"Actebis geht an die Börse"

27.07.2007
Die Otto-Gruppe ist um eine Firma ärmer geworden, Actebis-Käufer Arques dafür um einen dicken Brocken größer. Actebis soll an die Börse gehen, sagt Arques - was Actebis-Lenkerin Bärbel Schmidt gut findet.

Von Beate Wöhe und

Wolfgang Leierseder

Der weltgrößte Versandhändler, die Otto Gruppe, hat es endlich geschafft: Die Distributionstochter Actebis Peacock ist verkauft. Für 110 Millionen Euro geht sie in den Besitz der Starnberger Arques Industries AG über. Der Verkauf der vier Landesgesellschaften - Deutschland, Österreich, Frankreich und die Niederlande - muss zwar noch kartellrechtlich bewertet werden, doch das dürfte keine Schwierigkeiten bereiten.

Arques bezeichnet sich selbst als Turnaround-Spezialist. Zuletzt demonstrierte er bei dem maroden SMB-Distributor COS GmbH, einer Tochter der hauseigenen tiscon AG Infosystems, seine Restrukturierungsfähigkeiten.

Im Fall Actebis rechnet Arques nach Angaben des Vorstandsvorsitzenden Martin Vorderwülbecke damit, den Neuerwerb im kommenden Jahr an die Börse bringen zu können. "Es handelt sich um ein profitables Unternehmen, das deutliche Steigerungsmöglichkeiten hat", sagte der Manager in einer Telefonkonferenz.

Zwar sei die Profitmarge von zuletzt 1,3 Prozent nicht üppig, doch zeige sie, dass Actebis aus eigener Kraft wirtschaften könne.

Arques wird Distis kaufen

Vorderwülbecke kündigte an, dass "einige Managementaufgaben, die Otto liegengelassen hat, angepackt" würden. Der bisherige Inhaber habe, da er Actebis seit Jahren habe verkaufen wollen, mögliche "Vorwärtsstrategien nicht unterstützt". So plane Arques für Actebis einige Käufe. "Einzelne Distributionskandidaten stehen schon fest", sagte Vorderwülbecke. "Wir haben konkrete Akquisitionschancen in Europa."

Zum Distributionsmarkt selbst meinte der Manager, er wachse sowohl in schöner Übereinstimmung mit dem allgemeinen IT-Wachstum als auch angetrieben von der Konvergenz und dem sogenannten "Digital Lifestyle". Vor allem in diese Richtung würden auch die geplanten Käufe weisen.

Allerdings schränkte der Manger ein: "Wir haben keine Allmachtsphantasien" sagte Vorderwülbecke. Eine Haltung, die angesichts des Rückzugs von Actebis aus diversen Ländern - so wurden die Niederlassungen in Dänemark, Norwegen, Schweden, Polen, Tschechien und der Slowakei sowie Italien und Spanien verkauft - vernünftig erscheint.

Was Actebis dazu meint

Actebis-Peacock-Geschäftsführerin Bärbel Schmidt will bei dem Distributor bleiben. "Jetzt ist es durch" waren die ersten Worte im Gespräch zwischen Bärbel Schmidt und ChannelPartner. Am Dienstagnachmittag informierte das deutsche Actebis-Peacock-Management persönlich alle Mitarbeiter über den Verkauf der vier Actebis-Niederlassungen an die Arques AG. Parallel ging eine schriftliche Information an alle Beschäftigten. Wie Schmidt gegenüber ChannelPartner sagte, sei "kein Personalabbau geplant". Das bestätigte Vorderwülbecke in der Telefonkonferenz: "Wir versuchen die Firma zu stärken. Es wird keine Entlassungen geben."

Auch im Management der vier Ländergesellschaften bleibe nach Aussagen von Arques alles beim Alten. Die Actebis-Peacock-Chefin geht davon aus, dass die Geschäftsführer, ähnlich wie unter der Führung von Otto, freie Hand in ihren Entscheidungen haben werden. Sie persönlich jedenfalls trage sich nicht mit Veränderungsabsichten.

Die einzigen bisher geplanten personellen Veränderungen gebe es für die derzeit 115 Mitarbeiter, die in Bereichen wie zentrale IT, Finanzen und Unternehmenskommunikation bei der Actebis Holding beschäftigt sind. Ihnen werden Verträge von der Actebis Peacock GmbH & Co. KG angeboten. Der Mantel der Holding soll noch so lange bestehen bleiben, bis die Garantien aus den kürzlich abgewickelten Verkäufen der Actebis-Gesellschaften in Spanien und Italien abgelaufen sind. Auch die Schweizer Landesgesellschaft bleibe vorerst weiter in der Holding aufgehängt.

Börsengang von Actebis

Dem Ziel des künftigen Eigentümers, Actebis als weiteren Broadliner - der zudem nicht mehr in der Lage ist, international zu agieren - an die Börse zu bringen, sieht Bärbel Schmidt trotzdem positiv entgegen. "Mit Sicherheit wird es Möglichkeiten geben, das Unternehmen am Kapitalmarkt zu platzieren. Die Substanz besteht, wir befinden uns im Wachstum und sind profitabel."

Dass nach einem künftigen Börsengang ein größerer Druck auf Actebis lasten könnte, sieht die Deutschland-Chefin gelassen: "Ich habe Hewlett-Packard Deutschland geleitet und den Merger von HP und Compaq vollzogen. Solches Arbeiten bin ich gewöhnt."

Eine Marschrichtung hat der neue Gesellschafter allerdings noch nicht vorgegeben. Also heißt es für Actebis vorerst wohl: Business as usual.

Einen Kommentar dazu finden Sie auf Seite 3.

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