HP bringt neue Business-PCs heraus und will Dell direkt angreifen

30.05.2003
Die PC-Sparte ist derzeit das Sorgenkind bei HP. Das soll sich jetzt ändern. Mit neuen Business-PCs will HP die Geschäftskunden wieder zu erhöhten IT-Investitionen animieren. Und mit einem Frontalangriff auf Dell will das Unternehmen auch potenzielle Direktkunden für sich gewinnen.

HP konnte im zweiten Quartal seines aktuellen Geschäftsjahres (Ende: 30. April) weltweit 18 Milliarden Dollar Umsatz machen. Allein 7,1 Milliarden Dollar erwirtschaftete das Unternehmen in Europa, das sind rund 40 Prozent des Gesamtumsatzes. Während jedoch der Bereich Imaging und Printing mit 5,1 Milliarden Dollar nicht nur den größten Umsatzbatzen, sondern mit 918 Millionen Dollar auch den Bärenanteil des operativen Gewinns von 1,14 Milliarden Dollar beisteuerte, konnte die Personal Systems Group bei einem Umsatz von 5,1 Milliarden Dollar gerade einmal ein hauchdünnes Plus von 21 Millionen Dollar herausholen. Das ist eine äußerst magere Marge von 0,4 Prozent. Im Vorquartal waren das mit 33 Millionen Dollar immerhin 0,6 Prozent.

Eric Cador, Senior Vice President Personal Systems Group (PSG) Emea, mag diese Ergebnisse erst gar nicht auf Emea, geschweige denn Deutschland herunterbrechen. Er gibt aber zu, dass das erste Halbjahr für die PSG eine Katastrophe war. Punkt aus vorbei. Aber jetzt soll alles besser werden - etwa durch "Re-Education" der Mitarbeiter im Consumer-Bereich, also Rückfokussierung auf frühere erfolgreichere Arbeit. Und auf jeden Fall wolle man jetzt nach Abschluss der Fusion die Marktstellung der neuen HP wieder verbessern und die Profitabilität der PSG steigern.

Und diese Verbesserung basiert zum einen auf einer neuen Business-PC-Linie und zum anderen auf der Idee, Erzfeind Dell die Marktanteile wieder abspenstig zu machen, die dieser HP in der Fusions-Konfusion abgeluchst hatte.

Dell direkt im Visier

Bei Letzterer bedient sich Cador einer simpel klingenden Strategie. "Es ist nun mal eine Tatsache, dass bestimmte Kundengruppen, in der Regel die Large Accounts, vermehrt direkt beim Hersteller kaufen wollen. Und diesen Kunden kann man das einfach nicht ausreden. Aber sie müssen ja nicht unbedingt zu Dell gehen", erklärt Cador die Situation. "Wir von HP sind nun auch in der Lage, die gleichen Möglichkeiten wie Dell zu bieten und zum Teil sogar bessere. Deshalb sprechen wir gezielt diese Kunden an, um sie für uns zu gewinnen, denn wir bieten ja auch bei Bedarf Services an, die Dell nicht bieten kann." Und so könnte HP seine Marktanteile wiederbeleben. Das hieße aber keinesfalls, dass diese Strategie zu Lasten des indirekten Kanals durchgeführt werde. Ganz im Gegenteil. "Ich bin mir sicher, dass unsere neue Vorgehensweise sogar dem Fachhandel zu Gute kommt", so Cador. Die neue HP-Aggressivität im Großkundensektor sollte keineswegs wie in den USA ablaufen, wo tatsächlich der Fachhandelskanal gelitten hätte. In EMEA und damit auch in Deutschland hätte der Channel nicht nur eine Vielzahl von Geschäfts-Tools wie etwa den Top-Konfigurator, sondern auch weiterhin die massive Unterstützung von HP. So wolle man in den nächsten sechs Monaten beispielsweise aggressive und umfassende Marketingkampagnen im SMB-Segment starten.

Denn hier lauert mit Acer ein weiterer gefährlicher "Feind", den Cador voll im Visier hat und dem er gezielt entgegentreten will - teils über den Preis, teils über die neuen PCs.

Sicherer, kleiner, schneller: HPs neue PC-Linien

Ab sofort bietet HP die neue Business-Desktop-Serie d530 in drei verschiedenen Formfaktoren an. Neben dem klassischen Small-Form-Faktor und dem "Covertible Minitower", den man wahlweise aufrecht oder liegend aufstellt, gibt es noch den Ultra-Small-Desktop, der im Aussehen einem Thin Client sehr ähnelt.

Der d530 soll sich speziell für Projekte bei Geschäftskunden eignen und bietet deshalb mit 15 Monaten einen längeren Produktlebenszyklus. Er verfügt über den Intel-Chipsatz i865g, einen Gigabit-Netzwerkadapter, Serial-ATA für Festplatten, Dual-Channel DDR-Speicher sowie AGP-8x-Grafikunterstützung. Da Sicherheit immer mehr zu einem Kaufkriterium für Business-Anwender wird, hat HP die PCs mit dem Embedded Sicherheitschip "Protect Tools" ausgestattet, der den Rechner vor unberechtigtem Zugriff und Datenmissbrauch schützen soll. Auch die beiden vorderen USB-Ports lassen sich im Bios sperren. Für die hinteren Ports gibt es eine Abdeckung, die fest mit dem Gehäuse verbunden ist.

