Gespür für den Kunden

03.05.2007
Von Vogel 
Was unterscheidet unsere guten Verkäufer von unseren Top-Verkäufern? Das ist oft nicht einmal deren Vorgesetzten klar. Zwei zentrale Unterschiede gibt es, so Ingo Vogel: das Gespür für den Kunden und die genutzte Sprache.

Vertriebsalltag. Mehrere Verkäufer wetteifern um die Gunst der Kunden. Der eine zieht einen Auftrag nach dem anderen an Land. Seine Kollegen hingegen stehen oft mit leeren Hän-den da. Dabei bieten alle Verkäufer den Kun-den dieselben Produkte an. Auch fachlich sind sie ähnlich fit. Schließlich haben sie dieselben Schulungen durchlaufen. Woher rührt also der Unterschied? Auf diese Frage wissen auch die Vorgesetzten der Verkäufer oft keine Antwort.

Erfolgsfaktor 1: eine positive Einstellung zum Verkaufen

Wenn ein Verkäufer seinen Beruf nicht mag und den Kontakt mit Kunden scheut, hat er von Anfang an verloren. Denn er gleicht einem Lehrer mit der Einstellung "Meine Schüler sind dumm und bleiben dumm." Er sollte den Job wechseln. Umgekehrt gilt: Wenn ein Ver-käufer seinen Beruf mag, kann er sich, wenn er ein Formtief hat, selbst motivieren. Bei schwierigen Kunden denkt er: "Jetzt kann ich mein Können beweisen". Mit dieser Grundein-stellung hat er schon halb gewonnen.

Erfolgsfaktor 2: einen guten Ersteindruck machen

Ein weiteres Merkmal von Spitzenverkäufern ist: Sie vermitteln Kunden im Erstkontakt schnell das Gefühl "Mir steht ein Profi gegen-über, dem ich vertrauen kann". Dieses Urteil bilden sich Kunden meist in Sekundenbruch-teilen. Zum Beispiel, während der Verkäufer ihnen nach dem Türöffnen die Hand zum Gruß entgegenstreckt. Dann scannen die Augen des Kunden den Verkäufer von oben bis unten: Was drückt seine Körperhaltung aus: Sicher-heit oder Unsicherheit? Wie wirken seine Au-gen: Müde oder wach? Was zeigt seine Mi-mik: Interesse oder Langweile? Anhand sol-cher Faktoren bilden sie sich ihr erstes Urteil. Wichtig ist auch die Kleidung, denn sie sendet ebenfalls Botschaften an den Kunden Bot-schaften. Und im Gegensatz zur Mimik und Gestik können Verkäufer sie im Verlauf des Gesprächs nicht korrigieren. Der Kunde hat vielmehr die Faktoren, die bei ihm negative Assoziationen wecken, stets vor Augen – zum Beispiel den protzigen Siegelring oder den abgewetzten Hemdkragen.

Erfolgsfaktor 3: den Kunden wertschätzen

Ein weiteres Merkmal von Spitzenverkäufern ist: Sie vermitteln ihren Kunden das Gefühl, das sie deren Person wertschätzen. Diese Wertschätzung dokumentiert sich unter ande-rem darin, dass Top-Verkäufer ihre Verkaufs-gespräche nicht nach Schema F gestalten. Sie registrieren vielmehr hellwach die Signale der Kunden und reagieren spontan darauf. Sie sig-nalisieren: Ich nehme deine Lebenssituation wahr und achte dich als Person. Schafft er es, Parallelen zur eigenen Person aufzuzeigen, hat er Sympathie gewonnen.

