Karriereknick als Chance

18.01.2007
Von Madeleine Leitner
Wirtschaftspsychologin Madeleine Leitner zeigt, wie man selbst von beruflichen Rückschlägen noch profitieren kann.

Ein unerwarteter Rausschmiss. Ein zugesagter Karriereschritt lässt zu lang auf sich warten. Eine andere Person wird Ihnen plötzlich vorgezogen. Es gibt mal wieder eine Umstrukturierung, und Sie und Ihr Job sind einfach überflüssig. Eine Fusion kommt, und diesmal hat Ihr Chef gegen den der anderen Firma verloren. Die Firma geht pleite. Der Sohn des Chefs will den Laden doch nicht übernehmen, sondern lieber verkaufen. Oder, oder, oder...

1. Was ist ein Karriereknick?

Wahrscheinlich hat selten jemand etwas gegen Karriereknicks nach oben. Als Problem stellt sich dieser Knick wohl dann dar, wenn es sich um einen solchen nach unten handelt. Was das jeweils für die einzelne Person bedeutet, kann sehr subjektiv sein. Motto: Manchmal kommt es anders als man denkt.

2. Sie sollten darauf vorbereitet sein. Es kann jeden jederzeit treffen.

Heute ist nichts mehr plan- oder berechenbar. Mitarbeiter werden mit oder ohne Grund freigesetzt - und jeder ist ersetzbar. Motto: Always have a Plan B.

3. Es hängt davon ab, wie Sie diesen Knick selbst bewerten.

Je mehr Sie diese Entwicklung als Katastrophe sehen, desto größer wird sie für Sie selbst sein. Natürlich gibt es Branchen und Unternehmen, in denen gradlinige Lebensläufe als Voraussetzung für Karriereoptionen gelten. Ansonsten hängt es sehr stark von Ihrer eigenen Bewertung ab, welche Bedeutung Sie diesem Ereignis in Ihrem Leben geben, und das muss nicht immer den Charakter einer Katastrophe haben. Motto: In jeder Krise steckt eine Chance.

4. Was also tun gegen Karriereknicks?

Mit Karriereknicks ist es wie mit anderen Bereichen im Leben: Am besten lässt man es erst gar nicht so weit kommen. Agieren Sie! Überlegen Sie, was Ihnen im Leben wichtig ist, suchen Sie Ihren beruflichen Weg und verfolgen Sie ihn. Denn dieses Ziel auch dann im Auge zu behalten und zu verfolgen, wenn man einen scheinbar sicheren Posten hat, ist die beste Vorsorge für schlechtere Zeiten.

Legen Sie nie alle Eier in einen Korb! Soll heißen: Überlegen Sie frühzeitig, welche beruflichen Alternativen es sonst noch für Sie geben könnte. Was ist, wenn Ihr Plan A nicht mehr funktioniert? Vielleicht ist Ihr jetziger Job auch eigentlich nur Ihr Plan B, und Sie können parallel weiter an Ihrem Plan A arbeiten, sich zum Beispiel gezielt fehlendes Know-how aneignen und sich weiterbilden.

Allen Angestellten sei angeraten, ab dem Alter von 40 auch grundsätzlich über eine selbstständige Variante nachzudenken. Der Arbeitsmarkt ist gnadenlos und von vielen Vorurteilen geprägt. Haben Sie Lust, in einigen Jahren aufgrund Ihres Alters erpressbar zu werden?

Nicht persönlich nehmen

Wenn es dennoch so weit kommen sollte: Versuchen Sie, möglichst schnell darüber hinwegzukommen und die Sache nicht zu persönlich zu nehmen. Und vergessen Sie nicht: Sie befinden sich auch in dieser Situation in guter Gesellschaft. Nur sprechen nicht alle Betroffenen laut darüber, weil die Situation häufig als Versagen erlebt wird und peinlich besetzt ist.

Ohne in die im Zeitgeist liegende "Think positive!"-Mentalität zu verfallen: Sie können auch immer etwas aus Ihrer Situation lernen. Beispielsweise, dass das Leben nicht immer berechenbar und gerecht ist. Das ist die beste Gelegenheit, um zu lernen, dass man auch mit diesen Tatsachen gut leben kann. Sie werden in dieser Situation außerdem wichtige Erkenntnisse gewinnen, beispielsweise darüber, wer Sie als Person wirklich schätzt und wer sich mit Ihnen eher aus machtpolitischen Gründen gut gestellt hat. Sie können und sollten spätestens jetzt Ihre persönliche und berufliche Entwicklung neu bewerten und haben die Chance, Ihr Leben und Ihre bisherigen Werte zu überdenken. Und das ist doch wirklich eine Chance, oder? MF

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