen souverän umgehen".

Frank Seeger arbeitet als Rhetorik-, Präsentations-, Telefon- und Kommunikationstrainer für study & train.

Hinweis:

Am 14. Juli führt study & train in Stuttgart ein eintägiges, offenes Seminar "Stressmanagement: Gelassen und sicher im Stress" durch, in dem auch das Artikelthema behandelt wird. Nähere Info finden Interessierte auf der Website www.study-train.de

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