Erfolgsfaktor 4: beim Kunden gute Gefühle erzeugen

Spitzenverkäufer wissen, dass ihre Kunden nicht nur technische beziehungsweise fachli-che Bedürfnisse haben. Sie haben auch emoti-onale Bedürfnisse – zum Beispiel, dass der Verkäufer sie nicht nur als "Provionsbringer" sieht. Oder dass er ihre Sorgen, Nöte und Be-denken versteht. Also verhalten sich Spitzen-verkäufer entsprechend – zum Beispiel, indem sie sich nach der Lebenssituation ihrer Ge-sprächspartner erkundigen. Hat der Kunde das Gefühl: Der Verkäufer nimmt mich wahr und ernst, öffnet er sich und beginnt zu erzählen. Somit liefert er dem Verkäufer auch die nötige Information, um seine Lösung so zu präsentie-ren, dass beim Kunden gute Gefühle geweckt werden.

Erfolgsfaktor 5: eine bildhafte Sprache sprechen

Dies ist ein weiteres Merkmal von Spitzenverkäufern. Sie füttern ihre Kunden nicht nur mit Daten und Fakten wie "Diese Geldanlage hat eine Verzinsung von fünf Prozent". Stattdes-sen sagen sie zum Beispiel: "Wenn Sie diese Anlageform wählen, können Sie in 20 Jahren entspannt Ihren Lebensabend genießen und mit Leichtigkeit das Studium ihrer jüngsten Tochter finanzieren." Sie übersetzen also die Fakten in die Lebenssituation des Kunden. Doch nicht nur das: Sie benutzen auch "Magic Words" wie "entspannt" und "mit Leichtig-keit", die beim Kunden positive Assoziationen auslösen. Und schon erzielen sie eine andere Wirkung als ihre Kollegen, der nur Daten und Fakten referieren.

Erfolgsfaktor 6: die Kraft der Worte nutzen

Richtig gewählt und genutzt können Worte im Verkaufsgespräch eine sehr scharfe "Waffe" sein – insbesondere, wenn sie Kunden zum Träumen bringen. Dies geschieht nur, wenn Verkäufer und Kunde im Gespräch auf einer Welle schwimmen. Ist der Verkäufer dem Kunden nicht sympathisch oder misstraut er ihm gar, lässt er sich von ihm auch nicht (ver-)führen. Deshalb sollten Verkäufer im Kun-dengespräch alle Worte meiden, die diese Harmonie gefährden. Sie sollten zum Beispiel die Worte "nie", "jeder", "alle" und "immer" aus ihrem Wortschatz streichen. Denn sie ent-halten eine Verallgemeinerung. Deshalb pro-vozieren sie Einwände und Widerstände.

Auch die Worte "aber", "trotzdem", "doch" und "nein" sollten tabu sein. Denn sie schaffen einen Graben zwischen dem Verkäufer und seinem Gesprächspartner. Statt dieser "Unwor-te" sollten Verkäufer mehr Magic Words – also Worte wie "phantastisch", "einzigartig" oder "traumhaft" – in ihr Sprachrepertoire auf-nehmen, die in den Köpfen der Menschen schillernde Bilder entstehen lassen und sie zum Zustimmen und Mitmachen verleiten.

Erfolgsfaktor 7: üben, üben und nochmals üben

Kein Verkäufer entwickelt sich über Nacht zum Top-Verkäufer – gerade weil der Schlüs-sel hierzu in der Persönlichkeit liegt. Hinzu kommt: Neben der Lebenssituation der Kun-den sind auch deren Erfahrungen und Wert-vorstellungen verschieden. Deshalb kommt man mit Standardformulierungen im Ver-kaufsgespräch nicht weit. Vielmehr gilt es die Sensibilität dafür zu schärfen: Wer steht mir gegenüber? Und: Mit welchen Worten kann ich diese Person erreichen? Dies setzt auch eine gewisse Schlagfertigkeit voraus – um auf neue Informationen angemessen zu reagieren. Diese Fähigkeit gilt es zu trainieren. Damit der Kunde das Gefühl hat: Der Verkäufer kaut nicht nur einstudierte Sätze wieder, sondern er kommuniziert mit mir. MF

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