Die Gehäuse lassen sich bei Upgrades oder Reparaturen noch komfortabler als bei den Vorgängern der Evo-Linie öffnen, und auch der Austausch der Komponenten wurde vereinfacht.

Nach Ansicht von HP wurde der d330 genau auf die Bedürfnisse kleinerer und mittlerer Unternehmen zugeschnitten. Im Microtower- oder Desktop-Gehäuse stecken die neueste Intel-Pentium-Technologie mit 800 MHz Frontside-Bus und Hyperthreading-Funktionen, Grafikchip on board, bis zu vier GB Dual DDR-RAM, 1-Gbit-Ethernet serienmäßig, Festplatten mit Selbstdiagnose und sechs USB-Ports (davon zwei an der Vorderseite). Die PCs erlauben nach Firmenangabe umfangreiche Erweiterungsmöglichkeiten. Diese waren bei den Vorgängern zum Teil massiv eingeschränkt, doch laut Bernhard Fauser, Kategorie-Manager Desktop Systems, fragten die Kunden vermehrt nach Aufrüstmöglichkeiten.

Der d330 ist ab Ende Mai verfügbar und kostet in der Desktop-Version ab 829 Euro und als Mic-rotower ab 859 Euro. Die neuen Modelle des d530 sind ebenfalls ab Ende Mai lieferbar. Der Small-Form-Faktor soll ab 949 Euro und der Convertible Minitower (CMT) ab 979 Euro erhältlich sein.

In den kommenden Wochen werden dann noch neue Notebook- und PDA-Modelle sowie drei TFTs (zwei Einsteigermodelle mit 15 beziehungsweise 17 Zoll sowie ein Highend-17-Zoll-Display) den Neustart ins Marktgeschehen abrunden.

www.hp.com/de

ComputerPartner-Meinung

HP verkündete stolz, dass das Unternehmen bereits nach zwölf Monaten und nicht erst nach zwei Jahren den Merger geregelt und alles in trockenen Tüchern habe. Das ist auch gut so - für das Unternehmen, das in den vergangenen Quartalen massiv Marktanteile verloren hat und für die Fachhandelspartner, die teilweise durch verwirrende Aussagen aus den USA zur Partnerstrategie (Stichwort: Partner One) um ihre Zukunft bangten. Doch ab sofort sollen neue Strategien und neue Produkte HPs Stern wieder zum Leuchten bringen. Und damit auch wirklich alle potenziellen und ehemaligen Kunden angesprochen werden, hat HP bei der Namensgebung der neuen Produktlinie einfach beide Namen (HP und Compaq) kombiniert. Das soll wohl ausdrücken, dass alle (verbliebenen) Mitarbeiter an einem Strang ziehen. Ob dieser hohe Anspruch auch im Tagesgeschäft umgesetzt wird, werden die Fachhändler erst in den nächsten Wochen und Monaten spüren. (go)

Online mit Otto und Actebis: Händler sind empört über HPs neuen Markenshop

Mit seiner neuen E-Commerce-Strategie macht sich HP bei den Fachhändlern keine Freunde: Die meisten Partner reagierten empört auf die Eröffnung des ersten HP-Online-Markenshops (siehe ComputerPartner Online, 26. Mai 2003). Denn der traditionelle Fachhandel wird bei "hpshop24.de" nicht berücksichtigt.

Ab Juni können die Kunden das Komplettportfolio der HP Imaging und Printing Organisation online bestellen. Dazu zählen Drucker und Zubehör, aber auch Consumer-PCs, Notebooks, PDAs und Projektoren. Der Shop wurde von HP, Otto und Actebis gemeinsam entwickelt und aufgebaut. Otto bringt das Know-how für die Abwicklung des Endkundengeschäftes ein, Actebis stellt die logistische Infrastruktur. Für die Koordination und den Betrieb des Projektes wurde die Firma Agito GmbH gegründet, die in der Otto-Gruppe eingegliedert ist und ihren Sitz ebenso wie die Actebis-Tochter Peacock in Bad Wünnenberg-Haaren hat. Man reagiere mit dem neuen Angebot auf die wachsende Bedeutung des Online-Handels und verstärke sein Engagement mit bewährten Channel-Partnern, erklärt HP. IPG Vertriebsdirektor Reiner Drees: "Die E-Commerce-Angebote unserer Partner entwickeln sich von Jahr zu Jahr positiver. Online-Shopping etabliert sich zunehmend als Ergänzung zum Vor-Ort-Kauf. Wir sind gesprächsbereit, wenn weitere Partner mit eigenen E-Commerce-Vorschlägen auf uns zukommen." Damit sind aber offenbar nicht die kleinen Fachhändler gemeint. Neu ist die E-Commerce-Strategie allerdings nicht: HP-Produkte werden online bereits bei Otto, Media-Markt, Promarkt, Vobis, ARP Datacon und Amazon vertrieben. Wenn sich das neue Modell in Deutschland bewährt, soll es auch in anderen Ländern umgesetzt werden. (mf)

www.hpshop24.de

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