IBM legt die Lizenzkarten offen

09.07.2007
Wer bislang von IBM Preise für Softwarelizenzen bei Servern erfahren wollte, war auf ein ebenso kryptisches wie kaum detailfreudiges Modell angewiesen, das der IT-Riese im letzten Jahr im Zusammenhang mit seinen neuen Power6-Chips vorgestellt hat.

Von Wolfgang Leierseder

Seit dieser Woche lässt sich IBM ein wenig in die Lizenzkarten schauen. Das Unternehmen hat nämlich in einem Brief an Kunden erläutert, welche Softwarelizenzen diese für welche Serverplattformen zahlen müssen.

In dem Brief erfahren Kunden, dass erstens IBM eine neue Maßeinheit erfunden hat. Sie wird Processor Value Unit (PVU) genannt und basiert nach wie vor auf ebenso eigentümlichen wie hoffentlich zumindest IBM-transparenten Maßeinheiten. Es fällt zweitens auf, dass IBM den eigenen Chip Power6 mit 120 Prozent PVUs bewertet. Der Vorgänger Power5 wird dagegen mit 100 Prozent bewertet. Daraus folgt, dass Kunden beim Einsatz der Dual-Core-Chips 1,2 Serverlizenzen pro Core (nicht Socket) zu bezahlen haben.

Nun hat IBM versichert, dass der neue Power-Chip seinen und damit auch diesen Preis wert sei. Immerhin übertrifft der Chip seinen Vorgänger in Benchmark-Tests deutlich.

Doch was IBM nicht sagt, ist, wie es die im Juli vorigen Jahres erstmals vorgestellten PVUs seinen Kunden ernsthaft vermitteln will. Reine Benchmarks sagen bekanntlich wenig über die tatsächlichen Lasten, Skalierungen und Transaktionen in Unternehmensumgebungen aus.

Klar erscheint nur, dass IBM nicht daran denkt, seine beträchtlichen Softwaregewinne zu schmälern. Stattdessen legt es eine Lizenzierungseinheit vor, die vor allem Marketing für die eigenen Server machen.

So bewertet IBM unisono den hauseigenen Power5-Chip, Suns UltraSparc- und Intels Itanium-Chip mit 100 PVUs. Eine Erklärung dafür, warum dem so sein soll, bleibt der IT-Riese auch in seinen Präsentationen schuldig. Dass die x86-Chips mit 50 PVUs, Suns Oldtimer UltraSparc T1 mit acht Cores mit 30 PVUs pro Core bewertet werden, macht das Bild nicht klarer. Weshalb IBM auf die Idee kommt, den Kunden mit diesem vor allem verwirrenden Preismodell zu konfrontieren, bleibt ein Rätsel. Für den Kunden allerdings nur solange, wie er nicht bedenkt, dass die neben Microsoft größten Softwareanbieter IBM und Oracle auch am meisten im Multi-Core-Spiel zu verlieren haben.

Deshalb verwundert es auch nicht, dass Oracle nach langen Mühen im März dieses Jahres ein ähnlich verwirrendes Lizenzschema vorgestellt hat. Bei diesem fällt wiederum auf, dass es im SQL-Einstiegsbereich, also dort, wo Oracle mit Microsoft konkurriert, mit einer Socket-Lizenzierung aufwartet. Insgesamt aber bemühen sich beide Anbieter, es Kunden so schwer wie nur möglich zu machen, ihre Lizenzpreise vergleichen zu können. Dazu erklärte ein Beobachter, der namentlich nicht genannt werden will: "Die ISVs (Independent Software Vendors) entscheiden über die Lizenzpreise. Man müsste hier eine Initiative starten mit dem Ziel, die Lizenzpreise transparent zu machen und somit den Kunden einen realen Vergleich zu ermöglichen."

Zu den ISVs ist zu sagen, dass sich die meisten darauf verständigt haben, ihre Lizenzmodelle auf der Basis von Sockets zu definieren. Die Debatte CPU versus Core haben sie kundenfreundlich gelöst.

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