Wettbewerb mit Online-Shops

So können PC-Händler überleben

Alexander Roth leitet als Geschäftsführer die Geschicke und die Redaktion von Evernine. Der mit Prädikatsdiplom ausgestattete Volkswirt wechselte 2004 in die Medienbranche, wo er zuerst beim Wirtschafts- und Polittalksender Air America Radio in New York City in der Recherche tätig war und in einem weiteren Schritt, wieder zurück in Deutschland, eine zweijährige Festanstellung beim Medienhaus IDG (u.a. PC Welt, Computerwoche, ChannelPartner) inklusive Volontariat absolvierte. Auch ein Besuch der Akademie der Bayerischen Presse (ABP) gehörte zu seiner Ausbildung. 2007 gründete der Münchner (geb. 1977) das Redaktionsbüro Alexander Roth, das er zwischen 2010 und 2011 in die Evernine GmbH umwandelte.

On- oder offline kaufen?

Es gibt verschiedene Quellen und Erhebungen, die allesamt darauf hinweisen, dass es sich bei der Entscheidung, ob man seinen PC online kauft, in der Tat um eine Gretchenfrage handelt. Wenn es rein um den Handel mit IT geht, halten sich die Orte des Erwerbs (Laden-Geschäft vs. Online-Shop) die Waage. Das will die Allensbacher Computer- und Technikanalyse in einer Umfrage unter mehreren Tausend Konsumenten herausgefunden haben. Wenn es über die gesamte Linie ihrer digitalen Technik-Einkäufe geht, bevorzugen bei Mehrfachnennung zwar noch 80 Prozent Großmarktketten und rund 30 Prozent Fachhandelgeschäfte für den Erwerb, zugleich kommt aber auch das Web nicht zu kurz: 30 Prozent nutzen große Internethändler wie Amazon, 15 Prozent spezialisierte Online-Stores, 10 Prozent kaufen direkt beim Hersteller und 17 Prozent nutzen Auktionshäuser wie Ebay.

Laut dem Beratungshaus Roland Berger liegen im Unterhaltungselektroniksektor die stationären Shops (Fachhandel, Großmarktketten) im Vergleich zum E-Commerce allerdings immer noch deutlich vorne: Sie hielten 2010 rund 70 Prozent des Gesamtumsatzes des Markts, Tendenz allerdings fallend.

Interessant ist das wechselseitige Rechercheverhalten: 65 Prozent der Käufer von IT bevorzugen laut dem Statistikunternehmen Statista den Erwerb im Ladengeschäft, nachdem sie zuvor im Web Recherche betrieben haben, genau andersrum verhält es sich bei 62 Prozent (Mehrfachnennung möglich). Bezieht man auch noch das neue Phänomen mit ein, dass zunehmend in den Stores vor Ort per Smartphone recherchiert oder gar manchmal noch vor Ort gleich (woanders) eingekauft wird, ist schnell klar: Onlineshopping und stationäres Einkaufverhalten sind extrem miteinander verknüpft.

Negativ-Erfahrungen mit Webshops

Was bedeutet das für den Fachhändler? Wenn traditionelle PC-Fachhandelshäuser zu diesem Thema recherchieren, schlägt ihnen alleine im Netz eine unendliche Litanei an Empfehlungen entgegen. Der häufigste Tipp heißt „Multi-Channel-Vertrieb“ und meint einen verzahnten Vertrieb des Ladengeschäfts mit einem eigenen Onlineshop. Gerne wird an dieser Stelle auf Tipps wie „Verkaufen Sie Zubehör im ihrem Webstore“ oder „Ihre Kunden bestellen im Shop, holen sich die Geräte aber bei Ihnen im Laden ab“ verwiesen.

Man kann davon ausgehen, dass eine solche Zwei-Kanal-Strategie im ITK-Fachhandelsumfeld von den wenigsten traditionellen Häusern gefahren wird, aber immerhin: Es gibt zahlreiche Erfolgstories in diesem Umfeld, die von Notebooksbilliger und den Apple-Stores ist nur eine von vielen. Auch Microsoft eröffnet zunehmend eigene Shops, dazu kommt die Strategie vieler Hersteller wie HP eigene kleine Stores in Stores eröffnen zu wollen. Dagegen stehen aber Gegenbeispiele wie der aus vieler Sicht missglückte und zu späte Einstieg von Media Markt in das E-Business und die vielen Negativerfahrungen, die kleine Händler mit der Einführung eines eigenen Webshops gemacht haben beziehungsweise immer noch regelmäßig machen. Zum einen würden die Preise zu transparent, so klagen viele, man „verramsche“ sich, mache sich unmittelbar vergleichbar mit dem „Billigangebot im Web“, zum anderen – die Technik macht es möglich – kann ein Händler nun problemlos das gesamte Sortiment seiner Lieferanten im Web mitanbieten.

