Kunden stehen ab 29. März dumm da

Gigaset gibt Smart-Home-Geschäft auf

Peter Marwan lotet kontinuierlich aus, welche Chancen neue Technologien in den Bereichen IT-Security, Cloud, Netzwerk und Rechenzentren dem ITK-Channel bieten. Themen rund um Einhaltung von Richtlinien und Gesetzen bei der Nutzung der neuen Angebote durch Reseller oder Kunden greift er ebenfalls gerne auf. Da durch die Entwicklung der vergangenen Jahre lukrative Nischen für europäische Anbieter entstanden sind, die im IT-Channel noch wenig bekannt sind, gilt ihnen ein besonderes Augenmerk.
Nach dem Verkauf an die Snom-Mutter Vtech gibt Gigaset das Smart-Home-Geschäft auf und schaltet den erforderlichen Cloud-Dienst kurzfristig ab. Kunden sind enttäuscht und verärgert.
Das Smart-Home-Portfolio war nicht Teil des Asset-Deals, mit dem die Telefonsparte von Gigaset übernommen wurde. Mit dem Aus des zugehörigen Cloud-Dienstes am 29. März werden die Produkte weitgehend unbrauchbar. Kunden sind zu Recht verärgert.
Das Smart-Home-Portfolio war nicht Teil des Asset-Deals, mit dem die Telefonsparte von Gigaset übernommen wurde. Mit dem Aus des zugehörigen Cloud-Dienstes am 29. März werden die Produkte weitgehend unbrauchbar. Kunden sind zu Recht verärgert.
Foto: Gigaset

Nach dem Insolvenzverfahren von Gigaset und dem Verkauf an die chinesische Snom-Mutter VTech soll das Geschäft bei Gigaset weitgehend fortgeführt werden - auch die Produktion in Bocholt. Einschnitte gibt es aber dennoch, denn für das Smart-Home-Geschäft wurde kein Verkäufer gefunden. Es wird daher eingestellt. Für Kunden ist besonders ärgerlich, weil dadurch bereits am 29. März auch die für den Betrieb der Geräte erforderlichen Cloud-Dienste eingestellt werden.

Damit sind Apps und verbundene Sensoren sowie Geräte nicht mehr nutzbar. Auch die Kamera-Service-Pakete enden kurzfristig zum 29. März 2024. Lediglich der lokale Alarm des Rauchmelders Gigaset Smoke funktioniert laut Gigaset weiterhin uneingeschränkt.

Kunden werden an den Insolvenzverwalter verwiesen

"Eine Rücksendung der Geräte ist laut Gigaset nicht möglich. Kunden haben aber die Möglichkeit, sich über ein auf der Gigaset-Webseite erhältliches Formular beim Insolvenzverwalter in der Reihe der Gläubiger hinten anzustellen. Sich hilfesuchend an das "neue" Gigaset-Unternehmen zu wenden, wird vergeblich sein: Die "unter Gigaset firmierende Erwerberin des Geschäftsbetriebes betreffend Telekommunikationsprodukte" dürfe keine Auskünfte hinsichtlich Smart Home/Care erteilen, erklärt die. Auf der Webseite sind bereits alle Inhalt zum Thema "Smart Home" gelöscht. Nutzer dürfen da also auf keinerlei Unterstützung mehr hoffen.

Für Smart-Home-Fans ist der Schritt damit sehr ärgerlich - allerdings ist er nicht ungewöhnlich. Im vergangenen Jahr hatte Google sein unter der Marke "Nest" laufendes Smart-Home-Geschäft umgekrempelt, die Smart-Home-Dienste von Livisi (früher Innogy, davor RWE) wurden zum 1. März 2024 abgeschaltet, der Dienst "Home Connect Plus" von Bosch wurde am 1.7.2023 vollständig eingestellt, immerhin funktionieren da viele Geräte noch mit dem Angebot "Home Connect".

Die Tücken der Cloud-Anbindung bei Smart-Home-Konzepten

Auch aufgrund dieser Erfahrungen empfehlen Experten, Smart-Home-Produkte, die eine Cloud-Anbindung voraussetzen, zu meiden, werden sie durch Abschalten des Cloud-Dienstes doch regelmäßig unbrauchbar - oder sind zumindest nur noch stark eingeschränkt nutzbar, wie jetzt die Rauchmelder von Gigaset.

Besser kommen Nutzer weg, wenn sie auf Geräte setzen, die herstellerübergreifende Standards unterstützen. Da bieten sich Zigbee und in Zukunft etwa "Matter" an. Das haben unter anderem AVM, Hama, TP-Link angefangen, mit ihren Produkten zu unterstützen. Ergänzend empfiehlt es sich, auf Systeme zu setzen, die eine lokale Steuerung unterstützen. Beleibt ist dafür etwa die Open-Source-Angebot "Home Assistant". Die sind zwar teilweise in der Einrichtung etwas aufwändiger, haben dafür den Vorteil, dass Nutzer nicht vom Cloud-Dienst des Geräteherstellers abhängig sind.

Eine andere, immer wieder vorgebrachte Forderung ist, dass in solchen Fällen wie jetzt bei Gigaset die Firmware der Geräte Open Source werden sollte - so dass interessierte andere Anbieter oder Dienstleister eine Art Dritt-Wartung anbieten könnten. So gut der Gedanke auch ist - es bleibt dann immer die Ungewissheit, ob sich jemand findet, der ein von anderen aufgegebenes Geschäftsfeld mit endlicher Perspektive auch tatsächlich fortführen will.

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