Stefan Reif leitet das Competence Center Workspace Innovation des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) und erforscht Lösungen für nachhaltige Arbeits- und Bürokonzepte.
Herr Reif, was sind denn die Beweggründe, sich mit Arbeits- und Bürowelten als Forschungsgegenstand zu beschäftigen?
Stefan Reif: Allein in Deutschland arbeiten schätzungsweise rund 18 Millionen Menschen und damit mehr als 40 Prozent der Erwerbstätige in Büros. Für uns ist das Grund genug, sich damit zu beschäftigen wie man Büroarbeit so gestaltet, dass man Innovationen, Leistung und zugleich Wohlbefinden fördern kann. Das bezieht sich nicht nur auf das Büro des eigenen Unternehmens, sondern auch mobil von unterwegs, zu Hause oder im Co-Working-Center. Immerhin verbringen viele den wesentlichen Teil ihres Lebens damit. Außerdem wachsen Arbeit und Freizeit immer mehr zusammen.
Gibt es aus Ihrer Sicht eklatante Missstände in existierenden Büroumgebungen?
Reif: Es gibt tatsächlich noch zahlreiche gesichtslose und wenig inspirierende Büros, die jeglicher Performance abträglich sind, Büros, die mehr einer Verwahranstalt als einem Ort von Inspiration, Produktivität und Wohlbefinden gleichen.
Wie wird Ihrer Ansicht nach das Büro der Zukunft aussehen?
Reif: Das Büro der Zukunft wird multilokal sein - das bedeutet, dass immer mehr Menschen unterschiedliche Arbeitsplätze innerhalb und außerhalb von Büros nutzen. Sie arbeiten unterwegs, zu Hause, im Co-Working-Zentrum, gemeinsam bei Freunden oder Angehörigen auf dem Land und in Verkehrsmitteln, aber selbstverständlich auch weiterhin in Büros. Die Büros werden darauf ausgelegt werden, dort höchstproduktiv und gemeinsam arbeiten zu können.
An welchen konkreten Problemstellungen arbeitet derzeit Ihr Forscherteam?
Reif: Zurzeit erarbeiten wir mithilfe zahlreicher weiterer Experten unseren "Forecast 2025 - wie wir morgen arbeiten und leben werden". Das Projekt werden wir voraussichtlich bis März 2012 abgeschlossen haben. Erste Einblicke werden wir bereits zu unserem Zukunftsforum am 26. Januar 2012 in Stuttgart vorstellen. Darüber hinaus arbeiten wir derzeit mit Hochdruck an der Fertigstellung unseres Workspace Innovation LAB in Stuttgart. In diesem "lebenden" Labor zur Büroarbeit wollen wir in den kommenden Jahren die Auswirkungen unterschiedlicher Arbeitsformen, Bürogestaltungen sowie Kommunikations- und Bürolösungen im explorativen Studiensetting im realen Arbeitsprozess erforschen.
Welche Auswirkungen wird das Thema "Home Office und Telearbeit" auf das Drucken haben?
Reif: Die Zunahme von multilokalen Arbeitsformen wird zu einer weiteren Digitalisierung der Arbeitsprozesse, Arbeitsweisen und vor allem Gewohnheiten beitragen. Für zahlreiche Mitarbeiter, die sich nicht immer am gleichen Ort aufhalten, wird das Thema Cloud-basiertes Drucken an Bedeutung gewinnen. Zwar kann ich heute wunderbar meine Konzeptionen, Präsentationen und Berechnungen zu Hause erstellen, dennoch müssen viele für eine professionelle papierbasierte Aufbereitung derselben den Umweg übers Büro machen. Ich rechne damit, dass die Nachfrage nach entsprechenden Diensten in Stadtteilen und an Verkehrsknotenpunkten steigen wird.
Welche Rolle werden Umweltschutzaspekte künftig spielen?
Reif: Wie in allen Bereichen des Lebens nimmt die Umweltorientierung zu - auch in puncto Gestaltung, Ausstattung und Betrieb von Büros. Wir gehen davon aus, dass wir schon bald auch einen ökologischen Fußabdruck unserer Arbeit in Echtzeit ermitteln können und dies auch auf unser Verhalten einwirkt. Auf dem Markt für Büroimmobilien gibt es beispielsweise eine extrem hohe Nachfrage nach ökologisch zertifizierten Flächen, sowohl zum Kauf als auch zur Miete. Teilweise sind andere Flächen nur noch mit hohen Preisabschlägen an den Mann zu bringen.
Ist Umweltschutz im Büro nur möglich, wenn er sich auch finanziell rechnet?
Reif: Definitiv nein. Eine unserer Studien zeigt, dass es für ein ökologisches Umdenken mehrere Gründe gibt. Da sind zum einen die Attraktivität für Mitarbeiter und das Image gegenüber Kunden, aber genauso der Wunsch, "etwas für die Umwelt" zu tun. Je besser sich Maßnahmen rechnen, umso einfacher sind diese natürlich umzusetzen. Es gibt bereits heute im Büroumfeld zahlreiche bereits bewährte Lösungen für mehr Ökologie, die sich rechnen, aber das sind Ansätze mit leichtem Pioniercharakter. (awe)
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