Enge Verbindungen zu Infotecs in Russland dementiert

Protelion weist Vorwürfe zurück

Peter Marwan lotet kontinuierlich aus, welche Chancen neue Technologien in den Bereichen IT-Security, Cloud, Netzwerk und Rechenzentren dem ITK-Channel bieten. Themen rund um Einhaltung von Richtlinien und Gesetzen bei der Nutzung der neuen Angebote durch Reseller oder Kunden greift er ebenfalls gerne auf. Da durch die Entwicklung der vergangenen Jahre lukrative Nischen für europäische Anbieter entstanden sind, die im IT-Channel noch wenig bekannt sind, gilt ihnen ein besonderes Augenmerk.
Vorwürfe gegen die Protelion GmbH mit Sitz in Potsdam sind wesentlicher Bestandteil der Kritik an BSI-Chef Arne Schönbohm. Allerdings sind dem Unternehmen zufolge ein Großteil der aufgestellten Behauptungen falsch.
Protelion, das kürzlich noch "Infotecs Internet Security Software GmbH" hieß, distanziert sich in einer ChannelPartner über den Protelion-Distributor Jakobsoftware zugegangenen Stellungnahme von der russsichen Firma OAO Firma InfoTeCS.
Protelion, das kürzlich noch "Infotecs Internet Security Software GmbH" hieß, distanziert sich in einer ChannelPartner über den Protelion-Distributor Jakobsoftware zugegangenen Stellungnahme von der russsichen Firma OAO Firma InfoTeCS.

In der ZDF-Sendung ZDF Magazin Royale wurde am vergangenen Freitag scharfe Kritik an BSI-Präsident Arne Schönbohm geäußert. Ein Teil davon beruhte darauf, dass die Firma Protelion eines von über 100 Mitgliedern des von Schönbohm 2012 mitgegründeten Cyber-Sicherheitsrat e.V. ist. ZDF-Moderator Jan Böhmermann begründete die Kritik auch damit, dass Protelion früher Infotecs hieß und mit einer gleichnamigen russischen IT-Sicherheitsfirma eng verbunden sei, die wiederum in Beziehung zu russischen Geheimdiensten stehe.

Indem somit ein russisches Unternehmen in Deutschland Software vertreibe, die für IT-Sicherheit sorgen soll, eröffneten sich russischen Geheimdiensten erhebliche Möglichkeiten, nachrichtendienstlich tätig zu werden. In abgeschwächter Form waren das auch die Überegungen hinter der Warnung des BSI vor Kaspersky im Frühjahr - die auch die umfangreichen Transparenzinitiativen des seit Jahren offiziell im Vereinigten Königreich ansässigen Unternehmens nicht verhinderten.

Die Mitgliedschaft im Cyber-Sicherheitsrat e.V. (CSRD) gebe Protelion als deutschem Ableger der russischen Firma Infotecs die erforderliche Legitimation, um am Markt glaubwürdig aufzutreten - und damit deutsche Cybersecurity-Bemühungen zu unterwandern oder möglicherweise Einfallstore für staatliche russische Angreifer zu schaffen, so die Argumentation von Böhmermann.

Inzwischen hat der Verein die Mitgliedschaft von Protelion aufgelöst. Der Bundesverband zum Schutz kritischer Infrastrukturen e.V. (BSKI), in dem Protelion ebenfalls Mitglied ist, erklärte zunächst, die Protelion-Mitgliedschaft ruhen zu lassen, bis das Ergebnis einer genaueren Prüfung vorliegt. Einige Mitglieder des CSRD denken zudem über einen Austritt aus dem Verein nach oder wollen den zumindest prüfen, weil sie sich in dem Umfeld nicht mehr gut aufgehoben fühlen.

Protelion vertreibt seine Produkte in Deutschland auch über den Distributor Jakobsoftware. Der hatte bereits seit mehreren Jahren einen Distributionsvertrag mit Infotecs in Deutschland. Zum Portfolio gehört zum Beispiel die für KMU gedachte VPN-Software ViP Net. Infotecs hat sich im April 2022 in Protelion umbenannt. Über Jakobsoftware erreichte ChannelPartner nun eine Stellungnahme der Firma Protelion, in der zentralen Aussagen der ZDF-Sendung widersprochen wird.

In der Stellungnahme heißt es unter anderem: "Die Firma Protelion ist nicht Infotecs Russland. Sofern in dem Beitrag von der Firma Infotecs die Rede ist, bezieht sich dies auf die russische Gesellschaft OAO Firma InfoTeCS. Es wird suggeriert, dass es sich bei der Firma Protelion, die früher Infotecs Internet Security Software GmbH hieß, um die russische Firma Infotecs handeln würde. Dieser Eindruck ist falsch."

ViPNet sei zudem eine Software-Marke, die zwar auch in Russland verwendet wird, aber dort nach russischem Verschlüsselungsstandard arbeitet, der in westlichen Ländern gar nicht verwendet werden dürfe. ViPNet der Firma Protelion dagegen enthalte die nach dem AES-Verschlüsselungsstandard arbeitenden Algorithmen, die auch andere Cybersecurity-Firmen zum Beispiel aus den USA und Israel verwendeten. Sie habe daher mit der in Russland verwendeten Software gleichen Namens nichts zu tun.

Auch die Behauptung, das Unternehmen verfüge "über aktive Lizenzen bei einer Vielzahl russischer Regierungsstellen inklusive des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB", treffe auf die Firma Protelion nicht zu. "Auch wurden keine von der Firma Protelion in ihrer Verschlüsselungssoftware entwickelten Algorithmen in Zusammenarbeit mit dem russischen Geheimdienst entwickelt. Diese Unterstellung ist falsch", betont das Unternehmen.

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