FOKUS: Aktionäre uneins über Zukunft von freenet

19.07.2007
Von Stefan Paul Mechnig

Von Stefan Paul Mechnig

Dow Jones Newswires

DÜSSELDORF (Dow Jones)--Unmittelbar vor der Hauptversammlung von freenet sind die großen Aktionäre uneins über die künftige Aufstellung des Internet- und Mobilfunkanbieters. Während mindestens zwei Gesellschafter nach Informationen mehrerer mit der Materie vertrauter Personen für eine Aufspaltung des gerade erst fusionierten Unternehmens plädieren, sind andere für die Beibehaltung des auf Konvergenz abzielenden Geschäftsmodells. Massive Kritik dürfte am Freitag auf dem Aktionärstreffen in Hamburg an einem neuen Aktienprogramm geübt werden.

Der Vorstandsvorsitzende Eckhard Spoerr hatte vor wenigen Tagen erklärt, nur der Großaktionär und Wettbewerber Drillisch halte die Forderung nach einer Zerschlagung der freenet AG nachhaltig aufrecht. Drillisch besitzt 8% der Anteile des Hamburger TecDAX-Unternehmens. Der Vorstandsvorsitzende Paschalis Choulidis sagte dieser Nachrichtenagentur kürzlich, er stehe Spoerrs Strategie sehr kritisch gegenüber.

Zumindest ein weiterer großer Investor sieht aber offenbar keinen Grund, an der Kombination von Mobilfunk und Internet/Festnetz festzuhalten. "Es ist sinnvoll, einen Käufer für den Festnetzbereich zu finden", sagte eine mit den Vorstellungen des Investors vertraute Person. Zwar treibe der besagte Aktionär eine derartige Entwicklung nicht voran. Aber wenn ein guter Preis geboten werde, sei er für eine Aufteilung "sehr offen".

Vor einigen Wochen hatte sich bereits der Investor Florian Homm, dessen Fondsgesellschaft Absolute Capital Management mit 3% an freenet beteiligt ist, für eine Zerschlagung ausgesprochen. Auch einen Komplettverkauf zog er in Betracht. Wie Homm derzeit darüber denkt, ist offen - er wollte sich vor der Hauptversammlung nicht äußern. Den Verkauf an einen Wettbewerber lässt der Vorstandsvorsitzende Spoerr derzeit prüfen. Allerdings ist er explizit gegen eine Aufspaltung.

Nachdem die lange blockierte Fusion von freenet und mobilcom im Frühjahr verwirklicht werden konnte, kam der neue Anbieter kürzlich mit Bündelprodukten aus Handy- und DSL-Tarifen auf den Markt. Nach Angaben einer informierten Person gibt es ein paar Tausend Kunden, die aber keine einheitliche Rechnung erhalten, weil die Abrechnungssysteme noch nicht vereinheitlicht seien.

Zu den erklärten Befürworten des kombinierten Marktangangs zählt die Berliner Teles AG, die 3,7% an freenet hält. "Aus heutiger Sicht wäre eine Abspaltung absolut widersinnig", sagte Teles-Finanzvorstand Olaf Schulz zu Dow Jones. Auch die britische Fondsgesellschaft Hermes ist - anders als in der Presse dargestellt - nach Auskunft eines Sprechers nicht für eine Zerschlagung. Allerdings hatte Hermes kürzlich den freenet-Vorstand gerügt, weil er nur nach Übernahmen Ausschau gehalten, aber nicht auch einen Verkauf in Betracht gezogen habe. Zuletzt hatte sich freenet um den Kauf des Mobilfunkers Talkline bemüht, der dann aber an den Wettbewerber debitel ging.

Sauer aufgestoßen ist Hermes auch das Aktienwertsteigerungsprogramm, das der Aufsichtsrat im Mai verabschiedet hatte. Drillisch will vor allem deswegen sogar das Kontrollgremium auf der Kapitalseite mit neuen, unbelasteten Leuten besetzt sehen und schlägt der freenet-Hauptversammlung Gegenkandidaten vor. Dabei kann das Unternehmen bereits auf die Unterstützung von mindestens einem anderen Gesellschafter zählen, wie eine informierte Person sagte. Aus einer anderen Quelle war zu hören, dass noch ein zweiter Großaktionär erwägt, bei der Neuwahl des Aufsichtsrats gegen die vom Management vorgeschlagenen Kandidaten zu stimmen.

Wegen des Aktienprogramms erwägt dieser Investor den Angaben zufolge auch, den bisherigen freenet-Kontrolleuren die Entlastung zu verweigern. Ein weiterer Großaktionär ist nach Angaben einer mit der Sachlage vertrauten Person ebenfalls "nicht ganz zufrieden." Doch es gibt auch hier Befürworter: So haben K Capital Partners aus den USA, die gleichfalls 3,3% halten, an dem Programm nichts auszusetzen. Hierbei geht es um Barzahlungen von insgesamt 50 Mio EUR über mehrere Jahre, auf die der Vorstand und andere Führungskräfte Anspruch haben, wenn der Kurs der freenet-Aktie bestimmte Hürden nimmt.

Die erste Tranche dieses Programms wird laut Geschäftsbericht fällig, wenn der Kurs den Basiswert von gut 17 EUR bis 2012 mindestens einmal um 5% übersteigt. Für die weiteren Tranchen erhöht sich der Prozentsatz um jeweils 5 Prozentpunkte. "Die Erfolgsziele scheinen nicht sehr ambitioniert", kritisiert auch Markus Neumann, der die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) auf der Hauptversammlung vertreten wird. Er sieht hier deutlichen Klärungsbedarf und behält sich ebenfalls vor, Aufsichtsrat und Vorstand nicht zu entlasten.

Bei anderen Gesellschaftern kann Spoerr jedoch auf Rückendeckung zählen. Vatas, seit Mai mit 19% als größter Einzelaktionär dabei, erklärte, man werde für die Entlastung stimmen und habe "vollstes Vertrauen in den Vorstand". Für die zahlreichen Anträge auf Erhöhung der geplanten Sonderdividende von 5,50 EUR haben die meisten Anteilseigner kein Verständnis - sie teilen die Argumentation des Managements, dass dies aus rechtlichen Gründen nicht möglich ist.

Mit Spannung werden sie aber darauf warten, wie Spoerr die jüngsten gegen ihn persönlich erhobenen Vorwürfe entkräften will. Ein Ex-Buchhalter beschuldigt den Manager jetzt erneut, vor Jahren über ein Geflecht von Beteiligungen in die eigene Tasche gewirtschaftet und dem Unternehmen Schaden in zweistelliger Millionenhöhe zugefügt zu haben. Bisheriger Kommentar von Spoerr: "Alles falsch".

Webseite: http://www.freenet-ag.de

-Von Stefan Paul Mechnig, Dow Jones Newswires, ++ 49 (0) 211 - 13 87 213,

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