Wie PC-Welt in der Recherche erfuhr, konnten viele Häuser dieser Verlockung nicht widerstehen und mussten das teuer bezahlen: Kunden bestellten in solchen Fällen oft Produkte, von der Händler nicht einmal wussten, dass sie bei ihnen im Sortiment geführt sind, und so mussten sie sich mit den Folgen herumärgern. Zahlreiche Rückabwicklungen und Reparaturen von Produkten, welche die Händler selbst eigentlich niemals empfehlen würden, sind nur Beispiele. Ein anderes ist die teure Tatsache, dass sich der technische Aufwand und die logistische Instandhaltung von Webshops im Nachhinein oft als deutlich teurer herausstellten, als zu Beginn gedacht. Gehen wir also davon aus, ein PC-Händler möchte einfach nichts verzahnen oder im Web vertreiben. Hat er dann noch eine Chance zu überleben?

Frontalangriff von Amazon

Stationäre Shops haben schon seit längeren mit dem Problem zu kämpfen, dass sie direkt oder indirekt von Kunden mit dem meist günstigeren Preisen im Web konfrontiert werden und sich diesem Problem zu stellen haben. In den USA gipfelte dieser Konflikt in der Offensive von Amazon, Kunden mit Rabatten zu belohnen, die in Shops günstigere Preise für Produkte (auch Computer) fanden, als Amazon sie bot. Das Haus würde jeden belohnen, der einen solchen Preis entdecke, abfotografiere und einschicke, so die Kampagne.

Fachhändler haben natürlich nur wenige Möglichkeiten, sich hier zu wehren. Ihnen kommt zwar die Tatsache entgegen, dass neue virtuelle Bestellprozesse, die von IT-Großhändlern und anderen E-Commerce-Dienstleistern neuerdings angeboten werden, Einkaufspreise günstiger machen. Dazu kommen schnellere Lieferzeiten, welche die Kosten der eigenen Lagerhaltung drücken. Dennoch sind sie reinen Schnäppchenjägern oft machtlos ausgesetzt. Bisweilen bestellen Fachhändler selbst bei Amazon, um Kunden zu halten, wie manche immer wieder berichten.

Ein weiteres Dilemma kommt übrigens aus Redmond. Auch wenn es Microsoft genau das Gegenteil verspricht: Viele Fachhändler tun sich schwer, die neue Welt rund um Windows 8 an den Mann zu bringen. Sie sehen schlicht keinen Mehrwert, den Sie ihren Kunden, ob Firmen oder Privatanwendern, rund um das neue Betriebssystem und seinen Formfaktoren anpreisen können, zumal es an Apps und an spannender Hardware immer noch weit fehlt. Das „Microsoft Surface“ etwa, ehemals Hoffnungsträger für viele Fachhändler, hat seinen Weg immer noch nicht in die deutschen Stores gefunden und wird sowieso von vielen als zu teuer angesehen, um es wie geschnitten Brot zu verkaufen.

Doch komplett schwarz muss man deshalb noch lange nicht sehen: Es gibt kaum einen Branchenexperten, der den stationären Shops nicht eine reelle Chance im hartumkämpften IT-Markt zuspricht. Hardware-Margen spielen hier weniger eine Rolle als Dienstleistungen: Frank Roebers, der als Vorstandsvorsitzender die Geschicke des Franchisers PC-Spezialist verantwortet – der Fachhandelskette gehören im Bundesgebiet fast 100 Shops an - äußerte kürzlich der IDG-Fachhandelspublikation ChannelPartner gegenüber: „Den stationären ITK-Handel wird es noch sehr lange geben. Er wird sich allerdings weiter strukturell verändern. Wir müssen möglichst nah an die Online-Preise herankommen und das bieten, wo sich der E-Handel noch schwer tut: Service. Das Blech wird bei uns immer stärker als Trigger für Dienstleistungen.“ Auch Notebooksbilliger-Chef von Wedemeyer sagt: „Wer sich stärker auf Beratung und Service konzentriert, der wird auch neben dem Online-Handel eine Perspektive haben.“

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