Clever verhandeln

22.03.2007
Von Schreiber 
"Uns geht's schlecht." Diese Aussage hören Vertriebsmitarbeiter oft, wenn sie Einkäufern gegenübersitzen. Deshalb trauen sich viele nicht, die Preise zu erhö-hen. Dabei führt an einer "Preisanpassung" oft kein Weg vorbei, sagt Peter Schreiber.

"Sie wissen, wie stark der Konkurrenzdruck in unserer Branche ist. Deshalb müssen Sie uns mit dem Preis entgegenkommen." Solche Aussagen hören Vertriebsmitarbeiter fast täglich, wenn sie mit den Einkäufern ihrer Industriekunden über Aufträge sowie die Liefermenge und -konditionen verhandeln. Kein Wunder, dass viele an ein Erhöhen der Preise gar nicht zu denken wagen. Dabei führt an Preiserhöhungen auch in "schlechten" Zeiten oft kein Weg vorbei.

Preiserhöhungen sind normale Preisverhandlungen

Generell gilt: Jede Preiserhöhung ist letztlich eine normale Preisverhandlung. Der einzige Unterschied: Die Initiative geht von Ihnen aus. Folglich muss eine Preiserhöhung wie jede Vertragsverhandlung vorbereitet werden. Teilen Sie deshalb Ihren (Schlüssel-)Kunden die Erhöhung nicht per "Rundschreiben" mit. Schon gar nicht mit Begründungen dergestalt, dass Sie Ihren Service verbessert haben - außer dies geschah auf Wunsch des Kunden. Sonst erwidert er Ihnen: "Den besseren Service wollte ich nicht. Warum soll ich ihn dann bezahlen?"

Preiserhöhungen müssen Sie Ihren Kunden individuell verkaufen. Also benötigen Sie eine kundenspezifische Argumentation. Informieren Sie sich, bevor Sie sich mit dem Kunden treffen, darüber: Welche Bedürfnisse hat Ihr Kunde/Gesprächspartner? Vor welchen Herausforderungen steht er? Erkunden Sie auch, wie die Zusammenarbeit verlief. Gab es Schwierigkeiten? Wie wurden sie gelöst? Ermitteln Sie auch: Welche Umsätze erzielte Ihr Unternehmen mit dem Kunden? Wie war die Umsatz-/Preisentwicklung in den zurückliegenden Jahren? Welchen Lieferanteil haben Sie? Wo liegen Cross-Selling-Möglichkeiten?

Nutzen der Zusammenarbeit vor Augen führen

Loten Sie beim Treffen mit dem Kunden zunächst dessen Stimmung aus. Ist er "schlecht drauf", vertagen Sie das Thema Preiserhöhung. Wenn nicht, führen Sie ihm zunächst nochmals vor Augen, welchen Nutzen er aus der Zusammenarbeit zieht. Dies sollten Sie ihm jedoch nicht einfach sagen, sondern Sie sollten ihn besser fragen: Wie lief dieses, wie lief jenes? Hat sich die Lösung bewährt? Sagt Ihr Kunde, eine Lösung sei gut gewesen, bestärken Sie ihn hierin. Und wenn der Kunde wider alle Erwartung sagt: "Damit hatten wir ein Problem", was dann? Dann bejahen Sie dies gelassen und fahren zum Beispiel mit der Frage fort: "Aber meines Wissens haben unsere Leute das umgehend gelöst, sodass Sie ...?"

Hat der Kunde den Nutzen vor Augen, sollten Sie sagen: "Ich entnehme Ihren Ausführungen, dass Sie mit unserer Zusammenarbeit zufrieden ist?" Bejaht der Kunde dies, folgt der Anschluss: "Dann wollen Sie sicher auch künftig mit uns zusammenarbeiten." Bestätigt der Kunde auch dies, sollten Sie Ihre Freude hierüber artikulieren, bevor Sie zum Beispiel mit der Aussage "Dann sollten wir noch ein Detail klären" zum Thema Preiserhöhung überleiten. Nun entrollen Sie Ihre gesamte Argumentation, von den gestiegenen Rohstoffpreisen bis hin zur neu eingeführten Lkw-Maut, bevor der Abschluss folgt: "Deshalb müssen wir unsere Preise um 4,73 Prozent erhöhen." Nicht fünf Prozent, schließlich ist die Erhöhung scharf kalkuliert.

Preiserhöhung relativeren und isolieren

Ihr Partner wird Zeter und Mordio schreien und eventuell sogar sagen: "Dann ist unsere Zusammenarbeit beendet." Darauf sollten Sie zum Beispiel ruhig erwidern: "Das haben wir uns gedacht. Deshalb haben wir nochmals mit unseren Zulieferern verhandelt. Außerdem haben wir die Abläufe XY optimiert. Dadurch konnten wir unsere Kosten um fast zwei Prozent senken, weshalb wir unsere Preise letztlich nur um 2,87 Prozent erhöhen müssen." Ihrem Verhandlungspartner wird ein Stein vom Herzen fallen. Dies bedeutet aber noch nicht, dass er die Erhöhung akzeptiert. Vielmehr ist nun erst die Basis für die weitere Preisverhandlung gelegt.

Hierbei müssen Sie als Verkäufer das gesamte Instrumentarium auspacken, das sie auch ansonsten bei Vertragsverhandlungen brauchen. Hierzu zählt, dass Sie die Erhöhung relativieren. Zum Beispiel, indem Sie sagen: "Unser Bauteil hat bei Ihren Stückkosten nur einen Anteil von vier Prozent. Wenn wir unsere Preise um 2,87 Prozent erhöhen, steigen Ihre Stückkosten nur um circa 0,15 Prozent, also 87 Cent. Wollen Sie dafür das Risiko eingehen, dass ...".

Zudem sollten Sie die Preisdifferenz isolieren - zum Beispiel, indem Sie, wenn Ihre Preisvorstellung und die des Kunden zwei Prozent auseinanderliegen, sagen: "Wenn wir also 3.500 Euro kompensieren, dann würden Sie mir den Auftrag erteilen." Stimmt der Kunde dem zu, können Sie ihn bitten, Ihnen Vorschläge zu unterbreiten, wie die Differenz kompensiert werden kann. Zum Beispiel: Der Kunde übernimmt den Transport, oder das Zahlungsziel wird verändert.

Generell gilt: Wenn Sie das Thema "höhere Preise" angesprochen haben, dann dürfen Sie sich nicht mit dem alten zufriedengeben - außer Ihr Kunde offeriert Ihnen Möglichkeiten, mit denen Sie den Verzicht legitimieren können. Außerdem müssen Sie sich gegen jeden Nachlass ebenso hartnäckig wehren, wie Sie dies auch sonst in Preisverhandlungen tun. Sonst hat der Einkäufer das Gefühl: "Der wollte es mal probieren." Das belastet Ihre Beziehung. Zudem kann der Einkäufer dann anschließend nicht stolz sagen: "Weil ich so geschickt verhandelt habe, müssen wir nur ein statt drei Prozent mehr bezahlen." MF

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