Cisco-Händler mit technischer Unterstützung unzufrieden

18.05.2000
Über 150 Cisco-Partner aus ganz Bayern kamen nach München, um sich über die neuesten Entwicklungen unterrichten zu lassen. Leider wurden die Erwartungen nur zum Teil erfüllt, am Ende der Veranstaltung hagelte es massive Kritik.

Nachdem alle offiziellen Vorträge der siebten "Get in Ciscontact" beendet waren, durften einige der Partner in einem auserlesenen Kreis bei Chips und Bier offene Kritik an der Channel-Politik des Netzwerkers äußern.

So gab etwa Hermann Krämer von der Münchner Frey Mediacom GmbH seinem Bedauern über die mangelnde Unterstützung der Mac-Plattform seitens Cisco zum Ausdruck. Der Tenor der meisten Teilnehmer der Sitzung lautete, dass die dargebotenen technischen Vorträge eben nicht "technisch" genug, sondern zu Marketing-lastig ausfielen. "Das war alles nur eine Ansammlung von Powerpoint-Präsentationen", ereiferte sich ein Cisco-Partner aus Unterfranken. Erwünscht war vielmehr eine klare Trennung zwischen rein vertrieblichen und technischen Vorträgen. Auch Praxisbeispiele wurden von den Cisco-Partnern vermisst.

"An neuen Techniken wie ADSL oder WLAN sind wir grundsätzlich interessiert", warf Reinhard Klimas, IT-Security-Manager von der Rosenheimer Connect GmbH, ein. Ausdrücklich gelobt wurde von einem Münchener Partner der Vortrag über DSL-Technologien. Er bedauerte aber, die gleichzeitig stattfindende Veranstaltung über Virtual Private Networking nicht besucht haben zu können. Auch Krämer von der Frey Mediacom wünschte sich nur eine technisch orientierte Vortragsschiene, damit man nichts versäume.

"Die Interessen der Teilnehmer sind schwer abzugrenzen", antwortete darauf Thomas Koch, der in Deutschland für Partner verantwortliche Sales-Manager bei Cisco. "Außerdem bieten wir im Web verschiedene Technikschulungen an - Stichwort E-Learning", ergänzte Koch. Dazu kämen noch diverse News-Groups, Channel-Newsletters, aber auch reales Training für den Partner, so der Vertriebsbeauftragte weiter.

Aggressiver Marktauftritt

Einige Partner wünschen sich aber von Cisco ein wenig mehr Zurückhaltung bei ihren Kunden. So schilderte beispielsweise die einzige weibliche Teilnehmerin des Forums, dass sie beim Besuch eines wechselwilligen 3Com-Kunden von diesem erfahren musste, bereits Anfragen von drei verschiedenen Cisco-Account-Managern bekommen zu haben.

Dem entgegnete Koch, dass so etwas eigentlich nicht möglich sei. Für einen Kunden sei nur eine Cisco-Mitarbeiter zuständig. Hier wunderten sich natürlich viele Partner über die offensichtlich freien Personalkapazitäten beim Hersteller.

Jedenfalls war der obige 3Com-Abnehmer nach dieser ganzen Geschichte so entnervt, dass er meinte: "Von Cisco will ich keinen mehr sehen", worauf hin sich der Account-Manager beim Vorstand des Kunden beklagte: "Das bin ich nicht gewöhnt".

Koch verteidigte diese Vorgehensweise seines Mitarbeiters: "Wenn er sich gleich an den Vorstand gewendet hat, dann hat er einen guten Job gemacht!" Von ähnlichen, wenn auch nicht ganz so drastischen Fällen, konnten übrigens auch einige andere Partner berichten.

Hier gab Koch schließlich Verständigungsschwierigkeiten zwischen Cisco und seinen Partnern zu und versprach, an der Problemlösung zu arbeiten. "Wenn ich merke, dass Cisco etwas ohne mein Wissen tut, suche ich mir einen neuen Lieferanten", warnte Klimas. Ansonsten konnte er aber nur Gutes von den Account-Managern berichten: "Sie helfen uns bei unserem Business."

