Ein unmoralisches Angebot

28.08.2006
Mit "lebenslanger Garantie" zu werben, ist in Deutschland verboten. Einige Hersteller haben es trotzdem getan. Verantworten müssen sich dafür jetzt ihre Händler.

Von Marzena Fiok und Wolfgang Leierseder

Cisco, HP, Belkin, D-Link, Allied Telesyn, Transcend, SMC Networks - sie haben es alle getan. Sie haben ihre Produkte mit einer "lebenslangen Garantie" beworben. Doch was in anderen Ländern längst Standard ist, darf in Deutschland noch lange nicht sein: Hier wird nämlich nicht nur die Mindest-, sondern auch die Höchstlaufzeit der Garantie gesetzlich geregelt. Wer mehr als 30 Jahre bietet, verstößt gegen das Wettbewerbsrecht.

Das haben in den vergangenen Wochen zahlreiche Online-Händler schriftlich gekriegt: Weil sie den Begriff "lebenslange Garantie" von den Herstellerseiten übernommen haben, flatterte ihnen eine Unterlassungserklärung ins Haus.

Ausgelöst hat die aktuelle Abmahnwelle die Bug Computer Components AG, selbst Betreiber eines Online-Verkaufsportals für Computer- und Elektronikartikel, die ihr Vorgehen mit dem Schutz der Verbraucher erklärt: "Die meisten Menschen, die online Computer- oder Elektronikartikel bestellen, kennen sich doch im komplizierten Internet-Recht gar nicht aus. Wie sollen die wissen, dass so etwas unzulässig ist? Da fällt man leicht auf wohlklingende Versprechungen herein. Das können wir nicht hinnehmen, allein schon, um Schaden von unserer gesamten Branche abzuhalten", sagt Markus Frank, Gesamtvertriebsleiter der Bug Computer Components AG.

Die "wohlklingenden Versprechungen" hatte Bug einst allerdings selbst übernommen und wurde dafür ebenfalls abgemahnt. Der Händler darf mit der lebenslangen Garantie nicht mehr werben und will wohl deshalb verhindern, dass es andere noch tun. Die Hersteller kann Bug allerdings nicht angehen: Abmahnen darf man nur die eigenen Wettbewerber, in diesem Fall also andere Online-Shops.

Lieber genau informieren

Keiner der betroffenen Händler möchte namentlich genannt werden, schließlich handelt es sich um laufende Verfahren. Allerdings ist man nicht nur sauer auf den abmahnenden Konkurrenten, sondern auch auf die Hersteller: Man habe sich natürlich darauf verlassen, dass die großen Firmen schon wissen, was sie tun, so der Tenor.

Das ist bei den meisten - inzwischen - auch der Fall, nur müssen die Händler auch das aktuelle Kleingedruckte lesen: So heißt es bei Transcend: "Die lebenslange Garantie gilt vorbehaltlich der jeweils lokalen Gesetzgebung." Bei anderen Herstellern ist dann auch von einer "limitierten" oder "begrenzten lebenslangen Garantie" die Rede. Auch bei Procurve Networking von HP ist man auf 30 Jahre zurückgerudert, der Begriff "lebenslange Garantie" findet sich auf der Homepage aber noch in alten Datenblättern, wie beispielsweise denen für die 7000dl-Serie.

Andere Hersteller hatten das Problem bis zur aktuellen Abmahnwelle noch gar nicht auf dem Radar: So hat SMC seine fünfjährige Garantie für alle managebaren Switches erst im April auf "lebenslänglich" umgestellt. Das Angebot war eine Konsequenz aus dem Feedback der autorisierten Fachhandelspartner und Distributoren. Wie Wolfgang Scherer, Produkt-Marketing-Manager EMEA damals erklärte, habe man gemeinsam beschlossen, sich mit der lebenslangen Garantie "den Kunden gegenüber erkenntlich zu zeigen und zu signalisieren, wie groß unser Vertrauen in unsere Produkte ist".

Damit, dass der deutsche Gesetzgeber den Kunden vor großzügigen Angeboten schützen will, hat eben niemand gerechnet. Jetzt will man die rechtliche Lage prüfen.

Belkin will Händler schützen

Das hat die Belkin GmbH bereits getan, denn auch Fachhandelspartner dieses Herstellers sind von der Abmahnwelle betroffen. Die Rechtsauffassung, dass es sich bei einer lebenslangen Herstellergarantie um irreführende Werbung handelt, da sie gegen das Verbot verstoße, die Verjährungsfrist über einen Zeitraum von 30 Jahren hinaus zu verlängern, teilen die Rechtsanwälte des Anbieters demnach nicht: Denn ein Anspruch auf Garantie entstehe erst, wenn der Schaden wirklich eintritt, die Verjährungsfrist könne also erst dann zu laufen beginnen, wenn sich der Defekt zeigt. "Daher kann eine Herstellergarantie nach Belkins Auffassung in zulässiger Weise auf unbestimmte Zeit, nämlich für die Lebensdauer des Produktes gegeben werden", heißt es. Einen Grund dafür, dass die Händler den Kopf für das Angebot des Herstellers hinhalten sollen, sieht man im Übrigen auch nicht: Schließlich gehe es bei einer Herstellergarantie gerade nicht um die Verlängerung der Gewährleistung des Verkäufers, sondern um eine eigene vertragliche Verpflichtung von Belkin.

Deshalb werden die Händler mit ihrem Problem auch nicht allein gelassen: "Derzeit überlegen wir in Abstimmung mit unserer Muttergesellschaft in den USA, wie wir gegen solche Abmahnungen vorgehen können, damit die Einzelhändler in ihrer täglichen Arbeit nicht beeinträchtigt werden, weil sie Zeit und Ressourcen für solche Fälle aufbringen müssen."

Zunächst hat man sich der "nicht eindeutigen aktuellen" Rechtssprechung aber gebeugt und beschlossen, künftig nicht mehr mit einer lebenslangen, sondern nur noch mit einer Garantie von 30 Jahren zu werden. Das bedeute aber nicht, dass sich die Qualität der Produkte geändert habe, betont Belkin, sondern sei als schützende Maßnahme zu sehen: "Wir wollen nicht, dass unsere Vertriebspartner und ihr Geschäft in Mitleidenschaft gezogen und der Gefahr möglicher Abmahnungen ausgesetzt werden."

Keine lebenslange Garantie versprechen

Auch die IHK Hannover warnt inzwischen vor der Werbung mit lebenslanger Garantie und gibt Tipps für den Ernstfall: Inhaltlich könnte man einer entsprechenden Abmahnung damit begegnen, dass die Werbeaussage einen Vertrauensschutz des Kunden begründet. "Solange der Werbende den Eindruck erweckt, dass er seine Garantiezusage einhält, würde eine dennoch erhobene Verjährungseinrede gegen das Gebot von Treu und Glauben nach § 242 BGB verstoßen. Erst wenn der Werbende von seiner Zusage abrückt, wäre der Kunde gehalten, innerhalb einer angemessenen Frist seinen Garantieanspruch gerichtlich durchzusetzen. Wegen dieses geringen Restrisikos wäre ein Bagatellverstoß anzunehmen, an dessen Verfolgung kein wettbewerbsrechtliches Interesse bestehen dürfte", heißt es. Im Fall einer entsprechenden Abmahnung solle man Kontakt mit der IHK aufnehmen oder sich anwaltlich beraten lassen.

Am Besten sei es allerdings, das Risiko eines Rechtsstreits erst gar nicht einzugehen.

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