Einen Wermutstropfen hatte der Mann aus Rosenheim dennoch hinzuzufügen: und zwar hinsichtlich der mangelnden technischen Unterstützung von Cisco. "Zu einem Produkt wie dem Net Ranger bekam ich in Deutschland keine Auskünfte", beklagte sich Krämer. Vom Distributor wurde er an die Cisco-Hotline verwiesen und landete schließlich in San José. "Das darf gar nicht passieren", entgegnete dem Koch. "Auch in Deutschland haben wir kompetente Leute, die sich mit diesem Produkt auskennen." Beim Net Ranger scheint es aber nicht ganz so zuzutreffen, denn auch ein Partner aus Unterfranken bestätigte Krämers Schwierigkeiten: "Manchmal stehe ich ganz alleine da."

Wie sich Cisco selbst sieht

Dabei begann der Partnertreff in der Früh noch ganz friedlich. Er startete mit einem Einsteiger-Crash-Kurs, in dem sich der Hersteller gegenüber seinen Partnern positionierte. Cisco-Vertriebsleute stellten hier ihre drei Zertifikationsstufen Premier, Silver und Gold vor, präsentierten einige ihrer Presales-Supporttools sowie weitergehende Informationen zu ihrem Partnerprogramm. Alles in allem richtete sich diese Opening-Session an Cisco-Anfänger, alte Hasen konnten da noch daheim ausschlafen oder in Ruhe ihren Kaffee trinken.

Das änderte sich schlagartig, als Thomas Koch mit seinem Vortrag "Fachhandel im Wandel - Strategien und Business-Modelle im Zeitalter der Internet-Business-Solution" begann. Dort stellte er fest, dass Cisco 107 Millionen Dollar jährlich durch Online-Konfiguration und -Dokumentation einsparen will (siehe Kasten).

Nach dieser Einführung erwarteten die Partner elf weitere Vorträge. Dort wurden unter anderem die Absatzchancen im Sicherheitssektor abgehandelt. Hier drängt Cisco immer stärker in den VPN-Markt.

Wireless LAN im Kommen

Weitere technische Präsentationen beschäftigten sich mit Themen wie Netzwerk-Management, DSL-Technologien (Digital Subscriber Line), Layer-3-Switching, Konvergenz von Sprache, Video und Daten. Besonders großes Interesse erweckte der Vortrag über Funknetze (Wireless LAN). Im vergangenen Jahr übernahm nämlich Cisco den WLAN-Spezialisten Aironet und bietet von nun an komplette Lösungen für die drahtlose Kommunikation.

So folgte einer technischen Einführung in die unterschiedlichen Übertagungsverfahren DSSS (Direct Sequence Spread Spectrum) und FHSS (Frequency Hopping Spread Spectrum) und deren Vergleich die unvermeidbare Produktvorstellung, die sich jedoch erfreulich kurz gestaltete. Abschließend brach die Referentin eine Lanze für die DSSS-Technologie, die sich in der Praxis als weniger störungsanfällig als das FHSS-Verfahren erweise.

Anschließend durfte noch ein Vertreter der Urscom GmbH aus dem rheinischen Meerbusch einen Erfahrungsbericht zur kabellosen Vernetzung des Speditionsunternehmens Danzas abliefern. Das gesamte Projekt - vom ersten Gespräch bis zur Abnahme durch den Kunden - nahm gerade mal ein dreiviertel Jahr in Anspruch.

Offener und ehrlicher Austausch

Insgesamt zeigten sich aber alle Teilnehmer mit dem Verlauf der Veranstaltung recht zufrieden. Um beim nächsten Mal mehr Praxisbeispiele zeigen zu können, ermunterte Koch die Partner, möglichst viele Referenzkunden und -projekte mitzubringen: "Cisco macht anschließend daraus Success-Storys und veröffentlicht sie." (rw)

www.cisco.de

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